Frage an Volker Wissing von Stefan S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Wissing,
aus den Medien konnte ich entnehmen, dass Sie und Ihre Partei die Opposition, insbesondere die SPD dafür kritisieren, dass sie dem Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zustimmen will.
Ihren Äußerungen zufolge hätte die SPD kein Interesse an der Eintreibung von Schwarzgeld. Nun erscheint es äußerst widersinnig, dass ausgerechnet die SPD kein Interesse daran haben sollte. Insofern interpretiere ich Ihre Äußerungen als dem Wahlkampf geschuldet. Zu Ihrer Verteidigung muss gesagt werden, dass die SPD zurzeit auch sehr bizarre Äußerungen von sich gibt, die wahrscheinlich auf dieselbe Ursache zurückzuführen sind.
Nun stellt sich mir aber die Frage, warum Sie nicht mehr auf die Kritikpunkte der SPD und auch der anderen Oppositionsparteien am Steuerabkommen eingehen, die diese schon lange vor dem Wahlkampf angeführt hat. So wird auch nach den nun beschlossenen Nachbesserungen angemerkt, dass es völlig unzureichend ist, u. a. könnten weiterhin unentdeckt unversteuerte Gelder in die Schweiz fließen etc.
Generell frage ich mich schon seit längerer Zeit, warum die Bundesregierung nicht wie die USA vorgeht. Das Abkommen mit den Vereinigten Staaten wird vielfach als wesentlich besser für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung angesehen.
Außerdem würde mich noch interessieren, wie die FDP gegen Steuerhinterziehung mit Hilfe von anderen Staaten (Cayman-Inseln etc.) vorgehen will.
Abseits dieser Thematik will ich Ihnen bei dieser Gelegenheit mein ausdrückliches Lob aussprechen für die Rede, die sie neulich im Bundestag zur Forderung der Einführung einer Vermögenssteuer gehalten haben. Insbesondere die Hervorhebung, dass 5% ein Investitionshemmnis darstellen und Mieterhöhungen verursachen können. Man hat heutzutage nicht mehr oft das Gefühl, dass Politiker die umfassende und komplexe Wirkung von Gesetzen erfassen können.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schedel
Sehr geehrter Herr Schedel,
vielen Dank für Ihre Frage vom 5. April 2012.
Die Kritik der SPD an dem Steuerabkommen mit der Schweiz ist in der Tat vor allem dem Wahlkampf und dem eigenen Versagen in Regierungsverantwortung geschuldet. In 11 Jahren sozialdemokratischer Finanzpolitik ist es keinem der zuständigen Minister gelungen, auch nur ansatzweise eine tragbare Regelung mit der Schweiz zu finden. Während der ehemalige SPD-Finanzminister, Hans Eichel, Steuerhinterzieher mit einer großzügigen Steueramnestie zu locken suchte, verlegte sich der letzte Finanzminister, Peer Steinbrück, vor allem auf Drohungen. Beide Strategien waren gleichermaßen erfolglos. Die christlich-liberale Koalition setzte dagegen von Anfang an auf einen konstruktiven Dialog und hat dabei ein Abkommen erreicht, dass im Gegensatz zur Amnestie der SPD eine angemessene Besteuerung der in der Schweiz angelegten Vermögen sicherstellt.
Es stimmt auch nicht, dass die Regierung nicht auf die Kritik der SPD eingegangen ist, schließlich wurde das Abkommen nachverhandelt und dabei wurden auch höhere Steuersätze vereinbart. Wie jedes bilaterale Abkommen muss es aber den Interessen beider Länder gerecht werden. Die SPD war in 11 Jahren Regierungsverantwortung nicht in der Lage eine Lösung mit der Schweiz zu erzielen. In Anbetracht dieser chronischen Erfolglosigkeit ist die jetzt geübte Kritik wenig überzeugend und soll vor allem von dem eigenen Versagen ablenken. Besonders deutlich wird dies, wenn Sie die Eckdaten des heutigen Steuerabkommens mit der Schweiz mit der Eichel´schen Steueramnestie vergleichen. Diese sah einen Steuersatz von 25% vor, zur Ermittlung der Schuld wurden je nach hinterzogener Steuerart nur zwischen 10 (Gewerbesteuer) und 60 Prozent (Einkommensteuer) des Vermögens als Bemessungsgrundlage herangezogen. Ein Erbe, der dem Fiskus eine Million Euro Zinseinkünfte verschwieg, hätte 150000 Euro an die Staatskasse gezahlt. Das jetzige Steuerabkommen erfasst hingegen alle Vermögen und sieht eine Abgeltungssteuer in Höhe von 26,4% vor, wie sie auch in Deutschland erhoben würde. Die SPD-Steueramnestie brachte nur rund 1,3 Mrd. Euro, was deutlich unter den von dem Bundesministerium der Finanzen errechneten Abschlagszahlungen in Höhe von rund 10 Mrd. Euro für deutsche Altvermögen in der Schweiz liegt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB