Frage an Annette Widmann-Mauz bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Annette Widmann-Mauz
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Frage von Jens R. •

Frage an Annette Widmann-Mauz von Jens R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz,

das Treffen der Fußball-Nationalspieler Özil und Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Erdogan kritisierten Sie öffentlich wie folgt: "Ich erwarte nicht, dass ein Fußballer von Heute auf Morgen Diplomat wird. Aber ich erwarte von einem Fußballnationalspieler, dass er sich seiner Funktion bewusst wird." Die Bundesregierung genehmigte auch im Jahr 2018 Rüstungsexporte in die Türkei, wenn auch in geringerem Umfang als in den Vorjahren. 2017 wurden aus Deutschland Rüstungsgüter im Umfang von mehr als 62 Mio. Euro an die Türkei geliefert. Eine Kritik hierzu habe ich von Ihnen nicht wahrgenommen.

Folgende Fragen habe ich daher an Sie:

Ist aus Ihrer Sicht das Überreichen eines Fußballtrikots an Erdogan moralisch verwerflicher als die Lieferung von Waffen?
Sind Fußballspieler automatisch Vorbilder und sind sie es in stärkerem Maße als Politiker?

Mit freundlichen Grüßen

J. R.

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Sehr geehrter Herr Reimann,

Sie fragen zunächst suggestiv, ob das Übergeben eines Fußballtrikots moralisch verwerflicher sei, als die Lieferung von Waffen. Selbstverständlich nicht! Ich denke, man kann die beiden Dinge – schon gar nicht so allgemein formuliert, wie Sie es tun – nicht miteinander vergleichen. Sie bedienen sich hier im Prinzip der Diskussionstechnik des „Whataboutism“, also der Ablenkung von unliebsamer Kritik (in diesem Fall an den Fußballspielern) durch Hinweise auf andere wirkliche oder vermeintliche Missstände. Ich will Ihnen auch gerne erklären, warum ich diese beiden Dinge für nicht vergleichbar halte.

Waffenexporte sind per Kriegswaffenkontrollgesetz grundsätzlich beschränkt, so ist zum Beispiel die Menschenrechtslage im Empfängerland entscheidend. Deutschland arbeitet darüber hinaus eng mit seinen Partnern – etwa in der NATO und der EU – in Sicherheitspartnerschaften zusammen. Sie beruhen auf Gegenseitigkeit. Dass bedeutet auch, dass man sich gegenseitig Verteidigungstechnologien – also auch verschiedene Waffen – nutzbar macht. Dazu ist Deutschland vertraglich verpflichtet.

Die Türkei ist nun in dieser Hinsicht ein besonders schwieriger Fall, da diese zwar Menschenrechtsverletzungen begangen hat, aber zugleich NATO-Partner ist. Die Menschenrechts-verletzungen in den Kurdengebieten haben auch wir Politiker keinesfalls übersehen. Entsprechend wurden in den letzten Monaten Rüstungsexporte in die Türkei fast komplett gestoppt – so werden z.B. keine Panzer mehr an die Türkei geliefert, die im Kampf gegen die Kurden eingesetzt werden könnten, während U-Boote, die in diesem Konflikt nicht genutzt werden können, weiter geliefert worden sind, wie es die Verträge bereits von 2009 vorgesehen haben.

Einem Autokraten wie dem türkischen Präsidenten Erdogan ein Trikot zu überreichen, ist erstmal eine Privatsache der Schenkenden. Jedoch, und damit gehe ich schon direkt auf Ihre zweite Frage ein, haben Personen wie Mesut Özil und Ilkay Gündogan als Nationalspieler genauso eine Vorbildfunktion wie Politiker. Natürlich werden an sie besondere Maßstäbe angelegt. Und dazu gehört auch, Werte wie Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit bei öffentlichen Auftritten zu würdigen. Dass diese Auseinandersetzung auch mit Fußballnationalspielern stattfinden darf, ist richtig und gehört zu unserem Land. Man spielt eben nicht nur für Geld und einen Club, sondern auch für ein Land und seine Werte. Unsere Werte und Freiheiten fallen nicht vom Himmel. Jede und jeder einzelne muss sie täglich mit Leben erfüllen.

Mit freundlichen Grüßen
Annette Widmann-Mauz MdB

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