Frage an Volker Wissing von herbert n. bezüglich Finanzen
hallo herr wissing,
heute morgen im deutschlandfunk haben sie im interview sehr nachdruecklich ihre meinung zur transaktionssteuer vertreten. sie sagten:
" Es wird immer so getan, als würde Herr Sarkozy eine Finanztransaktionssteuer fordern; das ist mitnichten der Fall! Herr Sarkozy möchte eine Börsenumsatzsteuer, genauso wie die FDP, und hier wird versucht, durch ständigen Missbrauch dieser Begriffe und ständige Verwechslung den Eindruck zu erwecken, als plane man in Frankreich isoliert für die französische Republik eine Finanztransaktionssteuer. Das ist geradezu hanebüchen! Der französische Präsident denkt über eine Börsenumsatzsteuer nach, dagegen ist nichts einzuwenden..."
ihnen scheint entgangen zu sein, dass anfang februar die franzoesische nationalversammlung auf betreiben von herrn sarkozy die finanztransaktionssteuer beschlossen hat, die ab 1. august in kraft treten soll und die mit einem steuersatz von 0,1 prozent auch derivate umfasst, namentlich die credit default swaps.
daher meine frage an sie: bereiten sie sich redlich auf ihre interviews vor oder behaupten sie, was ihnen in die ideologie passt?
Sehr geehrter Herr Neher,
vielen Dank für Ihre Frage vom 13. März 2012.
Das Problem ist, dass die Befürworter der Finanztransaktionssteuer diese nicht eindeutig definieren können. Die sogenannte Tobin Tax bezieht sich zum Beispiel ausdrücklich auf den internationalen, grenzüberschreitenden Devisenhandel, dieser ist aber von der französischen Initiative kaum betroffen. Das französische Modell ähnelt sehr stark der britischen Stempelsteuer, da vor allem der Handel mit Aktien und anderen Firmenanteilen französischer Unternehmen besteuert werden soll. Nicht einmal alle Aktiengeschäfte sind bei dem französischen Modell einbezogen. So sollen Erstemissionen von Aktien, Marktpflege-Aktionen, Rückkauf-Geschäfte, fusionsbezogene Transaktionen ausgenommen werden. Anleihen für Unternehmen und Staaten werden generell nicht mit einbezogen. Ob der Hochfrequenzhandel und Leerverkäufe mit bestimmten Anleihen besteuert werden sollen, wird noch geprüft. Aus diesem Grund wird das zu erwartende Aufkommen auch nur mit rund 1 Mrd. Euro veranschlagt. Eine Finanztransaktionssteuer sollte aber generell alle Finanztransaktionen mit einbeziehen. Bei dem französischen Modell dürfte der Umfang der nicht besteuerten Vorgänge deutlich über den besteuerten liegen. Aus diesem Grund halte ich den Begriff einer Finanztransaktionssteuer für das französische Modell auch für kaum angemessen. Eine Finanztransaktionssteuer, die diese Bezeichnung verdient, sollte das Gros der Transaktionen besteuern und nicht ausnehmen.
Da die Abgrenzung sinnvoller Transaktionen gegenüber rein spekulativen sehr schwierig ist, haben weder SPD und Grüne zu ihrer Regierungszeit, noch die Union, obwohl sie den Bundesminister der Finanzen stellt, bisher einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer vorgelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB