Frage an Volker Wissing bezüglich Finanzen

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Volker Wissing
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Frage von Erik W. •

Frage an Volker Wissing von Erik W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Wissing,

mit Interesse habe ich Ihre Ausführungen vom 5.8.2010 zur Frage von Frau Wucherer gelesen. Ihre Argumentationskette, dass der Staat ein Ausgaben- und kein Einnahmeproblem hätte, kann ich anhand von auch von FDP-Exponenten befürworteten Projekten wie Stuttgart 21 zwar nachvollziehen, letzendlich liefern Sie damit aber eine Steilvorlage für die Befürworter von kleiner und großer Steuerhinterziehung.

Sie tätigen die Aussage, "Hinzu kommt, dass eine vollständige Einbeziehung aller Ertragsformen in die Sozialversicherungen zu enormen Belastungen führen würde". Ist diese Aussage nicht in sofern suspekt, als dass lediglich der Faktor "Arbeit" eben entlastet werden würde und der Faktor "Kapital" belastet werden würde, wenn man davon ausgeht, dass eine Revision aufkommensneutral wäre?

Müsste es angesichts Ihrer Feststellungennicht Ziel einer verantwortungsbewussten Politik sein, zunächst mal die Schuldenlast zu senken, damit der Kapitaldienst in Zukunft und auf Dauer geringer wäre - anstatt immer neue Steuersenkungspläne in die Welt zu setzen?

H. Steinbrück hat neben der von Ihnen zitierten Aussage sicherlich auch große Verdienste bei der Bekämpfung von Steueroasen wie der Schweiz. Sollte nicht versucht werden, in diesem Punkte noch deutlich stärkere Akzente zu setzen?

Dass die DBAs auf Basis der OECD-Abkommen nicht ausreichen um eine gleichmäßige Besteuerung von deutschen Steuerbürgern zu erreichen, ist bekannt ( http://www.anuber.de/schweizer-konto.html, http://www.sueddeutsche.de/geld/reden-wir-ueber-geld-renaud-van-ruymbeke-das-geld-zirkuliert-an-vielen-plaetzen-1.954085-3 ). Bekannt ist des Weiteren, dass die Schweizer bei Anführen der richtigen Argumente -sprich Druckmittel- keine Probleme damit haben, Beweise gegen Anhänger der "großen" Steuerhinterziehung zu übergeben ( http://www.nzz.ch/hintergrund/dossiers/schwierigkeiten_der_ubs_in_den_usa/kommentare/rueckwaertsgewandtes_bundesverwaltungsgericht_1.4630131.html ).

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Sehr geehrter Herr Wile,

vielen Dank für Ihre Frage vom 6. August 2010.

Ursprünglich war das Ziel der Sozialversicherungen vor allem die Absicherung der Beschäftigten. Aus diesem Grund haben sie nach wie vor die Erwerbseinkommen zur Grundlage. Im Laufe der Zeit wurde aber das Leistungsspektrum kontinuierlich erweitert. Mittlerweile dienen die Sozialversicherungen nicht nur der sozialen Absicherung der Beschäftigten, sondern haben zahlreiche sozialpolitische Aufgaben übernommen. Aus diesem Grund halte ich eine stärkere Steuerfinanzierung der Sozialversicherungen auch für richtig. Ich halte es aber nicht für gerechtfertigt, generell alle Einkünfte mit Sozialbeiträgen zu belasten. Stattdessen sollten so genannte versicherungsfremde Leistungen konsequent aus dem Steueraufkommen finanziert werden. Auf diese Weise werden z.B. über die Abgeltungssteuer auch Kapitaleinkünfte an der Finanzierung sozialpolitischer Aufgaben beteiligt. Das Gesundheitskonzept der Bundesregierung geht bereits in diese Richtung, indem es stärker als bisher auf eine Steuerfinanzierung setzt und den Faktor Arbeit dadurch mittel- bis langfristig entlastet.

Steuersenkungen bleiben für mich ein wichtiges Ziel. Soziale Gerechtigkeit besteht nicht nur im Verteilen von Steuergeldern, soziale Gerechtigkeit muss auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit einbeziehen. Der Schuldenabbau wird die Verteilungsdebatte in der Gesellschaft deutlich verschärfen. Die Bundesregierung steht vor der historischen Aufgabe jedes Jahr rund 40 Mrd. Euro Schuldendienst zu leisten, gleichzeitig muss die Neuverschuldung in Höhe von rund 65 Mrd. Euro zurückgeführt werden. Dieses ist ohne Eingriffe auch in den Sozialetat nicht möglich. In den vergangenen Jahren diente die Staatsverschuldung stets als Puffer zwischen Steuerzahlern und Transferempfängern. Ersteren wurde suggeriert, dass sie nicht über Gebühr belastet werden, letzteren, dass steigende Sozialleistungen eine Selbstverständlichkeit seien. Die Eurokrise hat den Eurostaaten sehr deutlich vor Augen geführt, dass die Staatsverschuldung nicht beliebig gesteigert werden kann, ohne die Währung und damit die Ersparnisse der Bürgerinnen und Bürger zu gefährden.

Die FDP ist die einzige politische Kraft in Deutschland für die soziale Gerechtigkeit nicht nur Umverteilung, sondern auch Steuergerechtigkeit ist. Wir können den Sozialstaat nicht nur daran messen, was er verteilt, sondern müssen ihn auch daran messen, was er den Menschen wegnimmt.

Die Doppelbesteuerungsabkommen dienen nicht der weltweiten Durchsetzung deutschen Steuerrechtes, sondern sollen die doppelte steuerliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger verhindern. Das wir dabei unter Umständen Rücksicht auf die jeweiligen Partnerstaaten nehmen müssen, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Die Steinbrück´sche Kraftmeierei hat im Endeffekt wenig Wirkung gezeigt. Als Finanzminister ist es ihm nicht gelungen, ein Abkommen mit der Schweiz zur Bekämpfung von Steuerflucht zu schließen. Erst unter der schwarz-gelben Bundesregierung und Finanzminister Wolfgang Schäuble nimmt die Überarbeitung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz konkrete Formen an, übrigens ganz ohne Peitschen- oder Kavallerie-Drohungen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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