Frage an Volker Wissing von Carsten H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter H. Dr. Wissing,
ich beziehe mich in meiner Frage auf das Bewachungsgewerbe weil ich das aus eigener Erfahrung sehr gut kenne. Die Problematik jedoch geht durch viele Branchen in ähnlicher Form.
Wir haben in Deutschland verschiedene Behörden, die für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer zuständig sind. Die Gewerbeaufsichtsämter, der Zoll, die Staatsanwaltschaften und vielleicht auch noch ein paar mehr. Doch es ist mir unverständlich warum diese Behörden, vorneweg die Gewerbeaufsichtsämter, ihre Arbeit nicht oder zumindest nicht umfassend erfüllen. Ist das politisch gewollt?
Es ist im Bewachungsgewerbe seit Jahrzehnten üblich das die maximale Wochenarbeitszeit und auch die Tagesarbeitszeit in weit mehr als der Hälfte der Betriebe nicht eingehalten wird. Auch Pausen, wie der Gesetzgeber sie vorschreibt, sind eine Seltenheit. Und obwohl viele Veröffentlichungen und Anzeigen dies seit langen immer wieder anprangern wird von Staatsseite nichts unternommen.
Im Gegenteil. Der einzelne Arbeitnehmer, der sich Hilfe suchend an die Behörde wendet riskiert eine zulässige Kündigung wegen "Störung des Vertrauensverhältnisses" obwohl der Arbeitgeber der Verursacher ist.
Haben nicht die Gewerbeaufsichtsämter wegen Ihrer Aufgabenstellung eine gewisse Fürsorgepflicht dem Arbeitnehmer gegenüber? Und wird nicht automatisch dagegen verstoßen wenn diese Behörde wissend um das Problem immer wieder auf eine Arbeitsplatzgefährdende Anzeige verweist bevor Sie tätig werden will (Ausgang dabei ungewiss - aus eigener Erfahrung).
Auch sind Massive Arbeitszeitverstöße, die systematisch erfolgen, eine Straftat und aus meiner Sicht ist dann auch der Staatsanwalt gefordert, aber auch hier ist mir kein Fall bekannt in dem diese Behörde tätig wurde.
Und zu guter Letzt wird durch die massive Ausnutzung der Arbeitnehmer zum Wohle einiger weniger, die "soziale" Marktwirtschaft in Deutschland immer mehr abgeschafft.
- Wann tut der Staat endlich was -
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 23. April 2012.
Der deutsche Rechtsstaat basiert auf dem Prinzip der Gewaltenteilung. Das heißt die verschiedene Bereiche, wie Rechtsprechung, Regierung/Administration und Gesetzgebung sind strikt voneinander getrennt. Der Deutsche Bundestag und damit die Abgeordneten sind Teil der gesetzgeberischen Gewalt.
Die von Ihnen kritisierte, mangelhafte Kontrolle der Bewachungsunternehmen geht aber zunächst einmal nicht auf gesetzgeberische, sondern auf Vollzugsdefizite zurück. Aus diesem Grund sehe ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages keine Möglichkeit, wie ich Ihnen unmittelbar behilflich sein könnte.
Ein eventueller gesetzgeberischer Ansatz könnte die Stärkung des Schutzes interner Hinweisgeber, sogenannter "Whistleblower", sein. Allerdings ist der Widerstand der Arbeitgeberverbände gegen ein entsprechenden gesetzlich verankerten Schutz sehr groß. So ist im Jahr 2008 eine Gesetzesinitiative der damalige SPD/CDU-Koalition nicht zuletzt auch am Widerstand der Wirtschaft gescheitert und nicht weiter verfolgt worden.
Davon unabhängig, wäre es aber die Aufgabe der zuständigen Behörden für die Einhaltung der entsprechenden Regelungen zu sorgen. Welche Gründe dafür ausschlaggebend sind, warum die zuständigen Ämter nicht gegen die von Ihnen kritisierten Praktiken einzelner Bewachungsunternehmen vorgehen, kann ich Ihnen leider nicht sagen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB