Frage an Valentin Lippmann bezüglich Recht

Valentin Lippmann
Valentin Lippmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Enrico R. •

Frage an Valentin Lippmann von Enrico R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Lippmann,

im Zuge der COVID-19-Pandemie hat die Staatsregierung eine Rechtsverordnung erlassen, die uns Bürgern eine große Zahl Grundrechte stark einschränkt.

Schnelles Handeln durch die Exekutive war sicher richtig als vorläufige Maßnahme, um die Verbreitung des neuartigen Corona-Virus vorerst einzudämmen. Nun leben wir aber schon einige Zeit mit der Ausgangssperre und ich denke, jetzt haben langsam alle die Zeit, die Regeln auf ihren Nutzen zu überprüfen.

Sie haben bereits in einer anderen Antwort ausgeführt, dass Sie sich gegenüber dem Sozialministerium dafür einsetzen, dass die Dresdner wieder in die Sächsische Schweiz fahren dürfen. Wann aber werden Sie die Initiative ergreifen, dass der Landtag die Grundrechtseinschränkungen, die uns die Staatsregierung auferlegt hat, überprüft? Wäre es nicht besser, der Staatsregierung mit einem Gesetz einen Rahmen zu geben, wie weit sie die Grundrechte einschränken darf? Und vor allem, unter welchen Bedingungen die Einschränkungen wieder aufzuheben sind? Ich bin mir sicher, der Landtag würde eine Regelung finden, bei der die Interessen der verschiedenen Akteure deutlich besser ausgeglichen würden als bei der aktuellen Regelung der Staatsregierung.

Mit freundlichen Grüßen

Enrico Reizenhain

Valentin Lippmann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reizenhain,

ich danke Ihnen für Ihre durchaus berechtigte Frage, ob die schweren
Grundrechtseingriffe, die mit den Allgemeinverfügungen und der
Rechtsverordnung der Staatsregierung zur Einschränkung unseres
gesellschaftlichen Lebens in Sachsen einhergehen, nicht durch den
Landtag hätte verabschiedet werden müssen. Allerdings ist es so, dass
die gesetzlichen Grundlagen für Maßnahmen gegen gemeingefährliche
Krankheiten oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren durch
das Infektionsschutzgesetz geregelt sind. Dabei handelt es sich um
Bundesrecht, so dass den Ländern kein eigener Gesetzgebungsspielraum
eröffnet wurde. Die Länder regeln lediglich, wer für die Maßnahmen aus
diesen Gesetz zuständig ist. In Sachsen ist das als oberste
Gesundheitsbehörde das Sozialministerium.

Dieses hat auf Grundlage des § 28 Infektionsschutzgesetz zunächst
Allgemeinverfügungen und später eine Rechtsverordnung erlassen. Auch
wenn man darüber streiten kann, ob das Infektionsschutzgesetz so weite
Einschränkungen der gesamten Bevölkerung erlaubt, hat zumindest das
Oberverwaltungsgericht in Bautzen die Rechtsverordnung zunächst
grundsätzlich gebilligt. Begründet wird dies vor allem damit, dass die
Einschränkungen befristet sind. Für eine Gesetzesinitiative des Landtags
besteht hier kein Raum.

Was der Landtag beschließen kann und vergangenen Donnerstag auch
einstimmig beschlossen hat, ist eine Lockerung der Schuldenbremse, damit
eine Kreditaufnahme für weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen der
Corona-Pandemie möglich ist.  Zudem hat der Landtag die Staatsregierung
verpflichtet, den Landtag regelmäßig über die Folgen der Corona-Pandemie
zu unterrichten. Im Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung zur
Verwendung von Haushaltsmitteln zur Bekämpfung der Folgen der
Coronapandemie wurden weitere konkrete Informations- und
Beteiligungsrechte des Landtags bei der Kreditaufnahme und den Ausgaben
zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie gesetzlich geregelt.

Die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger sind uns GRÜNEN auch in
schwierigen Zeiten ein wichtiges Anliegen. Wir werden uns dafür mit all
den uns zustehenden Möglichkeiten einsetzen. Zugleich übernehmen wir
Verantwortung für die Kranken und Schwachen in unserer Gesellschaft,
denen die strengen Reglementierungen Schutz vor Infektionen bieten. Auf
einen angemessenen und verhältnismäßigen Ausgleich legen wir daher
besonders großen Wert.

Mit freundlichen Grüßen
Valentin Lippmann

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