Frage an Rainer Wieland bezüglich Wirtschaft

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Rainer Wieland
CDU
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Frage von Alex K. •

Frage an Rainer Wieland von Alex K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Wieland,

Sie haben sicherlich gelesen das die aktuelle Vattenfall Klage gegen Deutschland uns Bürgern bis heute schon fast 4,1 Millionen Euro gekostet hat.

2014 haben Sie für die Einrichtung/ Weiterführung dieser gerichtlichen Auseinandersetzungen gestimmt, Sie haben dafür eingesetzt das dieses System der Investorenklagen erhalten bleibt.

Wir, und die kommenden Generationen kommen für unnötige Kosten auf. Es gibt in jedem europäischen Staat ein gutes Rechtssystem.

Warum sind Sie der Meinung, das es außergerichtliche Einigungen geben muss, bei denen Zugeständnisse an geltendes Recht gemacht werden?

Warum sind Sie der Meinung das Investoren keine Verantwortung übernehmen sollen?

Stehen Sie weiterhin zu Ihrer Entscheidung?

recht herzlichen Dank

MfG
K.

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CDU

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch bezüglich Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten, auf die ich gerne kurz eingehen möchte. Für die verspätete Beantwortung bitte ich Sie um Nachsicht.

Zunächst bitte ich Sie um Verständnis dafür, dass ich auf die Berichte über die bisher aufgelaufenen Kosten für das Verfahren Vattenfall gegen Deutschland nicht weiter eingehen möchte. Zum Kern Ihrer Frage - und auch der öffentlichen Diskussionen - steht die Frage der Investoren Klage. Ich habe deshalb auch nicht gegen die Fortführung von gerichtlichen Auseinandersetzungen gestimmt. Wie könnte ich! Unser Rechtssystem lebt vom Rechtsschutz für jedermann. Und Rechtsstreitigkeiten kosten immer viel Geld - jedenfalls am Ende für die unterliegende Partei.

Ziel außergerichtlicher Verfahren ist es, eine Einigung der Parteien zu erreichen, um so den Rechtsstreit mit dem Einverständnis beider Parteien beilegen zu können. Bei Schiedsgerichten handelt es sich um private Gerichte, auf die ein Rechtsstreit mittels Vereinbarung der Parteien übertragen werden kann. Investitionsschutzverträge, in denen Staaten Investoren völkerrechtlichen Schutz ihrer Anlagen im Gastland zusichern, sehen häufig eine Streitbeilegung durch solche private Schiedsgerichte vor. Grund dafür ist, Besorgnissen im Blick auf die Parteilichkeit von nationalen Gerichten vorzubeugen und Rechtsstreitigkeiten zu entpolitisieren. Aufgrund der Exportorientierung Deutschlands und der wachsenden internationalen Investitionstätigkeit der deutschen Wirtschaft, bieten diese Abkommen und die darin enthaltenen Schiedsgerichtsverfahren einen wirksamen Schutz deutscher Unternehmen in Staaten mit dysfunktionalen Rechtssystemen, weshalb die Bundesrepublik bereits über 131 solcher Investitionsschutzabkommen geschlossen hat. Mehr noch: Die Vereinbarung von Schiedsgerichten in solchen Abkommen ist eine "deutsche Erfindung". Mit der "New York Convention" wurde 1958 die Grundlage für internationale Schiedsgerichte geschaffen. Im folgenden Jahr schloss Deutschland mit Pakistan dann das erste Investitionsschutzabkommen weltweit auf dieser Basis. Ziel der Bundesregierung war es, deutsche Investoren vor Enteignungen zu schützen und die Unparteilichkeit der Richter durch ein internationales Schiedsgericht zu garantieren.
Investitionsschutzabkommen gewähren dem Investor einen gewissen Standard an Rechtssicherheit, entbinden ihn aber nicht von Verantwortung, wie von Ihnen dargelegt. Der Schutz soll nur sicherstellen, dass ausländische Investoren nicht diskriminiert oder enteignet werden. Vattenfall beruft sich in dieser Hinsicht auf die unerwartete Kursänderung der deutschen Bundesregierung, die kurz zuvor noch eine Laufzeitverlängerung für Atomkraft beschlossen hatte, und trägt einen daraus resultierenden Eingriff in sein Eigentum durch die Schließung von 2 Atomkraftwerken in Deutschland vor.

Im April 2014 habe ich gemeinsam mit vielen meiner Kollegen für die Annahme der Verordnung zur Schaffung der Rahmenbedingungen für die Regelung der ‎finanziellen Zuständigkeit bei Investor-Staat-Streitigkeiten vor Schiedsgerichten gestimmt. Diese regelt, ob im Falle von Investitionsschutzstreitigkeiten eine Haftung bei der Europäischen Kommission, dem Mitgliedstaat in dem ‎der Investor ansässig ist oder bei beiden liegt. Gegenüber Investoren, mit denen ein Investitionsschutzvertrag geschlossen wurde, haftet die EU für Handlungen ihrer Institutionen oder ihrer Mitgliedstaaten, die durch Unionsrecht vorgegeben wurden. Werden die Rechte der Investoren durch eigene Maßnahmen der EU-Staaten verletzt, haften dagegen diese für den dadurch entstanden Schaden.
Ich halte die rechtlichen Regelungen zum Investitionsschutz im internationalen Rahmen für sehr wichtig und stehe daher auch weiterhin zu meiner Entscheidung. Solche Abkommen gewährleisten deutschen Investoren einen ausreichenden Schutz in Staaten, die nicht unsere rechtsstaatlichen Erwartungen erfüllen und fördern dadurch die Investitionsbereitschaft sowie das Wirtschaftswachstum.

Der Fall Vattenfall gegen Deutschland, dessen Zentrum die finanziellen Folgen des deutschen Atomausstieges bilden und der derzeit vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten anhängig ist, zeigt sicherlich Schwächen in den bestehenden Regelungen zum Investitionsschutz auf. Deshalb ist es ein zentrales Anliegen der Europäischen Union solche Abkommen besser, moderner und vor allem transparenter zu gestalten, um missbräuchliche Klagen von ausländischen Investoren zu verhindern. Dieses Ziel werden wir mit Nachdruck verfolgen, da in diesen Verfahren immer auch öffentliche Interessen, nicht zuletzt Belange der Steuerzahler, berührt sind.
Ich hoffe, Ihnen Ihr Anliegen ausreichend beantwortet zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Rainer Wieland

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