Frage an Volker Wissing von Michael U. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,
können Sie diesen Vorwurf des Handelsblatts bestätigen? Wenn ja, gibt es hierfür eine Erklärung der FDP?
Handelsblatt 23.7.2010
Singapur-Steuersünder: FDP blockiert Kampf gegen Steueroase
"Die Regierung streitet seit Monaten über ihre Verhandlungsposition gegenüber der Fluchtburg Singapur. Während 20 Länder mit Singapur Auskunftspflichten vereinbart haben, redet die Bundesregierung nicht mit dem Stadtstaat - obwohl der sich offenbar bessern will. Die Bundesregierung sieht der neuen Steuerflucht nach Singapur bisher tatenlos zu, weil die FDP-Minister Rainer Brüderle und Guido Westerwelle sich nicht mit Wolfgang Schäuble (CDU) auf eine gemeinsame Verhandlungsposition geeinigt haben
"Nur bei abgestimmtem Vorgehen können Verhandlungserfolge erzielt werden", mühte sich der Unions-Finanzexperte Leo Dautzenberg (CDU), gegenüber dem Handelsblatt die Tatenlosigkeit zu erklären. Schäubles Sprecher bestätigte, dass "innerhalb der zuständigen Ressorts gegenwärtig eine Abstimmung" stattfinde: Schäuble gehe es darum, dass "keine Einkünfte unversteuert bleiben".
Während 20 Länder mit Singapur Auskunftspflichten vereinbart haben, darunter Frankreich und Großbritannien, reagierte die Bundesregierung nicht auf das Gesprächsangebot Singapurs (Handelsblatt vom 22. Juli). Der Stadtstaat hatte sich im März 2009 bereiterklärt, die OECD-Regeln im Kampf gegen Steuerhinterziehung anzuwenden. [...]
Singapur sei eindeutig inzwischen die bevorzugte Steuerfluchtburg für deutsche Steuerhinterzieher. [...]
Nach Auffassung von Koalitionskreisen ist die Regierung Opfer des Koalitionsvertrags: Darin steht, dass man "grundsätzlich an der Freistellung ausländischer Einkünfte" in internationalen Steuerabkommen festhalten wolle. Konsequent angewandt, besagt dieser Grundsatz: Wer in Singapur Geld anlegt und dort versteuert, bleibt hierzulande steuerfrei, kontrolliert wird nicht. Im Gegensatz zur Schweiz wäre das Singapurer Fluchtkonto völlig legal."
Mit freundlichem Gruß
Michael Urschbach
Sehr geehrter Herr Urschbach,
vielen Dank für Ihre Frage vom 23. Juli 2010.
Bei Doppelbesteuerungsabkommen geht es im Wesentlichen darum, dass Einkommen die bereits in dem jeweiligen Partnerland der Steuerpflicht unterliegen, nicht ein weiteres Mal in Deutschland versteuert werden. Auf diese Weise soll, wie es der Name der Abkommen schon sagt, eine Doppelbesteuerung vermieden werden. Der Koalitionsvertrag setzt hierbei den Schwerpunkt auf das so genannte Freistellungsverfahren, das heißt Einkommen, die in einem Staat versteuert wurden, dürfen nicht ein weiteres Mal in Deutschland versteuert werden. Das Bundesministerium der Finanzen favorisiert nun das so genannte Anrechnungsverfahren, das heißt die singapurische Finanzverwaltung soll sämtliche Einkommensarten deutscher Steuerpflichtiger erfassen, versteuern und anschließend nach Deutschland melden, wo die Finanzbehörden abgleichen, inwieweit die Steuerlast unterhalb des deutschen Niveaus liegt und dann ggfs. steuerliche Nachforderungen erheben. Wie man sich unschwer vorstellen kann, ist mit dieser Vorgehensweise ein enormer bürokratischer Mehraufwand verbunden, da hier regelmäßig die unterschiedlichen steuerlichen Erfassungsmethoden und Bewertungsmaßstäbe abgeglichen werden. Die Folge wäre eine extrem verzögerte Steuererklärung. Um genau das zu vermeiden, hatte sich die Koalition damals für das international übliche Freistellungsverfahren ausgesprochen.
Dabei geht es nicht um die Bekämpfung von Steuerflucht, diese erfolgt über den Informationsaustausch steuerrelevanter Daten, dem hat nicht nur Singapur, sondern auch die FDP bereits zugestimmt. Sollte es dem Bundesministerium der Finanzen darum gehen, möglichst schnell und effektiv Steuerflucht zu bekämpfen, dann müsste es nur dem Informationsaustausch mit Singapur sowie dem bereits existierenden Doppelbesteuerungsabkommen zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB