Frage an Volker Wissing bezüglich Finanzen

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Volker Wissing
FDP
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Frage von Manfred B. •

Frage an Volker Wissing von Manfred B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Wissing,

in Ihrer Antwort vom 14.9. auf meine Frage "Staatsverschuldung aufgrund schamloser Reichtumspflege" antworteten Sie u.a.:

"Die öffentlichen Haushalte haben im ersten Quartal diesen Jahres einen Überschuss erzielt. Das heißt der Staat hat mehr Geld eingenommen, als ausgegeben. Deshalb kann man davon ausgehen, dass die Steuern prinzipiell ausreichend sind, um die staatlichen Ausgaben zu finanzieren"

Jetzt frage ich mich schon, in welcher Welt leben Sie eigentlich?
1. Haben Sie schon vergessen dass während Ihrer Regierungszeit die Staatsschulden um rund
300 Milliarden Euro angestiegen sind?
2. Wer soll diese Schulden zurückführen?
3. Warum machen Sie neue Schulden wenn wir doch so tolle Einnahmen haben?

Außerdem wissen Sie doch genau, dass es gar nicht darum geht, dass irgendjemand etwas gegen Wohlstand und Reichtum hat. Im Gegenteil. Da haben Sie geschickt an meiner Frage vorbei formuliert.
Es geht allein darum, dass unsere Regierungskoalition alles dafür tut, dass sich Vermögen munter vermehren kann (allein durch Kapitaleinkünfte), während viele durch ihre Hände Arbeit inzwischen nicht mehr genug Geld zu leben haben.
Der Armutsbericht aus dem Arbeitsministerium besagt es doch schwarz auf weiß.
4. Oder zweifeln Sie diesen Bericht etwa an?

Und noch einen weiteren Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang anführen, den Schutzzaun für Bestverdiener, die Beitragsbemessungsgrenze.
Ist es denn leistungsgerecht, dass jemand bis zu einem Verdienst von gut 5000€ (Beitragsbemessunggrenze) rund 20% in die Sozialversicherung einbezahlt, und je mehr man darüber verdient, wird der Sozialversicherungsbeitrag prozentual gesehen immer geringer?
5. Ist für Sie die Beitragsbemessungsgrenze gerecht und was ist eigentlich der Sinn dahinter?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Burger

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Burger,

vielen Dank für Ihre Frage vom 23. September 2012.

Zur Ihren Fragen:

1.) Ihre Aussage, dass während der Regierungszeit von Union und FDP die Verschuldung des Bundes um 300 Mrd. Euro gestiegen ist, stimmt nicht. Im Gegenteil, gegenüber dem Etatansatz für 2010 des SPD-Finanzministers, Peer Steinbrück, von rund 80 Mrd. Euro, konnten Union und FDP die tatsächliche Verschuldung auf 44 Mrd. Euro reduzieren. Im Jahr 2011 haben wir diesen positiven Trend fortgeschrieben und statt einer geplanten Schuldenaufnahme in Höhe von 48,4 Mrd. Euro, diese auf nunmehr 17,3 Mrd. Euro senken können. Das sogenannte Maastricht-Defizit ging in 2011 auf 1,0 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zurück, von noch 4,3 % des BIP im Jahr 2010. Damit hat Deutschland bereits zwei Jahre früher als im Defizitverfahren gefordert seine Defizitquote unter den Maastricht-Referenzwert von 3 % gesenkt.

2.) Deutschland hat nicht zuletzt aufgrund des beharrlichen Drängens der FDP eine Schuldenbremse eingeführt. Natürlich können wir einen Schuldenberg der über Jahrzehnte angehäuft wurde, nicht in wenigen Jahren abbauen. Die Schuldenbremse sieht deshalb vor, die Neuverschuldung kontinuierlich abzubauen und schließlich ganz auf diese zu verzichten. Ohne Neuverschuldung erfolgt der eigentliche Schuldenabbau langfristig über das Wirtschaftswachstum sowie die Inflation. Die Schuldenbremse stellt sicher, dass wir den Haushalt konsolidieren können, ohne Einsparungen vornehmen zu müssen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Wenn Sie Bedenken, dass nahezu 40% des Bundeshaushaltes bzw. mehr als 130 Mrd. Euro jedes Jahr in den Bereich Arbeit und Soziales fließen, werden Sie verstehen, dass eine radikale Sparpolitik, einen tiefen gesellschaftlichen Eingriff darstellen könnten. Union und FDP haben die Vorgaben der Schuldenbremse umgesetzt und damit einen Konsolidierungsprozess eingeleitet, der es uns ermöglicht, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, ohne die staatliche Handlungsfähigkeit zu gefährden.

