Frage an Swen Schulz bezüglich Finanzen

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Swen Schulz
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Frage von Christoph R. •

Frage an Swen Schulz von Christoph R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Schulz,

Bundesfinanzminister Steinbrück hat gestern in den Medien die Schweiz wegen ihres Bankgeheimnisses scharf attakiert und dabei auch das Wort "Peitsche" benutzt.
http://www.welt.de/politik/article2609484/Die-Schweiz-bestellt-den-deutschen-Botschafter-ein.html?page=3#article_readcomments
In diesem Zusammenhang habe ich die folgenden Fragen:
Teilen Sie die Kritik an der Schweiz in Wort und Inhalt?
Ist es nicht so, daß die Schweiz bezüglich Pro-Kopf-Einkommen, Arbeitslosigkeit und Verschuldung besser darsteht, als die Bundesrepublik? Was folgt daraus für unsere Finanz- und Wirtschaftspolitik?
Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen sinkender Steuermoral in Deutschland und der immensen Verschuldung / laxen Ausgabenpolitik hierzulande?

Herzlichen Dank und Gruß
Christoph Ritter

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Sehr geehrter Herr Ritter,

vielen Dank für Ihre Frage.

Auf einem Ministertreffen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am 21. Oktober 2008 haben die OECD-Mitgliedstaaten klar zum Ausdruck gebracht, Steuerflucht und Steuerhinterziehung gemeinsam massiv zu bekämpfen. Dabei wurde u.a. festgehalten, dass „jeder souveräne Staat über sein Steuersystem frei entscheiden darf. Es darf aber andere Staaten nicht daran hindern, ihr Steuerrecht durchzusetzen“. Die Schweiz war übrigens ebenfalls zu diesem Treffen eingeladen, war an einer Teilnahme aber nicht interessiert.

Peer Steinbrück hat in diesem Zusammenhang Kritik am Verhalten der Schweiz geübt. Soweit ich informiert bin, hat er dabei nicht nur das Wort „Peitsche“ benutzt, sondern auch das Wort „Zuckerbrot“. Steinbrück hatte in Anlehnung an eine durchaus gebräuchliche Redewendung auf diesem Treffen gesagt, dass "nicht nur das Zuckerbrot, sondern auch die Peitsche" benutzt werden müssten.

Vielleicht waren diese Begriffe tatsächlich nicht glücklich gewählt und er hätte für seine Kritik andere Worte nutzen können. Allerdings ist unerträglich, dass ein Schweizer Bankier äußerte, ihn erinnere die Vorgehensweise deutscher Steuerfahnder an Methoden, die der Gestapo würdig seien. Inakzeptabel nenne ich auch die Worte der Schweizer Partei SVP: “Mit seiner Peitschen-Drohung erinnert Steinbrück an die Nationalsozialisten in den 30er-Jahren“.

In jeder guten Beziehung gibt es mal Auseinandersetzungen und es fällt dabei das eine oder andere falsche Wort. Wichtig ist dann doch eines: das die Beteiligten sich an einen Tisch setzen und versuchen, gemeinsam eine Problemlösung zu finden. Und dazu gehören beide Seiten.

Für mich sieht ein solidarisches Steuersystem so aus, dass diejenigen, die viel verdienen auch ihren Beitrag zur Finanzierung unseres gesellschaftlichen Miteinanders leisten. Wenn Großverdiener oder Konzerne in Deutschland zwar die deutsche Infrastruktur und die günstigen Produktionsbedingungen hierzulande nutzen, das schweizerische Bankensystem dann jedoch dazu missbrauchen, Steuern zu hinterziehen, so ist das zutiefst ungerecht und zudem kriminell. Die Konditionen in der Schweiz begünstigen Steuerbetrug. Zudem ist es den deutschen Behörden nahezu unmöglich, dort einen Steuerbetrug überhaupt nachzuweisen und damit Kriminalität zu verfolgen. Daher teile ich die kritische Einschätzung des Bundesfinanzministers Peer Steinbrück und der Vertreter weiterer OECD-Mitglieder gegenüber Staaten, die sich nicht an die OECD-Grundsätze für einen fairen Steuerwettbewerb halten wollen.

Zudem möchte ich hier anmerken, dass Steuerbetrug in großem Stil ja nicht vom kleinen Steuerzahler begangen wird, sondern von vermögenden Großverdienern oder millionenschweren Konzernen. Die dadurch fehlenden Steuereinnahmen können dann beispielsweise im Bildungs- oder Gesundheitswesen nicht eingesetzt werden. Der Verlierer dieser Praktiken sind also die Bürgerinnen und Bürger.

Das „Modell Schweiz“ würde übrigens auch in ökonomischer Hinsicht zusammen brechen, wenn es die Steuerhinterziehung nicht mehr begünstigen würde. Ich kann darin nichts Vorbildliches erkennen, dabei halte ich es für sehr sinnvoll, das eigene soziale Sicherungssystem auch durch Vergleiche mit anderen Sozialsystemen zu überprüfen. Allerdings ist es unseriös, ein System wie eine Blaupause auf ein anderes System zu legen.

Über die Staatsausgaben lässt sich mit Fug und Recht streiten. Ich bin der Auffassung, dass wir mehr öffentliche Investitionen benötigen. Dafür allerdings sind höhere Steuereinnahmen nötig, damit die Verschuldung nicht weiter anwächst. Auch vor diesem Hintergrund wäre eine kooperative Haltung der Schweiz sinnvoll.

Falls Sie näheren Gesprächsbedarf haben, können Sie sich mit Ihren Fragen und Anregungen gerne und jederzeit direkt an mich wenden unter

Swen Schulz, MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
oder per E-Mail unter
swen.schulz@bundestag.de

Mit den besten Grüßen

Swen Schulz, MdB