Frage an Beatrix von Storch von Emanuel H. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrte Abgeordnete von Storch,
die AfD sieht den Brexit als erfolgreiche Blaupause, auch wenn das Pfund, die Aktienmärkte abstürzten, Großbritannien den Marktzugang zur EU verliert und London als Finanzplatz gefährdet ist. Der Staat Großbritannien könnte sogar zerfallen, Schottland, Nordirland möchten die Unabhängigkeit von London, aber in der EU bleiben. Ist all dies eine erfolgreiche Blaupause für Deutschlands EU-Austritt?
Bitte nenne Sie Vorteile, welche die Nachteile eines deutschen EU-Austritts kompensieren:
- Deutschland wäre umringt von der EU-Zollunion, als Exportnation müssten wir Zölle zahlen.
Um Zölle zu vermeiden, würden viele deutsche Firmen ihren Sitz ins EU-Ausland verlagern,
- Ein EU-Austritt verkompliziert den Export, da nun neben der EU-Norm ähnlich gelagerte britische und deutsche Gesetze eingehalten werden müssen: Statt einem EU weit vereinheitlichtem Kaufrecht nun wieder zurück zu unterschiedlichen nationalen Varianten ? Statt EU-Netzspannung 230 Volt nun wieder, 240V in England, 220V in Deutschland?
- Divide et impare: Lassen sich nicht einzelne, kleine Nationalstaaten viel leichter von Großmächten wie China, Russland, USA unter Druck setzen, insbesondere bei Handelskonflikten?
Wie sehen denn die Konzepte eines EU-Austritts konkret aus? Wie sieht die Projektion der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für Deutschland aus?
Ein in Europa isoliertes Deutschland war dreimal in einem Krieg verwickelt. Welche außenpolitischen Szenarien haben Sie für den EU-Austritt entwickelt?
Mit freundlichen Grüßen,
E. H.
Sehr geehrter Herr Hienstorfer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Zunächst erlaube ich mir eine Klarstellung.
Die AfD fordert keinen EU-Austritt. Richtig ist stattdessen, dass die AfD eine grundlegende Reform der Europäischen Union anstrebt und die EU zu einer Wirtschaftsgemeinschaft souveräner Nationalstaaten weiterentwickeln möchte. Die Vision eines europäischen Staates lehnen wir dagegen ab. Die zunehmende Zentralisierung der EU, insbesondere auch die Einheitswährung, schadet nicht nur der wirtschaftlichen Entwicklung der Mitgliedsstaaten, sondern unterminiert auch die demokratische Mitbestimmung und die kulturelle Vielfalt in Europa.
Zu einer Wiedereinführung von Schutzzöllen oder gar zu einer wirtschaftlichen Isolation Deutschland wird es mit der AfD nicht kommen.
Zu Ihrem Beispiel mit den Netzspannungen möchte ich anmerken, dass die Angleichung von technischen Normen in den meisten Fällen sinnvoll und begrüßenswert ist. Die Behauptung, eine solche Angleichung können nur innerhalb eines EU-Zentralstaates erfolgen, wird schon durch die Geschichte widerlegt. Viele der heute gültigen welt- bzw. europaweit einheitlichen Standards sind älter als die Europäische Union.
Im Übrigen teile ich Ihre pessimistische Einschätzung über die Zukunft Großbritanniens nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Beatrix von Storch
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