Frage an Volker Wissing von Wilfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Für Ihre Antwort danke ich, Herr Dr. Wissing und füge hinzu, daß mir die Disziplin mit der Fragen an Sie beantwortet werden, Respekt abnötigt.
Wahrscheinlich erklärt sich dadurch auch die hohe Zahl der Anfragen hier an Sie.
Wenn ich Sie recht verstanden habe, plädieren Sie für einen Rückbau des Sozialstaates zugunsten der Schaffung von Wachstum, sehen die Eurokrise mit Blick darauf auch als heilsam an und teilen nicht meine Auffassung, daß Staat (Regierungen und Abgeordnete) Vermögende, Bezieher hoher Einkommen, Banken und Investoren (sie fassens in den Begriff "Wirtschaft") unverhältnismäßig begünstigen.
Sicher nicht nur mir hier unten - fern der Logenplätzen mit guten Rundumblick - fällt es ebenso schwer diese Auffassung zu teilen, wie ich den Hinweis auf den Anteil meiner kollektiven Verantwortung für Fehlinvestitionen von Banken und Fonds verstehe. Hieße das doch, es applaudierend für richtig zu erachten, daß der private Reichtum Privilegierter mit staatlicher Armut und bescheidenen Lebensverhältnissen für viele einhergehen muß.
Aber jetzt haben Sie mich neugierig darauf gemacht zu erfahren, wie sich die FDP, wie Sie sich eine gedeihliche, selbstredend am Grundgesetz orientierte, Politik vorstellen.
Sozialleistungen zurückdrängen oder zumindest nicht steigen lassen, habe ich verstanden. Was käme vordringlich hinzu, dürfte die FDP heute und in naher Zukunft alleine die Geschicke der Republik lenken?
Mit freundlichem Gruß
Wilfried Steinicke
Sehr geehrter Herr Steinicke,
vielen Dank für Ihre Frage vom 10. August 2011.
Ich weiß nicht, wie Sie zu der Auffassung kommen, dass ich einen "Rückbau des Sozialstaates" fordere. Für mich ist die Eurokrise eine Staatsverschuldungskrise und damit ein Beleg dafür, dass es notwendig ist, die staatlichen Ausgaben wieder mit den Einnahmen in Einklang zu bringen. Sie wollen dieses vor allem über eine stärkere Besteuerung der Wirtschaft erreichen, ich halte es für richtig auch die staatliche Ausgabenseite im Blick zu behalten und das Wirtschaftswachstum zur Haushaltskonsolidierung zu nutzen.
Der Boom auf dem Arbeitsmarkt hat deutlich gezeigt, wie positiv sich das Wirtschaftswachstum auf die Beschäftigung auswirkt. Mit der Schaffung von Arbeitsplätzen erhalten nicht nur zahlreiche Menschen eine Perspektive, gleichzeitig steigen auch die Steuereinnahmen. Den von Ihnen aufgezeigten Gegensatz zwischen Wirtschaftswachstum und Sozialleistungen sehe ich nicht. Im Gegenteil, eine wachsende Wirtschaft führt zu höheren Steuereinnahmen, gleichzeitig werden die Sozialkassen aufgrund der niedrigeren Arbeitslosigkeit entlastet, so dass die Sozialleistungen erhalten werden können. Eine wachstumsfreundliche Politik gefährdet nicht den Sozialstaat, sie sichert diesen.
Mir geht es nicht um Ideologie, sondern um unser Land. Ich will Sozialleistungen nicht zurückdrängen, sondern diese nachhaltig finanzieren und ich bin der festen Überzeugung, dass dieses mit einer Politik der sozialen Marktwirtschaft am ehesten gelingen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB