Sollte die Grunderwerbssteuer für selbstgenutztes Wohneigentum oder den erstmaligen Kauf von Wohneigentum entfallen? Gibt es Pläne in der Richtung

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Alexander Schoch
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Frage von Markus B. •

Sollte die Grunderwerbssteuer für selbstgenutztes Wohneigentum oder den erstmaligen Kauf von Wohneigentum entfallen? Gibt es Pläne in der Richtung

Sehr geehrter Herr Schoch,

besonders in Zeiten von anziehenden Materialpreisen und steigenden Bauzinsen, wäre mehr Eigenkapital für Bauherren/Immobilienkäufer eine Entlastung und würde die Qualität und Sicherheit von Finanzierungen erhöhen. Für viele Menschen rücken die eigenen vier Wände immer weiter in unereichbare Regionen. Hier wäre es an der Zeit zu handeln und schnell für Entlastungen zu sorgen.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihren Wunsch nach Entlastung kann ich sehr gut verstehen. Lassen Sie mich folgendes ausführen. Die einzige Steuer, bei der wir als Land unsere Einnahmen selbst beeinflussen, ist die Grunderwerbssteuer. Diese haben wir zum 1.1.2012 von 3,5% auf 5% erhöht. Inzwischen gibt es nur noch zwei Bundesländer, deren Satz unter 5% liegt. Wir sehen im Augenblick einerseits keinen Bedarf, diese Steuer zu erhöhen. Einem verschiedentlich geäußerten Wunsch nach Absenkung erteilen wir aber eine klare Absage: Wir haben mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Vereinbarung über die Finanzierung im Bereich der unter dreijährigen Kinder (U-3-Betreuung) geschlossen, deren Finanzierung nur durch diese Erhöhung auf 5% möglich war. Dazu wollen wir auch weiterhin verlässlich stehen.

Die Grunderwerbsteuer unterscheidet sich nach Bundesland: zwischen 3,5% und 6,5%. Eine niedrigere Grunderwerbsteuer als BW haben aktuell nur drei Länder. Ab 2023 nur noch zwei (siehe die Tabelle unten).

Es ist sehr fraglich, ob eine Absenkung der Grunderwerbsteuer tatsächlich mehr Menschen in die eigenen vier Wände bringen würde, da ein Wohnungs- oder Hauskauf bzw. Bau von noch einigen mehr Faktoren abhängt und die Grunderwerbsteuer nur einen kleinen Teil davon ausmacht.

Bislang kommt zudem ein stark vereinfachtes Verfahren bei der Erhebung der Grunderwerbsteuer zur Anwendung, da das zuständige Finanzamt die Grunderwerbsteuer ausschließlich anhand des Kaufpreises ohne Berücksichtigung personenbezogener Daten festsetzt. Bei Einführung einer zielgenauen Freibetragsregelung oder Ähnlichem (beispielsweise „selbstgenutztes Wohneigentum“ oder „erstmaligen Kauf von Wohneigentum“ wie sie in der Anfrage stehen) müsste dieses sehr einfache Verfahren durch ein verwaltungsaufwändiges und teures Veranlagungsverfahren ersetzt werden. Hierbei wäre gegebenenfalls zunächst eine Vielzahl von Daten über die Familie bzw. die Kinder notwendig, die von Seiten der Steuerpflichtigen in einer Steuererklärung angegeben werden müssten. Der Bezug auf das Kriterium der Selbstnutzung würde etwa bei einem Bauplatzerwerb eine langjährige Überwachung erforderlich machen. Zudem wäre die Einführung einer Freibetragsregelung verwaltungstechnisch erst dann möglich, wenn sämtliche Grundstückserwerbe von natürlichen Personen in einer bundeseinheitlichen Datei erfasst wären. Solche Regelungen würden daher, neben den anderen genannten Argumenten, zu einem deutlich erhöhten bürokratischen Aufwand führen. Die Entlastung wäre niedrig.

Beste Grüße

Alexander Schoch

 

Grunderwerbsteuer in den Bundesländern Stand 2022

  • Baden-Württemberg: 5,0 Prozent
  • Bayern: 3,5 Prozent
  • Berlin: 6,0 Prozent
  • Brandenburg: 6,5 Prozent
  • Bremen: 5,0 Prozent
  • Hamburg: 4,5 Prozent (Erhöhung auf 5,5 Prozent ab 2023 geplant)
  • Hessen: 6,0 Prozent
  • Mecklenburg-Vorpommern: 6,0 Prozent
  • Niedersachsen: 5,0 Prozent
  • Nordrhein-Westfalen: 6,5 Prozent
  • Rheinland-Pfalz: 5,0 Prozent
  • Saarland: 6,5 Prozent
  • Sachsen: 3,5 Prozent
  • Sachsen-Anhalt: 5,0 Prozent
  • Schleswig-Holstein: 6,5 Prozent
  • Thüringen: 6,5 Prozent
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