2010 forderten 26 „Elder Statesmen“ (u.A. Helmut Schmidt, Richard v. Weizsäcker), Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen, wenn es seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Was meinen Sie?

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Winfried Bausback
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Frage von Johannes Z. •

2010 forderten 26 „Elder Statesmen“ (u.A. Helmut Schmidt, Richard v. Weizsäcker), Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen, wenn es seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Was meinen Sie?

https://www.20min.ch/story/ex-politiker-drohen-israel-592925503553

Grüß Gott, Herr Bausback,
warum ignoriert der Bundestag und auch der Menschenrechtsausschuss PERMANENT Berichte und Appelle der UNO sowie israelischer Menschenrechtsorganisationen wie B´Tselem, HaMoked & Co.?
www.btselem.org
www.hamoked.org
Ist der deutsche Menschenrechtsausschuss ein zahnloser Tiger?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Z.,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich denke nicht, dass der Bundestag und der Menschenrechtsausschuss des Bundestags die Frage der israelischen Politik in den besetzten Gebieten ignoriert. So weist ein Artikel in der Zeit, anlässlich des mutmaßlich letzten Besuchs Angela Merkels in Israel, darauf hin, dass die Bundesregierung regelmäßig den fortschreitenden Siedlungsbau in den besetzten Gebieten kritisiert hat. Zudem hat sich der Menschenrechtsausschuss beispielsweise 2017 intensiv mit der Menschenrechtslage in Israel und Palästina im Rahmen einer Anhörung von Experten befasst.

Wenn Sie allerdings mit Ihrer Frage fordern, dass Deutschland Maßnahmen gegen Israel ergreift, dann sollten Sie konkret benennen, welche Maßnahmen Sie von Deutschland - über eine öffentlich gemachte Kritik hinaus - erwarten.

Die Durchsetzung von völkerrechtlichen Verpflichtungen und auch die Durchsetzung von menschenrechtlichen Verpflichtungen auf der internationalen Ebene vollzieht sich nicht nach den Kategorien des nationalen Rechts. Sanktionsmechanismen und Durchsetzungsmechanismen des Völkerrechts sind mit den Durchsetzungsmechanismen nationaler Rechtsordnungen nicht vergleichbar. In den Bereichen, in denen das Völkerrecht dezentral organisiert ist, sind neben Protesten, Appellen vor allem Wirtschaftssanktionen Zwangsmittel, die zur Verfügung stehen. Ob diese als Sanktion von Staaten oder der supranationalen Europäischen Union eingesetzt werden, steht grundsätzlich in der Beurteilung und Entscheidung des jeweiligen Staates. Beispielsweise entsteht aus den Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen keine Rechtsverpflichtung. Eine Resolution des Sicherheitsrates mit völkerrechtlich verbindlichem Inhalt im Hinblick auf eine Sanktionierung Israels gibt es nicht.

Persönlich halte ich es für richtig, dass die deutsche und die europäische Außenpolitik keine Wirtschaftssanktionen gegen Israel erlassen hat. Dies zum einen aus der besonderen Verantwortung der Geschichte, die Deutschland gegenüber dem israelischen Staat seit dessen Gründung übernommen hat. Zum anderen ist in einer Betrachtung auch in Rechnung zu stellen, dass Israel sich seit seiner Gründung in einer permanenten Existenzbedrohung befindet. So spricht die Hamas Israel nach wie vor das Existenzrecht ab, und einzelne Staaten der MENA-Region ebenfalls. Israel ist auch die einzige, seit Jahrzehnte stabile Demokratie im Nahen Osten, der einzige Staat in der Region der mit westlichen Maßstäben rechtsstaatlich verfasst ist.

Meiner Meinung nach ist es richtig, wenn die deutsche Außenpolitik den umstrittenen Siedlungsbau gegenüber Israel benennt und kritisiert. Es gehört zur humanitären Politik Deutschlands und Europas, dass wir den Palästinensern in den besetzten Gebieten humanitäre Unterstützung leisten.

Es ist aber auch richtig, dass eine realistische Außenpolitik keine Wirtschaftssanktionen gegen ein Land einsetzt, für das wir eine besondere Verantwortung tragen, gegen einen befreundeten Staat, der sich einer permanenten Bedrohung ausgesetzt sieht und der auch das Modell von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Region hoch hält und vertritt. Nicht zuletzt die innerisraelische Diskussion z.B. zum Siedlungsbau zeigt uns auch deutlich, dass dort unter dem Aspekt von Meinungsfreiheit und gesellschaftlichem Diskurs viel möglich ist und zur Normalität gehört, was in Nachbarstaaten der Region - einschließlich der besetzten Gebiete - undenkbar erscheint.

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Bausback

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