Frage an Wiebke Esdar von Thomas S. bezüglich Umwelt
Guten Tag Frau Dr. Esdar,
Zitat aus Ihrer Antwort auf die von Herrn Höbermann eingebrachte Frage:
"(...) der Klimawandel ist eines der dringendsten, wenn nicht sogar das dringendste Problem unserer Zeit. Wir haben keine Zeit mehr und müssen so schnell wie möglich handeln. Deswegen hat unsere Bundesumweltministerin Svenja Schulze schon im Februar dieses Jahres einen möglichen Entwurf für ein nationales Klimaschutzgesetz vorgestellt."
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/wiebke-esdar/question/2019-07-14/319383
Ich empfinde Ihre Rede als Realsatire angesichts der traurigen Realität:
"Deutschland verfehlt laut dem aktuellen Klimaschutzbericht 2018 seine Klimaziele für das Jahr 2020 deutlich. Statt der angestrebten 40 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 beträgt die Verringerung der Emissionen in Deutschland demnach lediglich etwa 32 Prozent."
Die SPD ist seit 1998 in 17 Jahren an der Bundesregierung beteiligt gewesen. Wenn der Klimawandel wie Sie verlautbaren eines der dringendsten Probleme unserer Zeit ist und wir so schnell wie möglich handeln müssen, bedeutet das nicht auch, dass die SPD bezogen auf einen effizienten Klimaschutz versagt hat?
Wie erklären Sie die Prognose, dass Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2020 deutlich verfehlen wird?
Die Zusagen der Politik erscheinen mir verlogen, wenn ich die Unmengen an Autos auf unseren Straßen sehe und den ÖPNV in Deutschland als überteuert, bürokratisch aufgestellt und kundenfern erleben muss. Für die einfache Fahrt mit Bus und Bahn von Gersfeld/Rhön nach Meinigen habe ich vor 1 Woche 6,50€ + 11,30€ = 17,80€ bezahlt und 2,4 h benötigt. Der Routenplaner weist für das Auto 54 Km und knapp 1h Fahrzeit aus.
Wie werten Sie das Preis-Leistungsverhältnis des benannten Beispiels?
Sind Sie für deutlich günstigere Tarife im ÖPNV, wenn ja - was wollen Sie für diese tun?
Viele Grüße, T. S.
Gu
Sehr geehrter Herr S.,
ich bleibe dabei: das Klimaschutzgesetz von Bundesumweltministerin Svenja Schulze kann ein echter Meilenstein werden. Denn Sie fragen zurecht: woran liegt es, dass wir bei unseren Klimazielen hinterherhinken? Und da denke ich, wir haben in den letzten Jahren die richtigen Ziele gehabt. Aber der entscheidende Fehler war, dass wir keine konkreten Pläne hatten, um sie in jedem einzelnen Sektor (z.B. Energie, Landwirtschaft, Industrie, Verkehr) und damit auch insgesamt zu erreichen. Und klar gilt für die SPD wie für die anderen Regierungsparteien der letzten Jahre: mitgehangen mitgefangen. Dass das nicht passiert ist, geht auch auf unsere Kappe.
Doch umso wichtiger ist es, dass wir jetzt die richtigen Schlüsse ziehen und Fehler korrigieren. Darum wollen wir im Klimaschutzgesetz einen klaren Plan festschreiben: jeder Sektor soll konkrete, verbindliche Ziele haben, um seinen Anteil zum Erreichen der Klimaziele beizutragen. Und diese Ziele müssen jeweils regelmäßig überprüft werden, sodass bei Versäumnissen automatisch Konsequenzen greifen.
Was den öffentlichen Nah- und Fernverkehr angeht: da können viele andere Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ähnliche Beispiele nennen. Zwar würde ich sagen: wenn Sie neben Spritverbrauch z.B. noch einen Anteil für Kfz-Steuer, Verschleiß, Wertverlust etc. dazurechnen, ist der Vergleich zwischen Auto und ÖPNV eine Milchmädchenrechnung. Aber im Kern haben Sie völlig recht: auf den ersten Blick ist es für viele Menschen nicht attraktiv, mit Bus und Bahn zu fahren.
Darauf ist unsere Antwort als SPD, dass der ÖPNV flächendeckend einen guten Service zu guten Preisen bieten muss. Dazu zählt auch die schrittweise Einführung von 365 Euro-Jahrestickets, mit denen man z.B. in Wien schon positive Erfahrungen gemacht hat. Damit verbunden müssen wir aber auch die nötige Infrastruktur und die Fahrzeugkapazitäten ausbauen, wobei der Bund die Städte und Gemeinden unterstützen muss. Nur so kann es gehen!
Lieber Herr S., Sie sind bei so einem wichtigen Thema wie dem Klimaschutz zurecht kritisch, denn wir haben hier noch sehr große Aufgaben vor uns. Dabei muss ich auch sagen, dass ich es gut finde, dass mit Fridays for Future die Zivilgesellschaft den nötigen Druck auf die Straße trägt. Damit gewinnt die Klimakrise endlich die gesellschaftspolitische Aufmerksamkeit, die sie verdient. Wir als SPD sind bereit dazu, die nötigen politischen Maßnahmen zu ergreifen.
Mit freundlichen Grüßen
Wiebke Esdar
P.S.: Sehr gerne weise ich Sie hier auch nochmal auf das Gesamtkonzept zum Klimaschutz hin, das die SPD im Juni 2019 beschlossen hat. Das Papier finden Sie hier: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Parteispitze/20190627_Beschluss_Klimaschutz_Arbeit.pdf?utm_campaign=pvvotereg&utm_content=LK&utm_medium=nl&utm_source=nl&utm_term=reminder.