Frage an Volker Wissing bezüglich Finanzen

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Volker Wissing
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Frage von Gerold K. •

Frage an Volker Wissing von Gerold K. bezüglich Finanzen

Lieber Volker,

nun wurde das Griechenland-Paket abgesegnet und genau zwei Tag später wurde nach einem vermeintlichen "Angriff auf den Euro", den es so nach Meinung von Karl Otto Pöhl gar nicht gab,
ein noch größerer Finanzbedarf "entdeckt"
.
Der "Angriff" startete offensichtlich am Sonntag außerhalb der Handelszeiten pünktlich nach der Wahl in NRW und führt nun zu eine zusätzlichen Bedarf von schlappen 144 Milliarden EUR, die durch den deutschen Steuerzahler getragen werden müssen.

Eine deratige Dramaturgie müsste Dir ja aus der Zeit der HRE-"Rettung" bekannt sein. Da wurde nach einer ersten Zahlung auch -ganz überraschend- ein enormer, zusätzlicher FInanzbedarf identifiziert.

Karl Otto Pöhl widerspricht in einem gestrigen Interview ( http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,695153,00.html ) in ganz erheblichem Umfang den Darstellungen der Bundesregierung.

Wenn es zu Umschuldungen kommt -und davon gehen viele Experten aus-, dann wird es mit
den Rettungspaketen zuerst den deutschen Steuerzahler treffen und nicht jene Banken,
die die Kredite vergeben haben, dabei prächtig verdient und die Misere mitverursacht haben.

Entspricht es Deinem liberalen politischen Selbstverständnis, dass wir den Banken mit öffentlichen Geldern in bizzarem Umfang Verlustrisiken abnehmen, während wir Ihnen die
Gewinne belassen?

Wer wird hier von wem vertreten?

Herzliche Grüße

Gerold Keefer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Keefer,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19. Mai 2010.

Ich halte es nicht für zielführend von einem "Angriff" auf die Eurozone zu sprechen, dieses unterstellt einen feindlich-aggressiven Akt, den es in dieser Form nicht gegeben hat. Die Stabilität einer Währung hängt im Wesentlichen von der Finanz- und Haushaltspolitik der sie tragenden Staaten ab. Zahlreiche Euroländer weisen seit Jahren Defizite auf, so dass die Märkte zunehmend die Gefahr einer Überschuldung sehen. Durch die Bankenkrise und die in diesem Zusammenhang in zahlreichen Ländern aufgelegten Konjunkturprogramme hat sich die Situation weiter verschärft. Durch die langanhaltende Diskussion über Griechenland hat die Unsicherheit noch zugenommen, so dass zunehmend auch die Anleihen anderer Länder kritisch bewertet wurden. Aus dem Problem Griechenland drohte ein Problem für die ganze Eurozone zu werden.

Eine solche Kettenreaktion hätte sehr schnell die gesamte Eurozone erfasst und damit zwangsläufig auch Deutschland in Mitleidenschaft gezogen. Wenn Sie das Interview mit Herrn Pöhl aufmerksam lesen, wird Ihnen auch auffallen, dass er sehr viel von "glauben" spricht. So sagt er zum einen, dass es die Alternative gegeben hätte, Griechenland nie in die Eurozone aufzunehmen, aber Griechenland ist Mitglied der Eurozone. Außerdem sagt er, dass er GLAUBT, dass es darum ging, die deutschen bzw. französischen Banken zu retten. Dass diese von den Rettungsmaßnahmen profitiert haben, steht meines Erachtens außer Zweifel. Dass sie aber der Grund für die Stabilisierungsmaßnahmen war stimmt nicht. Ziel der Rettungsmaßnahmen war es vor allem, ein Übergreifen der Krise auf weitere Länder der Eurozone zu verhindern. Wenn sich die Refinanzierung eines Großteils der Eurozone drastisch verschlechtert hätte, so wären die Auswirkungen auf den deutschen Export und damit auf den deutschen Arbeitsmarkt gravierend gewesen. Hinzu kommt, dass es wahrscheinlich gewesen wäre, dass die Entwicklung sich weiter fortgesetzt und die Anleihen immer weiterer Staaten unter Druck geraten wären. Schließlich weist nicht nur die Eurozone erhebliche Defizite auf. Ein solcher ökonomischer Flächenbrand hätte fatale Folgen gehabt, es ist meines Erachtens verständlich, dass keine Regierung ein solches Risiko eingehen möchte. Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass nicht nur Deutschland, sondern auch andere Euroländer wie z.B. die Niederlande, Österreich oder Luxemburg ebenfalls im Verhältnis zu ihrer Wirtschaftskraft zur Kasse gebeten werden. Auch diese haben den Stabilisierungsmaßnahmen zugestimmt und dies ganz bestimmt nicht, weil sie die Bilanzen deutscher oder französischer Banken retten wollten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Volker Wissing, MdB

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