Warum wurde das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 auch in der Neuauflage stark beschnitten und in der Wirksamkeit eingeschränkt?

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Bernd Westphal
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Frage von Ingo B. •

Warum wurde das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 auch in der Neuauflage stark beschnitten und in der Wirksamkeit eingeschränkt?

Sehr geehrter Herr Westphal, am 24.06.21 wurde nach der Intervention des Bundesverfassungsgerichtes eine Nachbesserung des Klimaschutz-Sofortprogrammes beschlossen. Jedoch ist dieses in den Augen vieler Umweltverbände immer noch viel zu unverbindlich und substanzlos, um die gesetzten Klimaziele (max 1,5°C Erdewärmung) zu erreichen. U.a. die Solaranlagenpflicht für Neubauten wurde daraus gestrichen, was mir unverständlich ist. Wurden die Vorschläge zuvor nicht auch im Ausschuss für Wirtschaft und Energie diskutiert? Als Obmann der SPD-Fraktion haben Sie doch eine Schlüsselposition inne, wo gerade solche Punkte eine zentrale Rolle spielen sollten. Was war Ihre Position dabei? Wie denken Sie - bitte unabhängig von der Parteilinie - persönlich über die Wirksamkeit der beschlossenen Maßnahmen? Wäre ein stärkerer Fokus auf den Ausbau von Wind- und Solarenergie im Hinblick auf den Klimawandel an dieser Stelle nicht essentiell wichtig gewesen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr B.,

herzlichen Dank für Ihre Frage.

Für mich persönlich und uns Sozialdemokraten steht fest: wir wollen Vorreiter beim Gelingen der Energiewende sein und die damit verbundenen Chancen für unser Land nutzen sowie für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen. Wir wollen den notwendigen Wandel als die gestaltende Kraft in Deutschland vorantreiben.

Es ist richtig, dass das neue Klimaschutzgesetz erhöhte Sektorziele für die Bereiche Industrie, Gebäude und Verkehr vorsieht. Weil dort die Herausforderungen am größten sind, hat Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zusätzlich das „Klimaschutz Sofortprogramm 2022“ in Höhe von 8 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Das Programm setzt weitere Impulse beim Umstieg auf klimafreundliche Alternativen und dient als Brücke in die nächste Legislaturperiode. Völlig klar ist, dass es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiterer Maßnahmen bedarf, um spätestens bis 2045 ein klimaneutrales Land zu sein.

Deshalb hat Olaf Scholz bereits früh klar gemacht, dass es mit der SPD, innerhalb den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode, eine umfassende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes geben wird. Als SPD-Fraktion haben wir bereits Vorschläge für einen mit dem EU-Klimaziel 2030 kompatiblen Ausbaupfad vorgelegt, deren Umsetzung mit dem Koalitionspartner in dieser Wahlperiode allerdings nicht mehr möglich war. In einem Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern, Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden wollen wir verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Geothermie, aber auch Bioenergie und Wasserkraft vereinbaren, in dem es Zusagen zum Zubau und zur Flächenbereitstellung gibt. Unser Ziel ist es, bis 2030, mindestens 65% unseres Stroms aus Erneuerbaren Energien zu erzeugen und spätestens bis zum Jahr 2040 unseren Strom vollständig aus Erneuerbaren Energien zu beziehen. Nur mit dem Ausbau von Erneuerbaren Energien können wir die Zukunft des Industriestandorts Deutschland sichern. Deshalb wollen wir jetzt die richtigen Anreize für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien sowohl innerhalb als auch außerhalb des EEG setzen. Darauf wird es ganz entscheidend ankommen.

Zuletzt möchte ich betonen, dass wir in der kommenden Legislaturperiode dafür sorgen wollen, dass alle geeigneten Dächer eine Solaranlage bekommen. In einem ersten Schritt sorgen wir dafür, dass auf öffentlichen Gebäuden und gewerblichen Neubauten Solar-Strom erzeugt wird. Unser Ziel ist eine Solaranlage auf jedem Supermarkt, jeder Schule und jedem Rathaus. Das halte ich auch persönlich für sinnvoll. In der Vergangenheit ist das am Widerstand von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gescheitert. Deshalb braucht es in der nächsten Legislaturperiode eine Regierung ohne Beteiligung der Union.

Im internationalen Kontext hat unser Kanzlerkandidat, Olaf Scholz, im Kreis der G7-Staaten, bereits eine wichtige Initiative zur Gründung eines Klima-Clubs eingebracht, um ein gemeinsames level playing field zu schaffen. Eckpunkte wurden im Bundeskabinett bereits beschlossen. Daran muss nun weiter konzentriert gearbeitet werden.

Bleiben Sie gesund!
Beste Grüße

Bernd Westphal

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