Frage an Antonia Mertsching bezüglich Recht

Portrait von Antonia Mertsching
Antonia Mertsching
DIE LINKE
67 %
/ 6 Fragen beantwortet
Frage von Michael W. •

Frage an Antonia Mertsching von Michael W. bezüglich Recht

Die CDU plakatiert nebst dem Konterfei von Michael Kretzschmer mit dem Slogan "1000 neue Polizisten!". Das scheint reine Wahlkampfparole zu sein. Denn woher kommen diese 1000 Polizisten. Sie benötigen doch eine solide Ausbildung. Beschlossen wurde, die sächsische Polizeihochschule in Rothenburg zu erweitern, um mehr Studierende aufzunehmen. Doch der Ausbau sitzt real fest. Denn dazu muss die Oberschule Rothenburg das Gelände, dass die Fachhochschule benötigt, räumen und dazu eine neu Oberschule im Zentrum des Ortes bauen. Jedoch gibt die sächsische Landesregierung trotz Beschluss dafür keine Mittel-Zusage. Ein, zwei der zuständigen Verwaltungsbeamten blockieren das. Warum? Sind sie versippt oder verschwägert mit denjenigen die sich an den teuren als Übergang aufgestellten Containern für die Fachhochschule "dumm und dämlich" verdienen? Ich weiß es nicht. Es ist auf jeden Fall Verschwendung. Warum macht die Linke das nicht zu einem Wahlkampfthema. Der an sich vernünftige Ansatz für mehr Sicherheit zu sorgen (wenn er ernst gemeint ist oder wäre) scheint mir seitens der CDU nur ein Wahlkampf-Bluff zu sein.

Portrait von Antonia Mertsching
Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr Roth,

zunächst einmal tut es mir leid, dass es etwas länger mit der Antwort gedauert hat (Wahlkampf), aber was lange währt, wird nun hoffentlich gut bzw. dafür umfangreich:

Also ehrlich, ich habe mich über diese Plakat auch gewundert; ich dachte, das wäre schon lange in Sack und Tüten, und sowieso klar, unumstößlich - was sollen die Versprechungen also noch?

Aber! Sie haben Recht: So schnell geht es eben nicht. Das hat im Übrigen der Innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Enrico Stange, der Koalition immer wieder und zuletzt Ende 2018 während der Debatte zum Doppelhaushalt des Freistaates 2019/2020 vorgerechnet "Der massive Stellen- und Personalabbau bei der Polizei hat zu einem gigantischen Berg an Überstunden, aufgespartem Urlaub und Krankschreibungen geführt.(...) Nach langem und starkem Druck aus den Polizeigewerkschaften, aus der Opposition und aus der Bevölkerung haben CDU und SPD den Einstellungskorridor in Stufen auf jetzt 750 Personen im Jahr erweitert. (...) Aber der Personalabbau, vor allem bei den Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten, ist noch nicht gänzlich gestoppt. Die zusätzlichen 1.000 Beamtinnen und Beamten werden erst 2024 im Dienst sein, sofern sich genug geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden..." Die LINKE bearbeitet das Thema Sicherheit also kontinuierlich seit langer Zeit - auch wenn wir dazu (leider) kein spezielles Plakat haben.

An der Situation in Rothenburg sieht man, dass die Angelegenheit dann doch wieder komplexer ist und manches schnell gesagt ist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Zahl an Polizeibeamt*innen gar nicht so schnell erhöhen lässt, wie es das Plakat suggeriert. Ein Mehr an Beamt*innen bedeutet ja nicht nur einen Planstellenaufwuchs sondern auch die Wiederbesetzung der durch Altersabgänge ausscheidenden Beamten. Und dann müssen die künftigen Polizistinnen und Polizisten eben erst mal ihre Ausbildung erfolgreich abschließen.

Um aber das Ziel von mehr Sicherheit zu erreichen werden wir nicht auf eine rein nummerische Erhöhung der Zahl der Polizeibeamt*innen setzen. Wir werden eine neue Sicherheitsarchitektur einführen, in der Prävention und örtliche Ansprechbarkeit eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die Bekämpfung der Ursachen von Kriminalität oder die Änderung sozialer Rahmenbedingungen, die Menschen in eine kriminelle "Karriere" geradezu hineindrängen.

Ihren Verweis auf Rothenburg habe ich zum Anlass genommen, mich mit meinen Abgeordnetenkolleg*innen aus dem Landkreis und Stadträten der Linken in Rothenburg noch einmal intensiver auszutauschen (deswegen hat es auch länger gedauert). Über die Pläne zur Erweiterung des Hochschulstandortes haben sich die aktuellen Landtagsabgeordneten der LINKEN, Mirko Schultze und Kathrin Kagelmann, zuletzt bei einem Vor-Ort-Gespräch mit der damaligen Schulleitung im Sommer 2018 informiert. Inzwischen ist die Entwicklung weitergegangen. Die Unstimmigkeiten der Stadt mit dem Innenministerium sowohl wegen der benötigten kommunalen Flächen, über die von der Kommune vorzunehmenden Erschließungsmaßnahmen bis hin zum Standort und den erforderlichen Investitionsmitteln für den Neubau der Oberschule hinter der jetzigen Grundschule sollen inzwischen geklärt sein. Die Stadt konnte sogar noch ein neues Bürgerzentrum als Ersatz für den Wegfall von Vereinsräumlichkeiten verhandeln. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Wünsche der Rothenburger begrenzt werden durch die klammen städtischen Haushaltmittel und die Projekte etwas abgespeckt werden müssen. Auch nicht überraschend ist, dass von der abschließenden Planung bis zur Fertigstellung von größeren Bauprojekten mitunter Jahre vergehen; Übergangslösungen sind daher nicht generell zu verteufeln.

Dennoch scheint die Erweiterung der Polizeihochschule zur Win-Win-Situation für die Stadt und ihre Einwohner*innen zu werden. Konkrete Mittelzusagen müssen nun entsprechend des Planungsfortschritts folgen. Dass sie auch in der versprochenen Höhe kommen, das muss von Stadtverwaltung und Stadtrat immer wieder neu eingefordert werden - notfalls unterstützt durch öffentlichen Druck. Das alles wird die Stadt in den nächsten Jahren stark beschäftigen.

Ich bemühe mich das erste Mal um ein Mandat im Sächsischen Landtag. Aber ich sage Ihnen schon mal zu: Ich werde mir in Rothenburg die Projektumsetzung regelmäßig anschauen und wenn nötig im Land kritisch nachhaken und Druck machen.

Vom Wahlausgang hängt nun ab, wieviel Einfluss die LINKE darauf und auf eine spürbare Verbesserung der Sicherheit allgemein haben wird. Es ist eigentlich ganz einfach: Je stärker die LINKE, desto größer ihr politischer Handlungsspielraum. Sie haben die Wahl :)

Herzliche Gruß

Antonia Mertsching

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Antonia Mertsching
Antonia Mertsching
DIE LINKE