Frage an Britta Haßelmann bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Britta Haßelmann
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Frage von Eike L. •

Frage an Britta Haßelmann von Eike L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Britta Haßelmann,

wenn die Sicherheitslage in Afghanistan es erfordert, dass ausländische Truppen im Land stationiert sind, müsste es dann nicht einen Blauhelm-Einsatz geben?

Welche Berechtigung hat ein ISAF-Einsatz, dass es eine Enthaltung rechtfertigt?

Schöne Grüße,
Eike

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Eike Leidgens,

am 28.1.2011 hat der Bundestag über die Verlängerung des ISAF - Mandates entschieden. Unsere Fraktion hat diesem Mandat mit großer Mehrheit nicht zugestimmt.

Auf Wunsch der afghanischen Regierung, im Verbund mit vielen internationalen Partnern und dem Mandat der Vereinten Nationen, hat Deutschland in Afghanistan Verantwortung übernommen. Wir Grünen stehen zu dieser Verantwortung gegenüber den Menschen in Afghanistan, die große Hoffnung in eine friedliche Zukunft legen. Wir unterstützen die zivilen Helferinnen und Helfer, Soldatinnen und Soldaten, Diplomatinnen und Diplomaten, die sich um einen stabilen afghanischen Staat bemühen, in dem Menschenrechte und rechtstaatliche Normen respektiert werden. Vor einem Jahr hat die internationale Gemeinschaft, angestoßen von der neuen US - Regierung, auf den Konferenzen in London und Kabul einen Strategiewechsel vollzogen. Diese Strategie der offensiven Aufstandsbekämpfung lehnen wir ab. Sie stößt bei uns auf massive Kritik und ist kontraproduktiv, weil sie die Gräben noch vertieft und viele Opfer kostet. 2010 wurden mehr Menschen in Afghanistan getötet oder verletzt als in den Jahren zuvor. Militärisch kann der Konflikt in Afghanistan nicht gelöst werden. Beim zivilen Wiederaufbau konnten zwar auch aufgrund der gestiegenen Mittel Erfolge erzielt werden, gerade beim Aufbau polizeilicher Strukturen und Polizeiausbildung brauchen wir ein nachhaltiges Konzept für die weitere Unterstützung. Die von der Bundesregierung angestrebte "Übergabe in Verantwortung" kann ohne einen Rückfall Afghanistans in einen offenen Bürgerkrieg nach dem Abzug der internationalen Truppen nur im Rahmen einer politischen Verhandlungslösung mit allen relevanten Akteurinnen und Akteuren erreicht werden. Im Rahmen der Nato wurde eine "Übergabe der Verantwortung" an die afghanische Regierung bis 2014 beschlossen. Deshalb muss die Bundesregierung jetzt umgehend einen konkreten, verantwortbaren Plan vorlegen, der den Abzug der Bundeswehr ab 2011 bis 2014 vorsieht und der mit der afghanischen Regierung und der internationalen Partner abgestimmt ist.

Ich habe mich im Spannungsfeld zwischen Kritik und Verantwortungsübernahme nach intensiver Abwägung enthalten.

Mit freundlichen Grüßen
Britta Haßelmann

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