Im Iran werden aktuell täglich Unschuldige misshandelt und hingerichtet. Warum? Weil sie ein normales Leben führen wollten. Was tun die Grünen, um den Iraner*innen zu helfen? (JCPOA, IRGC?)

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Ulrike Sparr
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Frage von Niloufar M. •

Im Iran werden aktuell täglich Unschuldige misshandelt und hingerichtet. Warum? Weil sie ein normales Leben führen wollten. Was tun die Grünen, um den Iraner*innen zu helfen? (JCPOA, IRGC?)

Sehr geehrte Frau Sparr,

ich als iranisch-deutsche Doppelstaaterin bin in den letzten 3,5 Monaten mehrfach von dem zögerlichen Vorgehen der Bundesregierung tief enttäuscht worden. Während wir täglich die brutalsten Hinrichtungen und Folter von Unschuldigen sehen, bekommen wir mit, wie schwach der Einsatz der BuRe für diese tapferen Menschen ist. Ich persönlich habe für mich den felsenfesten Entschluss gefällt, zukünftig nur noch die Partei zu wählen, die entschlossen und zielgerichtet gegen dieses Terrorregime vorgehet. Meine und auch die Hauptforderungen der iranischen Diaspora sind:
- IRGC auf die EU Terrorliste setzten
- Botschafter ausweisen
- jegliche wirtschaftlichen Beziehungen mit diesem Regime beenden
- JCPOA Verhandlungen beenden
Dem Regime sind Menschenleben egal. Sie interessieren sich ausschließlich für Geld. Indem sie finanziell abgeschottet werden, wird der interne Druck steigen, was dem revolutionären Prozess enorm Rückenwind geben wird.

MfG

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Bündnis 90/Die Grünen

Guten Tag, Niloufar M.,

erst einmal vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ich kann verstehen, dass Sie vom  Handeln der Politik und der Bundesregierung enttäuscht sind. Die Revolution geht uns alle etwas an. Sie ist keine Sache, die im Iran bleibt. Menschenrechte müssen universell gelten und von uns allen verteidigt werden. Seit Beginn der Proteste  haben wir Grünen auf allen Ebenen immer deutlich gemacht, dass wir an der  Seite der Demonstrierenden stehen. Und, dass wir ebenfalls an der Seite der  iranischen Diaspora stehen, die von Beginn an wahnsinnig aktiv ist und alle ihr  zur Verfügung stehenden Mittel nutzt, um die Revolution im Iran zu unterstützen. Sie teilt Beiträge, macht Namen und Bilder von Inhaftierten sichtbar, geht auf Demos und hält – so wie Sie mit Ihrer Nachricht – den politischen Druck hoch, indem Sie Forderungen an Abgeordnete und Ministerien stellt. Dafür sind wir dankbar. Sicherlich gibt es viele offene Punkte, die wir alle lieber heute als morgen gelöst hätten. Leider konnte sich der Rat für Auswärtiges der EU bisher nicht darauf einigen, die IRGC als Ganzes auf die EU-Terrorliste zu setzen – wofür sich ja auch die Abgeordneten des Europaparlaments in ihrer Sitzung Mitte Januar ausgesprochen hatten. Unsere deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat sich hier ebenfalls eindeutig positioniert, sich für eine Listung der Pasdaran eingesetzt und damit auch dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell widersprochen. Trotzdem zeigt sich auch durch die nun 4. Sanktionswelle der EU bereits eine Veränderung in der Iran-Politik. Während Sanktionen in den letzten Jahren vor allem die iranische Wirtschaft trafen, sanktioniert die EU nun gezielt die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen – das sind mittlerweile über 90 Personen, darunter auch einzelne Mitglieder der Revolutionsgarde und ranghohe Regimevertreter wie z. B. der Minister für Jugend und Sport, der Anführer der sogenannten Sittenpolizei oder die Direktion für innere Sicherheit des iranischen Ministeriums für Nachrichtenwesen und Sicherheit. Dadurch sind bereits Vermögenswerte eingefroren und es besteht auch ein Kooperationsverbot gegenüber den Revolutionsgarden. Ich verstehe, dass es die großen politischen Forderungen sind, die akut wirken und auf denen große Hoffnung liegt. Gleichzeitig sind es die Forderungen, die meist auf europäischer Ebene entschieden werden, die am schwierigsten umzusetzen sind – und dann auch noch zeitnah. Doch auch die vermeintlich kleinen Möglichkeiten, die wir alle haben, können viel bewirken: die vielen Demonstrationen und Veranstaltungen schaffen z. B. größere Aufmerksamkeit und erreichen auch Nicht-Iraner*innen und Nicht-Politiker*innen. Das Teilen von Beiträgen auf Social Media schafft Sichtbarkeit auch für Einzelschicksale. Die deutschen Medien und hiesige Organisationen thematisieren die Situation im Iran immer mal wieder. Auch innerhalb unserer Partei und Fraktion sprechen wir viel miteinander über die Geschehnisse, diskutieren über die unterschiedlichen Forderungen und Möglichkeiten und sind in Gedanken oft bei den mutigen Menschen im Iran. Meine Aufgabe als Abgeordnete in Hamburg sehe ich u. a. darin, durch meine Funktion mit dafür zu sorgen, dass Iran nicht aus der Öffentlichkeit verschwindet und an Aktualität verliert – so lange die islamische Regierung noch an der Macht ist.

Herzliche Grüße
Ulrike Sparr

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