Frage an Robert Habeck bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Robert Habeck
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Tom G. •

Frage an Robert Habeck von Tom G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr. Dr. Habeck,

aktuelle Umfrageergebnisse stützen den Trend im Land, dass noch unentschlossene Wähler auf dem Endspurt eher dazu neigen, dem "linken" Lager ihre Stimme zu geben, um letztzlich doch noch Schwarz Gelb im Land zu verhindern. Was bedeutet dies für die Grünen im Lande Schleswig-Holstein im Falle einer sog. Pattsituation bzw. im Falle einer doch noch zu erreichenden linken Mehrheit aus SPD, Linken, SSW und Grünen? Schleswig-Holstein hätte bei einer solchen Konstellation die Chance, ähnlich wie in Hamburg unkonventionelle Wege zu gehen, altes Lagerdenken zu überwinden und den Weg für "Jamaika" frei zu machen.
Aussagen in Interviews mit Ihrer Person sind zu entnehmen, dass Sie offen - soweit Koalitionspapiere deutliche grüne Anstriche erkennen lassen - für derartige Optionen sind. Viele Freunde und Bekannte - so mein Eindruck - zeigen sich gleichermaßen einer reinen Politik vermeintlicher Kälte aus Schwarz-Gelb und einer Politik vermeintlicher Unsicherheiten und Planlosigkeiten aus Rot-Rot-Grün-SSW ablehnend gegenüber. Ebenso viele zeigen sich überrascht von der Souveränität einer schwarz-grünen Koalition in Hamburg und halten die Option von Jamaika in Schleswig-Holstein für eine Möglichkeit, alte Gegensätze zu überwinden und gemeinsam Probleme anzupacken. Welche konkreten Aspekte müsste ein Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein beinhalten, dass die Grünen ein entspr. Papier mit der Überschrift Jamaika unterschreiben würden?

Mit freundl. Gruß
T.Gerberding

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Gerberding,

Sie haben einerseits sehr Recht, dass meine Partei erstmals ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf geht und dass ich persönlich das begrüße und dafür stehe, wie ich insgesamt der Meinung bin, dass es sich bei dem neuen Parteiensystem um die Abbildung einer gesellschaftlichen Ausdifferenzierung handelt, die Zeit der Volksparteien vorbei ist und sich insofern eine demokratische Herausforderung auftut. Andererseits bedeutet dies keinesfalls einen Kurzschluss auf Jamaika oder rotrotgrün. Mit dem SSW gibt es schon jetzt eine weitere Kraft, die diesmal mitregieren will, was faktisch dazu führt, dass die von Ihnen genannten Möglichkeiten nicht gebraucht werden.
Der Preis für die gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Machtoptionen ist eine
erneuerte inhaltliche Standfestigkeit. Für uns bedeutet dies:
- Energie: Alles unternehmen, um Vattenfall die Betriebgenehmigung zu entziehen und Krümmel und Brunsbüttel nicht wieder anzufahren; eine Landesplanung, die neue Kohlekraftwerke ausschließt; keine CO2-Verpressung; Zügiger Netzausbau - auch gegen E.ONs Interessen.
- Bildung: Keine Rückkehr zur Dreigliedrigkeit (will die FDP!), Autonomie der Schulen und Hochschulen, Besser Bedingungen incl. gym. Oberstufe für Gemeinschaftsschulen; Qualitätsoffensive für Kitas
- Kompromisslose Aufklärung des HSH Nordbank-Debakels.

Letztlich bedeutet diese Haltung, Opposition nicht als Mist, sondern als demokratische Ehre zu begreifen.

Besten Gruß

Robert Habeck

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