Warum liegt es im Ermessen der Führerscheinbehörden, Cannabismissbrauch zu definieren?

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Carmen Wegge
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Frage von Leonidas S. •

Warum liegt es im Ermessen der Führerscheinbehörden, Cannabismissbrauch zu definieren?

Sehr geehrte Frau Wegge, es ist ungerecht, dass die Fahrerlaubnisbehörden entscheiden, was als Cannabismissbrauch gilt. Es sollte ein einheitliches Gesetz geben, nicht die Meinung eines einzelnen Beamten. Wenn der Gesetzgeber keine Grenzwerte für Fahruntüchtigkeit festlegt, werden diese von Beamten unterschiedlich bestimmt. Diese Regeln sollten überall gleich sein. Es gibt eine Liste, die zeigt, wie unterschiedlich die Führerscheinstellen entscheiden: https://docs.google.com/spreadsheets/d/1caWcBpTarxy4d6h9_INHp87TmtMrSMv2qCm8pdsBDq0/edit?gid=0#gid=0 Das Gesetz sollte für alle gleich sein und nicht vom Wohnort abhängen. Finden Sie es gerecht, dass ich in Hamburg nicht fahren darf, aber in Niedersachsen meinen Führerschein zurückbekomme? Niemand will, dass man unter Cannabiseinfluss Auto fährt. Aber es ist bewiesen, dass man noch sicher fahren kann, wenn man bis zu 7ngTHC im Blut hat(erstätter). Ich habe nur 6ng und darf meinen Führerschein nicht zurückbekommen. Konsum 1 Tag vor Fahrt..

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst einmal möchte ich Ihnen zum Punkt der „nicht geringen Menge“ mitteilen, dass ich ebenfalls hier dringenden Handlungsbedarf sehe. Hierzu befinden wir uns bereits in zahlreichen Gesprächen und ich gehe davon aus, dass wir als Gesetzgeber hierzu zeitnah handeln werden. Zu den Selbsttests kann ich auch an dieser Stelle nur mitteilen, dass dies nicht in der Zuständigkeit des Gesetzgebers liegt und ich davon ausgehe, dass ein Markt hierfür entstehen wird bzw. die Exekutive zeitnah sogenannte oral vapes für den deutschen Markt zulassen wird. 

Was Ihre konkrete Frage bezüglich des Ermessens betrifft: Um der Vielseitigkeit unterschiedlicher Lebenssachverhalte gerecht werden zu können, bedarf jeder Einzelfall der individuellen Beurteilung. Wir als Gesetzgeber regeln die Dinge daher zunächst abstrakt-generell und geben dann den Behörden einen Ermessensspielraum um Einzelfallgerechtigkeit zu ermöglichen. Aus diesem Grund haben wir uns auch hier entschieden, die individuelle Beurteilung teilweise in die Hände der Verwaltung zu legen – in diesem Fall in die Hände der Fahrerlaubnisbehörden. Diese hat damit auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen und kann eigenständig – innerhalb des gesetzlichen Rahmens – über ihr Tätigwerden entscheiden. Damit liegt es also speziell in diesem Fall in der Hand der Fahrerlaubnisbehörden, „ob“ und „wie“ sie tätig werden möchte. Aufgrund der Stigmatisierung der letzten Jahrzehnte kann ich nachvollziehen, dass sie den Behörden nicht trauen. Gerade das Nord-Süd Gefälle ist mir an der Stelle bekannt. Aus diesem Grund gibt es aber mit §114 VwGO die Möglichkeit etwaige Ermessensentscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Carmen Wegge

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