Frage an Swen Schulz bezüglich Gesundheit

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Swen Schulz
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Frage von Nadine J. •

Frage an Swen Schulz von Nadine J. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Schulz,

vor kurzem musste ich dringend zum Arzt. Leider war mein Hausarzt nicht erreichbar, weshalb ich bei dem zuständigem Facharzt 10 € Praxisgebühr zahlen musste. Als ich die Überweisung nachreichte, wurde mir die Auszahlung der 10 € unter Berufung auf § 18 BMV Abs.1 verweigert.
Meine Frage an Sie:
Wie stehen Sie zu diesem Gesetz?
In einer Zeit, in der es immer mehr Hartz IV-Empfänger und Studenten mit schmalstem Budget ( Baföghöchstsatz: 585 € ) gibt, müssen immer mehr Menschen mit 10 € rechnen.
Ich kann eine solche regelung nicht anders als "legalen Betrug" nennen.

Mit freundlichen Grüßen,
Nadine Jahn

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Jahn,

vielen Dank für Ihre Frage.
Eine Person, die gesetzlich versichert ist, muss eine Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal bei erstmaliger Inanspruchnahme eines Arztes entrichten. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Hausarzt oder um einen Facharzt handelt. Entscheidend ist jedoch: Die Praxisgebühr fällt nur ein Mal pro Kalendervierteljahr an. Im Normalfall geht man zu seinem Hausarzt, bezahlt hier die einmalige Praxisgebühr pro Quartal, und lässt sich von diesem Hausarzt gegebenenfalls Überweisungen an weitere Ärzte ausstellen.
Aus Ihrer Frage kann ich leider nicht herauslesen, ob Sie sich über die Entrichtung einer einmaligen Praxisgebühr pro Quartal ärgern, oder ob Sie die Praxisgebühr zwei Mal zahlen mussten. Letzteres dürfte eigentlich nicht passieren. In diesem Fall möchte ich Ihnen anbieten, dass Sie mit den entsprechenden Unterlagen zu mir in die Bürgersprechstunde kommen und wir gemeinsam schauen, wie ich für Sie unterstützend tätig werden kann.

Einen Termin für ein Gespräch können Sie unter 030 / 36 75 70 90 vereinbaren. Darüber hinaus bin ich erreichbar unter

Swen Schulz, MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
oder per E-Mail unter
swen.schulz@bundestag.de

Die Praxisgebühr wurde mit der Gesundheitsreform 2004 eingeführt. Warum gab es überhaupt die Gesundheitsreform? Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine der wichtigsten Errungenschaften unserer Gesellschaft. Die Sicherheit, die sie bietet, ist nicht so selbstverständlich wie viele glauben. Der medizinische Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen führten und führen zunehmend zu einem Ausgabenanstieg, der die Entwicklung der Einnahmen auch in Zukunft übersteigen wird. Diese Finanzierungslücke konnte nicht einfach durch eine weitere Steigerung der Beitragssätze finanziert werden, denn steigende Sozialbeiträge führen zwangsläufig zu höheren Arbeitskosten und zu einer steigenden Arbeitslosigkeit. Zentrale medizinische Leistungen zu rationieren, wurde parteiübergreifend zu jeder Zeit abgelehnt. Vielmehr wurde als sozial gerechter Weg entschieden, durch strukturelle Reformen Effektivität und Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und gleichzeitig alle Beteiligten maßvoll in Sparmaßnahmen einzubeziehen.
Nach einem Verhandlungsmarathon mit allen Fraktionen und den Ländern lagen dann gemeinsame Eckpunkte zur Gesundheitsreform vor. Wie bei jeder Einigung mit konkurrierenden Parteien sind die Eckpunkte ein Kompromiss. Auch die Einführung der Praxisgebühr von zehn Euro ist als Kompromisslösung hervorgegangen. Die SPD beispielsweise befürwortete damals ursprünglich die Erhebung einer Gebühr von fünfzehn Euro bei Direktinanspruchnahme eines Facharztes ohne Überweisung zur besseren Koordinierung der Versorgung durch den Hausarzt als Lotsen. Wenn Sie mich also fragen, wie ich zur Praxisgebührenregelung stehe, dann kann ich nur antworten, dass ich mir wie meine Fraktion damals eine bessere Lösung hätte vorstellen können. Aber andererseits kann man die Regelung zur Praxisgebühr nicht isoliert betrachten. Vielmehr ist das Gesamtpaket zu sehen. Und ich denke, dass das Gesundheitsmodernisierungsgesetz notwendig war und wir zum damaligen Zeitpunkt ein gutes Kompromisspaket schnüren konnten. Die eingeführten Maßnahmen haben auch zum Hintergrund, dass jeder Bürger bewusster und mit Selbstverantwortungsgefühl mit den Kosten seiner eigenen Gesundheit umgeht. Es gibt eben zu viele Menschen in unserer Gesellschaft, die unsere Solidargemeinschaft zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen -- nämlich auf dem Rücken derer, die nicht so viel beitragen können. Denn Solidargemeinschaft heißt auch, dass die Kosten und damit die Beiträge für alle nicht ins Unermessliche steigen. Darüber hinaus wurde bezüglich der Zuzahlungsregelungen eine Begrenzung von 2 % des Bruttoeinkommens bzw. 1 % für chronisch Kranke eingeführt, gerade um eine Belastung über Gebühr zu vermeiden. Ist ein Mensch krank, so greift ab einer bestimmten Belastungsgrenze voll und ganz das System der Solidargemeinschaft. Hat ein Mensch nur wenig Einkommen, greift das System früher als bei einem Menschen, der viel Einkommen hat.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen ausreichend beantworten. Bezüglich Ihres individuellen Problems würde ich mich freuen, wenn Sie sich unter den o.g. Kontaktdaten direkt an mich wenden.

Mit den besten Grüßen

Swen Schulz, MdB