Frage an Therese Lehnen bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Therese Lehnen
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Frage von Ulla S. •

Frage an Therese Lehnen von Ulla S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Frau Lehnen ,

vor einiger Zeit mußte ich nach München umziehen. Ich habe meinen Arbeitsplatz in Tuttlingen gewechselt.
Nach einiger Zeit hat mein Chef junge Polinnen eingestellt und da ich keinen Kündigungsschutz hatte, wurde ich "freigestellt " mit dem Hinweis, daß diese günstiger zu beschäftigen sind und jünger sind als ich.

Gerade Gutbetuchte verdrängen immer öfters einheimische Mieter. Das nennt man Gentrifizierung. Haben Sie das schon mal gehört und was tun Sie dagegen?

Meines Erachtens kommt es nicht so sehr auf die Einwanderungszahl an, aber es ist doch unstrittig, daß nicht nur Hochqualifizierte kommen, sondern auch Menschen die hier besser auszubeuten sind, weil sie nicht gewerkschaftlich organisiert sind, weil sie nach dem letzten Strohhalm greifen oder weil sie als Familiennachzügler kommen. Warum nimmt man nicht einfach nur Zuwanderer auf, die der Arbeitsmarkt auch wirklich braucht?
Davon abgesehen: die Flüchtlinge tragen am wenigsten zur hohen Zuwanderung bei, da besonders Süd-und Osteuropäer zu uns strömen und da ist kein Krieg.

Die Politik weist zudem auf den demografischen Faktor hin.
In diesem Link sehen Sie, dass es auch Artikel gibt, die das schönrechnen der Arbeitslosenstatitk kritisch unter die Lupe nehmen:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigung-3-2-millionen-arbeitslose-gelten-nicht-als-arbeitslos-1512738.html

Warum hat die Bundesregierung Ihre Meinung nach nicht ihren eigenen Worten Taten folgen lassen und die Arbeitslosenstatistik anders gestaltet, anstatt zu schönen?

Hinzu kommt, dass z.B. diese Woche in der ARD kam, dass 8 Mio. Menschen in Deutschland für weniger als 8 Euro/ Stunde arbeiten müßen, hinzu kommen lt. der Sendung 6,5 Mio. die nur einen Mini-Job haben. Und viele Hartz IV-Emfänger sind Aufstocker, 1 Euro-Jobber und Umschüler.
Was wollen Sie für diese Personengruppe tun? Sie aufgeben?

Hochachtungsvoll

Ulla Schwarzer

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PIRATEN

Sehr geehrte Frau Schwarzer,

es freut mich, dass Sie als Münchnerin eine Frage an mich haben, denn egal in welcher Stadt wir leben, die Probleme und Nöte in Großstädten ähneln sich doch sehr. 

Es tut mir aufrichtig leid, dass Sie Ihre Arbeit verloren haben und ich verstehe Ihre berechtigte Wut darüber voll und ganz. 

Dennoch kann ich Ihre Auffassung nicht teilen, dass die Menschen aus Osteuropa, die hier arbeiten, ursächlich für die Ausbeutung sind, denen sie sich in ebensolcher existentieller Not unterwerfen. Jeder Europäer darf sich innerhalb Europas frei niederlassen. Dies finde ich richtig, denn der Zuzug von Menschen darf nicht von nationalstaatlichen oder wirtschaftlichen Interessen abhängig gemacht werden. Menschen sind keine Ware. 

Das gegenseitige Ausspielen, allein aufgrund wirtschaftlicher Überlegenheit oder Unterlegenheit, muss endlich überwunden werden. Es ist schlimm und menschenunwürdig, dass Zukunftschancen mittlerweile ein Lotteriespiel geworden sind - je nach Herkunft hat der Mensch Glück oder Pech gehabt. Das Denken in Schubladen, nimmt mit zunehmender Verarmung breiter Bevölkerungsschichten leider zu. Bildungschancen und ein menschenwürdiges Leben dürfen nicht länger von der sozialen Herkunft und dem Geldbeutel abhängen - nicht innerhalb Deutschlands und auch nicht innerhalb Europas. Ein Umdenken ist notwendig. 

Es ist in der Tat eine Farce, wenn Politiker anhand der tatsächlichen Bedingungen immer noch die Konkurrenz freier Märkte glorifizieren und uns weismachen wollen, durch stetiges Wachstum sei Vollbeschäftigung und Wohlstand für alle garantiert. Wir Piraten sehen, dass die Armut zunimmt und der Reichtum auf immer weniger Menschen verteilt ist. Die Bundesrepublik ist ein sehr reiches Land. Davon profitieren tun aber immer weniger Menschen, die Ausgrenzung nimmt zu. Das ist mit dem grundgesetzlich garantierten Sozialstaatsprinzip nicht mehr vereinbar. 

Wir Piraten fordern daher ein bedingungsloses und existenzsicherndes Grundeinkommen für alle Menschen die hier leben. Durch den Einzug in den Bundestag möchten wir eine gesamtgesellschaftliche Debatte voranbringen.  Eine Enquete-Komission soll die Finanzierung gegenrechnen, die nach unserer Überzeugung auch haushalterisch möglich wäre, und Vorschläge erarbeiten, wie ein BGE umgesetzt werden kann. Wir möchten zudem das direktdemokratische Instrument des bundesweiten Volksentscheides einführen, damit solche Entscheidungen, wie die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, auf gesamtgesellschaftlicher Basis getroffen werden können. 

Als Brückentechnologie, bis zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens, werden wir einen flächendeckenden Mindestlohn von ca. 10,00 € pro Stunde unterstützen, uns für die Abschaffung der Hartz4-Sanktionen einsetzen, und nicht existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse wie 1-Euro Jobs oder Mini-Jobs abbauen und Leiharbeit begrenzen. Den Leiharbeitern muss für ihre enormen Belastungen, die sie durch Flexibilität ertragen, ein deutlicher Lohnzuschlag gegenüber der Stammbelegschaft gewährt werden. 

Zum Mietrecht haben wir Piraten  Konzepte, um der Spekulation und Verdrängung entgegenzuwirken. Wir werden eine Mietpreisbremse bei Neuvermietung unterstützen, hinterfragen aber auch den zugrunde liegenden Mietspiegel. Energetische Gebäudesanierungen dürfen die Mieter nicht mehr kosten, als sie durch die Sanierung an Energie einsparen können. Den Verkauf von Grundstücken im öffentlichen Besitz wollen wir stoppen. Das Mietrecht insgesamt muss die Mieter wieder besser schützen. Eine Verwertungskündigung darf künftig nicht mehr möglich sein. 

Ich hoffe, dass ich Ihnen durch meine Ausführungen Ihre Frage annährend beantworten konnte.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und bleiben Sie weiterhin kritisch und engagiert. 

Mit freundlichen Grüßen

Therese Lehnen