Frage an Ulla Jelpke bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Ulla Jelpke
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Frage an Ulla Jelpke von Volker S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Jelpke,

warum weichen Sie einer klaren Antwort aus? Wenn die Bundesrepublik Deutschland aus Ihrer Sicht kein demokratischer Rechtsstaat ist, was dann? Und: wenn wir nicht in einem demokratischen Rechtsstaat leben, wieso dürfen Sie Ihre doch anscheinend vom "Mainstream" abweichenden Positionen äußern?
Sind Sie ferner bereit, Ihre m. E. falsche Aussage zu revidieren? Ich zitiere aus einem Bericht der WELT vom 25.04.2009: "Wegen sogenannter teilungsbedingter Straftaten ermittelte man übrigens gegen einige Tausend Westdeutsche - in fast ausnahmslos allen Fällen ging es um Spionage. Die Gerichte schickten 64 Agenten ins Gefängnis. Die Relation ist erhellend: 64 Haftstrafen wegen Spionage für die DDR und 46 Haftstrafen wegen der im SED-Staat begangenen Verbrechen." ( http://www.welt.de/politik/article3620795/Die-Aufarbeitung-der-DDR-Diktatur-ist-gescheitert.html )

Mit freundlichem Gruß
Volker Scharlowsky

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Scharlowsky,

ich sehe nicht, welche Aussage ich revidieren soll. Der von Ihnen zitierte Bericht aus der Welt spricht von 64 wegen ihrer Kundschafter-Tätigkeit inhaftierten DDR-Agenten. Zugleich wurde kein einziger Westagent für seine Spionagetätigkeit bestraft. Meine Kritik schließt sich der Einschätzung des damaligen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble (CDU) an. Dieser erklärte 1990 vor dem Innerdeutschen Ausschuss: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir im vereinten Deutschland die jeweiligen Agenten gegenseitig ins Gefängnis stecken.“ Es handle sich um „`teilungsbedingte Straftaten´, die außer Verfolgung gestellt werden müssen“, so Schäuble. (siehe: Wolfgang Schäuble: Der Vertrag, Stuttgart 1991, 269f.) Dass es nicht so kam, ist dem damaligen SPD-Oppositionsführer Hans-Jochen Vogel geschuldet, der die Debatte mit dem missverständlichen Kampfbegriff „Stasi-Amnestie“ vergiftete und sich vehement gegen eine von Schäuble geforderte Aufnahme eines Straffreiheitsgesetzes für Agenten in den Einigungsvertrag wehrte. (vgl. Ebda. 271f.)

Zu Ihrer Frage nach dem demokratischen Rechtsstaat antworte ich wie folgt: Wenn Sie sich jemals mit Dialektik beschäftigt hätten, wüssten Sie, dass ein Ding nicht entweder A oder B, entweder schwarz oder weiß ist. Die Selbstproklamierung der Bundesrepublik Deutschland als demokratischer Rechtsstaat entspricht meiner Meinung nach nicht in jedem Fall der Realität. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind beständigen Angriffen durch die Herrschenden ausgesetzt. Begnügen Sie sich also mit der Antwort, dass ich mein Möglichstes tun werde, solche Angriffe auf demokratische Grundrechte und rechtsstaatliche Strukturen zurückzuweisen. Unwissenschaftliche Propagandabezeichnungen wie „Unrechtsstaat“ lehne ich sowohl für die DDR als auch für die BRD ab.

mit freundlichen Grüßen,

Ulla Jelpke