Wie möchte die Union ihre staatspolitische Verantwortung glaubhaft der Öffentlichkeit kommunizieren, wenn sie gleichzeitig eine Absicherung des BVerfG blockiert?

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Carsten Müller
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Frage von Miriam Y. •

Wie möchte die Union ihre staatspolitische Verantwortung glaubhaft der Öffentlichkeit kommunizieren, wenn sie gleichzeitig eine Absicherung des BVerfG blockiert?

Sehr geehrter Herr Müller,

Martin Plum und Volker Ullrich sprechen davon, eine Absicherung des BVerfG "mit einer Verfassungsänderung zum Wahlrecht verknüpfen" (https://www.faz.net/einspruch/den-schutz-des-verfassungsgerichts-mit-dem-wahlrecht-verbinden-19538841.html) zu wollen, und knüpfen den Schutz der demokratische Grundordnung des Staates damit an Bedingungen. Bedeutet das, dass Wähler für die Verteidigung unseres Rechtsstaates nur auf eine Mitarbeit der Union hoffen können, wenn die Union im Gegenzug Zugeständnisse für andere Gesetzesvorhaben erhält, und dass sie das neue Wahlrecht für im gleichen Maße demokratiegefährdend hält wie die Möglichkeit, dass Demokratiefeinde das BVerfG entmachten?

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CDU

Sehr geehrte Frau Y.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Grundgesetzänderung zur Stärkung des Rechtsstaates.

Es ist nicht zutreffend, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Grundgesetzänderung zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts blockiert. Außer bei der ebenfalls diskutierten Aufweichung der Schuldenbremse haben wir klargestellt, dass Verfassungsänderungen nicht ausgeschlossen und das gemeinsame Lösungen möglich sind. Das wurde von Seiten der Union stets betont. Es gab und gibt keine Verweigerung der Unionsfraktion in diesem Punkt.

Wichtig ist: Jede Grundgesetzänderung muss jedoch ausgewogen und durchdacht sein. Nur ein Beispiel: Wenn grundgesetzlich verankert wäre, dass bestimmte Änderungen beim Bundesverfassungsgericht nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit möglich wären, ermöglicht man Änderungsgegnern künftig eine Sperrminorität von einem Drittel plus einer Stimme. Diese Sperrminorität kann dann zu Problemen führen, wenn als erforderlich erkannte Änderungen in der Folge daran scheitern. Gegenwärtige Wahlumfragen zeigen, dass diese Grenze einer Sperrminorität im Bereich des Möglichen ist. Deshalb muss sehr genau abgewogen werden, welche konkreten Regelungen mit welchem Regelungsinhalt Verfassungsrang erhalten. Sie sind genau auf Inhalt und Wirkung zu prüfen.

In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen der beiden von Ihnen erwähnten Kollegen Dr. Martin Plum und Dr. Volker Ullrich zum Wahlrecht nur schlüssig und konsistent. Ich bin sehr dafür, im Sachzusammenhang darüber zu diskutieren und auch die Grundzüge des Wahlrechts im Grundgesetz zu verankern. Denn auch eine hohe, im Grundgesetz verankerte Schutzhürde einer Zwei-Drittel-Mehrheit für das Bundesverfassungsgericht nutzt wenig, wenn die Gesetzgebung zum Wahlrecht weiterhin mit einfachen Mehrheiten verändert wird. Ansonsten könnten autoritäre Mehrheiten, über den „Umweg“ des mit einfacher Mehrheit zu ändernden Wahlrechts, entsprechende Mehrheitsverhältnisse zur Grundgesetzänderung zurechtbiegen und bei einer nächsten oder dann möglicherweise auch vorgezogenen Neuwahl Fakten schaffen. In diesem sensiblen Bereich gilt ganz klar: Sorgfalt vor Schnelligkeit!

Sehr geehrte Frau Y., ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Carsten Müller

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