Sehr geehrter Herr R.,

die Stärkung der Rechte für Arbeitnehmer*innen ist seit der Parteigründung ein wichtiges Ziel für die SPD. Wir Sozialdemokrat*innen konnten bereits viel erreichen. Gerne möchte ich einige Beispiele aufzeigen, die die Rechte der Arbeitnehmenden in den von Ihnen genannten Branchen stärken und so die Ausbeutung der Arbeitskraft verhindern.

In der Logistikbranche konnten wir uns beispielsweise im Europäischen Parlament auf bessere Sozialvorschriften für Berufskraftfahrer*innen einigen. Der sogenannte Mobilitätspakt I verbietet die reguläre Wochenruhezeit im Fahrzeug zu verbringen und räumt den Fahrerinnen die Möglichkeit ein, regelmäßig an ihren Wohnsitz oder die Betriebsstätte des Unternehmens zurückzukehren. Die Verbesserung der Sicherheit von Parkflächen ist eine weitere Maßnahme, um den Aufenthalt sicherer und angenehmer zu gestalten.

Zudem haben wir uns auf EU-Ebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinsamen Agrarpolitik der Erhalt von EU-Subventionen an die Einhaltung von Mindeststandards im Arbeits- und Sozialrecht gebunden werden soll. Das ist auch wichtig, weil es bisher eklatant unfairen Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten gibt, der die redlichen Betriebe benachteiligt.

Einer der wohl wichtigsten Gesetzgebungen auf europäischer Ebene zur Stärkung von Arbeitnehmer*innenrechten ist die Arbeitnehmerentsenderichtlinie. Demnach sind bestimmte Regelungen auch für Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern anzuwenden. Die Umfasst u.a. folgende Punkte:
- Die Entlohnung (einschließlich Überstundenregelung)
- Bezahlter Mindestjahresurlaub
- Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten
- Sicherheit und Gesundheitsschutz
- Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit den Beschäftigungsbedingungen für Schwangere
- Gleichbehandlung der Geschlechter
- Zulagen oder die Kostenerstattung zur Deckung der Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten für Arbeitnehmerinnen, die aus beruflichen Gründen von ihrem Wohnort entfernt sind.

Die meisten Kompetenzen im Bereich der Sozialpolitik liegen jedoch bei den Mitgliedsstaaten.

Auf Bundeseben wurde 2019 ein Gesetz erlassen, dass Paketboten gesetzliche Mindeststandards gewährleistet. Denn über Subunternehmern konnten soziale Standards häufig umgangen werden. Die Nachunternehmerhaftung verhindert dies. Das heißt, wer einen Auftrag weitergibt, muss genau hinschauen. Denn führt dieses Unternehmen keine Sozialbeiträge für seine Beschäftigten ab, muss der Hauptunternehmer dafür haften.

In der Pflegebranche müssen ab dem 01. Juli 2022 alle Pflegeanbieter Tariflöhne zahlen, um von der Pflegekasse die Leistungen erstattet zu bekommen. Dies gilt für alle Tarifverträge, die mit Gewerkschaften ausgehandelt sind: Flächendeckende Tarife, regionale Tarife oder Haustarife.

Des Weiteren konnte die SPD einen 12 Euro Mindestlohn im Koalitionsvertrag durchsetzen. Noch im ersten Regierungsjahr soll die Anhebung des Mindestlohns umgesetzt werden.

Da Sie ein sehr umfassendes und wichtiges Thema angesprochen haben, kann ich leider nicht auf alle Gesetze und Branchen im Detail eingehen. Sofern Sie eine spezifische Frage haben, die im Zusammenhang mit der Europäischen Union steht, beantworte ich Ihnen diese gerne.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und bleiben Sie gesund.

Mit freundlichen Grüßen

Tiemo Wölken