3.) Wenn Sie berücksichtigen, dass es dieser Bundesregierung gelungen ist, die Neuverschuldung von 80 Mrd. Euro die SPD-Finanzminister, Peer Steinbrück, für das Jahr 2010 eingeplant hatte, auf aktuell 17,3 Mrd. Euro zu reduzieren, dann ergibt das meines Erachtens ein klares Bild. Haushaltskonsolidierung erfolgt nicht über Steuererhöhungen, sondern über Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Während die Zahl der Arbeitslosen zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung bei gut 5 Mio. lag, sind unter der christlich-liberalen Koalition weniger als 3 Mio. Menschen ohne Arbeit. Das sind natürlich immer noch zu viele, aber der Trend weist in die richtige Richtung. Mit massiven Steuererhöhungen, wie sie SPD und Grüne fordern, werden wir die Konjunktur abwürgen, das führt dazu, dass viele Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren werden und damit die Sozialausgaben des Staates steigen. Natürlich können auch Union und FDP das Haushaltsdefizit nicht von heute auf morgen ausgleichen, dass es uns aber gelungen ist, dieses im Vergleich zur Ära der sozialdemokratischen Finanzminister deutlich zu senken, ist ein klarer Erfolg für diese Koalition.

4.) Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung liegt noch nicht vor, vielmehr befindet er sich nach wie vor in der Ressortabstimmung. Ich stimme Ihnen aber zu, dass er, nachdem was man bisher dazu hören konnte, eine dramatische gesellschaftliche Fehlentwicklung aufzeigt. Man muss dabei allerdings berücksichtigen, dass sich der Bericht auf den Zeitraum bis 2008 bezieht. Aktuelle Entwicklungen, wie zum Beispiel der drastische Abbau der Arbeitslosigkeit unter Union und FDP werden darin nicht berücksichtigt. Der Bericht ist allerdings ein Alarmsignal zeigt er doch, dass der Sozialstaat sein größtes Versprechen, die Armut wirksam zu bekämpfen, nicht einlösen kann. Ich finde es sehr mutig von Frau von der Leyen, dass sie ihrem Haus so eine schlechte Note ausstellt und damit in die Öffentlichkeit geht. Wenn wir nahezu 40% des Bundeshaushaltes, mehr als 130 Mrd. Euro für den Bereich "Arbeit und Soziales" ausgeben, dann müsste man doch eigentlich erwarten dürfen, dass der Staat in der Lage sein müsste, damit wirksam die Armut in Deutschland zu bekämpfen.

Ein Sozialstaat der mit 130 Mrd. Euro jährlich nichts gegen Armut ausrichten kann, wird mit 140 Mrd. Euro nicht sehr viel erfolgreicher agieren. Der Armuts- und Reichtumsbericht macht eine Debatte über die effiziente Mittelverwendung des Sozialstaates unabdingbar. 11 Jahre haben sozialdemokratische Sozialminister den Aufbau des Sozialstaates verantwortet und haben doch nichts gegen Armut ausrichten können. Der Armuts- und Reichtumsbericht ist ein Zeugnis des Scheiterns unseres Sozialstaates und zeigt wie reformbedürftig dieser ist.

5.) Die Sozialversicherungsbeiträge dienen nicht der gesellschaftlichen Umverteilung, sondern der Kostendeckung der Ausgaben der Sozialversicherung. Der Beitragsbemessungsgrenze liegt der Gedanke zugrunde, dass die Beitragszahler keine über diesen Betrag hinausgehende Absicherung durch die Sozialkassen benötigen und deshalb auch nicht darüber hinaus belastet werden sollen. Die sozialpolitische gewollte Lastenverteilung erfolgt in Deutschland vor allem über das Steuersystem. Dass diese funktioniert können Sie daran sehen, dass in Deutschland, das obere 1/4 der Einkommen, 3/4 des Einkommenssteueraufkommens finanziert.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Volker Wissing, MdB

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