Frage an Volker Wissing von Michael D. bezüglich Finanzen
Guten Tag Herr Wissing,
zu Ihrer Antwort vom 5.8. zur Frage von Herrn Burger am 2.8. möchte ich folgende Anmerkungen machen.
1. Gleich zu Anfang sprechen Sie ein wirkliches Problem unserer Politik an: "es wird seit Jahren diskutiert" ......
2. Gegen Ende Ihrer Antwort zeigen Sie den vielen sogenannten Faulenzern unter den Hartz IV Empfängern, dass Sie ja eigentlich Recht haben. - Zitat: Die Nehmerländer wiederum haben auch nur bedingt ein Interesse an höheren Einnahmen, da sie dafür auf Zuweisungen aus dem Finanzausgleich verzichten müssen. Zitat Ende.
Diese beiden Stellen in Ihrer Antwort bestärken mich weiter in meiner Meinung, dass einige Probleme in Deutschland hausgemacht sind und schneller gelöst werden könnten, wenn man in unserer Gemeinschaft mehr Gemeinsinn entwickeln würde. Sollte da die Politik nicht mit gutem Beispiel voran gehen? Selbstverständlich spreche ich hier nicht über die vielen medienwirksam in Szene gesetzten Streitereien vor laufender Kamera mit anschliessendem gemütlichen Beisammensein (natürlich ohne Kameras). Vielmehr finde ich, dass elementar wichtige Themen wie zum Beispiel die Bildung oder das Finanzwesen nur bedingt in Länderhand gehören. Wie soll denn z.B. jemals ein international vorzeigbares Ergebnis bei Schulvergleichen zustande kommen, wenn es zwischen Hamburg und Garmisch verschiedene Meinungen zur Schulbildung und somit auch verschiedene Lehrpläne gibt.
Wann fangen wir bzw. die Politiker wieder an, wie ein Volk zu denken?
Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung Gesprächsansätze zu liefern
Michael Dopf
Sehr geehrter Herr Dopf,
vielen Dank für Ihre Frage vom 21. August 2010.
Ihre Forderung nach mehr Gemeinsinn in Politik und Gesellschaft, kann ich sehr gut nachvollziehen und teile ich auch. Andererseits ist es nicht immer nur fehlender Gemeinsinn, sondern oftmals sind es auch unterschiedliche Meinungen und Konzepte die ein gemeinsames Vorgehen erschweren. Sie schreiben zum Beispiel, dass Bildung keine Länderzuständigkeit sein sollte. Das werden wahrscheinlich auch einige Ländervertreter abstrakt so sehen; wenn es aber konkret wird, sollte eine Bundesbildungspolitik sich nach Ansicht der SPD selbstverständlich an der Gesamtschule und nach Ansicht der konservativen an einem dreigliedrigen Schulsystem orientieren. Das heißt für die jeweils Verantwortlichen wäre der Verzicht auf die Zuständigkeit für die Bildungspolitik weniger ein Machtverlust, als eine Einschränkung der Möglichkeit anderer, eigene politische Visionen umzusetzen.
Wenn Sie fragen, wann die Politiker anfangen wie ein Volk zu denken, unterstellen Sie, dass das Volk bei wesentlichen Fragen einer Meinung ist. Das ist aber in den seltensten Fällen festzustellen. So ist zum Beispiel die Forderung nach Subventionsabbau scheinbar Konsens in Deutschland. Wenn es aber konkret um die Kürzung der Zuschüsse für den Ausbau der Solarenergie geht, wird das Bild schon differenzierter und es heißt sehr schnell, dass man ja für Subventionsabbau sei, aber doch nicht an dieser Stelle. Gleiches gilt auch für die Haushaltskürzung; auch diese ist als politische Forderung nur so lange populär, wie die Maßnahmen nicht konkret werden. Ich halte unser System bei genauer Betrachtung für weitaus besser als seinen Ruf.
In Deutschland wird in der Politik gestritten und das ist nicht de-, sondern konstruktiv. Es ist ein Zeichen einer lebendigen Demokratie, dass um unterschiedliche Konzepte gerungen und diese auch energisch verteidigt werden. Vielleicht brauchen wir eine andere Streitkultur, aber Auseinandersetzungen, Diskussionen und auch offener Streit gehören untrennbar zu Meinungsvielfalt und einer funktionierenden Demokratie.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB