Was haben Sie konkret getan um möglichst viele Menschen aus Afghanistan zu evakuieren? Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen, die zur Aufklärung der desaströsen Rettungsaktion dienen?

Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Tabea Rößner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hildsche H. •

Was haben Sie konkret getan um möglichst viele Menschen aus Afghanistan zu evakuieren? Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen, die zur Aufklärung der desaströsen Rettungsaktion dienen?

Sehr geehrte Frau Rößner,
ich bitte Sie ganz herzlich darum nicht mit allgemein Plätzen zu antworten. Dazu sind die Menschenleben in Afghanistan zu wichtig.

Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Herder,

die Situation in Afghanistan erfüllt mich mit großer Sorge. Ich war selbst als Mitglied der Südasiatischen Parlamentariergruppe dort und habe mit vielen Menschen gesprochen, die ihr Land aufbauen wollten. Umso erschütternder ist es, die Entwicklungen dort zu sehen. Allerdings hatte ich diese befürchtet. Deshalb habe ich einen vorschnellen Abzug der internationalen Truppen auch nicht befürwortet. Wir haben Verantwortung gegenüber den Menschen in Afghanistan.

Als Grüne Fraktion haben wir immer wieder gefordert, die Ortskräfte rechtzeitig außer Landes zu bringen (https://www.gruene-bundestag.de/themen/sicherheitspolitik/abzug-der-bundeswehr-aus-afghanistan). Bei der Evakuierung haben wir verlangt, dass die Definition von Ortskräften erweitert und pragmatisch und human ausgelegt werden muss. Es darf kein Unterschied gemacht werden, für welche deutsche Behörde oder Organisation Personen gearbeitet haben und seit wann. Das gilt auch für die Menschen, die im Auftrag der EU unterstützt haben. Auch afghanische Mitarbeiter:innen von Subunternehmern müssen ausgeflogen werden, ebenso Mitarbeiter:innen von Hilfsorganisationen, von Frauenrechtsorganisationen, Menschenrechtsaktivist:innen, Journalist:innen, die für deutsche Medien gearbeitet haben und andere Verteidiger:innen einer offenen Gesellschaft in Afghanistan, die jetzt um ihr Leben fürchten müssen. Die Grünen, so auch ich selbst, haben die Kontakt- und Aufenthaltsdaten vieler schutzbedürftiger Personen direkt an das Auswärtige Amt weitergeleitet mit der dringenden Bitte, sie auf die Liste der prioritär zu Evakuierenden zu setzen.

Auch wenn es derzeit kaum Fluchtmöglichen ins Ausland für Menschen aus Afghanistan gibt,  fordern wir die Bundesregierung auf, im Sinne einer vorausschauenden Politik, den Dialog mit Nachbarstaaten über die humanitären Herausforderungen zu intensivieren, unabhängig von politischen oder ideologischen Differenzen. Im Fall der Fälle muss sie dort schnelle humanitäre Nothilfe leisten. Deutschland muss die Vereinten Nationen bei ihrer Forderung unterstützen, dass die Nachbarstaaten Afghanistans ihre Grenzen für Flüchtlinge öffnen. Wir sollten auch alles dafür tun, damit UNAMA (die Mission der Vereinten Nationen)  in Afghanistan bleiben und arbeiten kann.

Darüber hinaus muss die Bundesregierung einen echten und andauernden Abschiebestopp nach Afghanistan verhängen, und die Menschen müssen eine sichere Bleibeperspektive erhalten. Die Bundesregierung (insbesondere das Auswärtige Amt, das Verteidigungsministerium, das Innenministerium, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Bundeskanzleramt) hat trotz mehrfacher Warnungen bei der Evakuierung von deutschen Staatsangehörigen und Ortskräften versagt. Mehrere Berichte sagen übereinstimmend, dass die Einnahme Kabuls durch die Taliban früher hätte vorhergesehen werden können. Die Bundesregierung hat mahnende Stimmen sträflich ignoriert und damit kostbare Zeit zur Rettung von Menschenleben verspielt. Es gab seit Monaten eine Reihe von Warnungen und Aufforderungen an die Bundesregierung, sich auf eine solche Entwicklung vorzubereiten. Diese kamen u.a. aus der Bundeswehr, der Zivilgesellschaft, zahlreichen Medien und auch über Fraktionsgrenzen hinweg aus dem Parlament.

Uns geht es jetzt auch um Aufklärung, und dazu fordern wir einen Untersuchungsausschuss. Im Auswärtigen Ausschuss haben wir in der letzten Woche ein Löschmoratorium beantragt, damit Akten nicht gelöscht werden. Die Koalitionsfraktionen haben dieses abgelehnt, was zeigt, dass sie an Aufklärung nicht interessiert sind. Auch drängen wir auf die Einberufung eine Afghanistangipfels mit Beteiligung aller Nato-Staaten, um über die mögliche Unterstützung zu reden.

Auch wenn die Evakuierungsmaßnahmen aus Afghanistan jetzt beendet sind, werden wir als Grüne weiter darauf drängen, möglichst vielen Menschen in Afghanistan und in den Nachbarländern, wohin viele geflüchtet sind, zu helfen. Das sind wir den Menschen schuldig.

Herzliche Grüße

Tabea Rößner

 

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