Frage an Ulla Jelpke bezüglich Recht

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Ulla Jelpke
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Frage von Ernst J. •

Frage an Ulla Jelpke von Ernst J. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Jelpke!

Ihre
Antwort auf die Anfrage des Herrn Stein wegen dem Jugendstrafrecht war ja sehr lang aber ich vermisse die Aussage wie man uns schützen will vor solchen Übergriffen. Sollen wir uns etwa bewaffnen? Und es ist nicht alles falsch was der Herr Koch sagt.Steigen Sie mal abends in ein öffentliches Verkehrsmittel in dem über 10 moslemische Jugendliche sind und sie würden sich wundern .Man muss nur noch Angst haben auch vor den Volksvertretern die scheinbar kein Intresse haben uns zu schützen obwohl sie schworen alles zu tun um Unheil vom deutschen Volk abzuhalten. Ich muss ehrlich sagen vor diesem Land und der Zukunft graut es mir.

Mit freundl.Gruss Ernst Jonasch!

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Sehr geehrter Herr Jonasch,

die Zahl der Straftaten sinkt seit Jahren. Auch die Jugendkriminalität geht kontinuierlich zurück. Dennoch nutzte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) mit der Unterstützung der Bundeskanzlerin und der CSU einen in der Tat brutalen Überfall auf einen Rentner in der Münchner U-Bahn, um in einer widerlichen Art und Weise Forderungen nach Verschärfungen des Jugendstrafrechts mit rassistischen Untertönen zu verknüpfen. Beifall hierfür bekam Koch von der NPD. Bei den alltäglichen Gewalttaten von Neonazis hatte man von Koch den Ruf nach härteren Strafen nicht vernommen. Weil die Münchner Tatverdächtigen einen Migrationshintergrund haben - die Familien stammen aus der Türkei und Griechenland - zettelte die Union eine unanständige Kampagne gegen Ausländer an. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, kritisierte völlig zutreffend, für die NPD sei „die Kriminalität ausländischer Jugendlicher ein willkommenes Argument, allen Ausländern in Deutschland ihre Daseinsberechtigung zu entziehen.“. Kochs Wahlkampf nähere sich diesem Niveau der NPD an. Die NPD selbst hat Kochs Vorstellungen bereits begrüßt.

Die Forderungen der CDU/CSU zum Jugendstrafrecht bringen überhaupt nichts. Sie sind uralt und wurden immer wieder von Fachleuten als untauglich verworfen. Die Union fordert eine Höchststrafe für Jugendliche von 15 Jahren Freiheitsentzug statt bisher zehn Jahren. Wegsperren ist aber keine Lösung. Zudem denken Situationstäter - und um solche handelt es sich meistens bei Körperverletzungen - im Augenblick der Tatbegehung nicht an die möglichen strafrechtlichen Folgen. Deswegen schützen höhere Strafandrohungen die potentiellen Opfer gerade nicht (das zeigt sich ja beispielhaft in Staaten, in denen es mit der Todesstrafe die denkbar schwerste Strafe überhaupt gibt, ohne dass deshalb die Kriminalitätsrate niedrig ist).

Die Rückfallquote nach Vollzug von Jugendstrafen ist extrem hoch und liegt bei 70 bis 80 Prozent. Dasselbe gilt für den Jugendarrest, den die Union als „Warnschuss“ verstärkt einsetzen will. In „Erziehungscamps“ nach amerikanischem Muster wird die Menschenwürde missachtet. Der Ruf nach Ausweisung von Jugendlichen, die zum Herkunftsland ihrer Eltern gar keinen Bezug mehr haben, ist inhuman. Zudem musste sogar Innenminister Schäuble zugeben, dass es eine verkürzte Sichtweise wäre, beim Thema Kriminalität nur über Menschen mit Migrationshintergrund zu sprechen. Jugenddelinquenz hat - unabhängig von der Herkunft - fast immer mit fehlenden Perspektiven, abgebrochener Schulausbildung, beschämenden sozialen Verhältnissen zu tun. Hier muss man also ansetzen, anstatt populistisch die Keule des Strafrechts zu schwingen. Der Empfehlung des bekannten Kriminologen Christian Pfeiffer, „in Schulen statt in Gefängnisse“ zu investieren, kann man sich vorbehaltlos anschließen. Statt Jugendliche auszugrenzen, muss man ihnen faire Bildungschancen eröffnen, Ausbildungs- und Arbeitsplätze und eine gerechte Entlohnung garantieren. Die Statistik zeigt, dass Jugendliche mit Schulabschluss signifikant weniger Straftaten begehen. In der Erziehung muss Abschied genommen werden von patriarchalischen Verhaltensmustern. Jugendliche sollen lernen, bei Konflikten nicht gewalttätig zu reagieren. Dazu bedarf es Hilfen statt Strafen, Sozialtherapie statt Freiheitsentzug.

Freundliche Grüße
Ulla Jelpke