Sehr geehrte Frau Schmidt, finden sie es nicht erschreckend,wie sehr sich die Leute im Netz auf die Cannabisdroge fixieren?

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
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Frage von Sebastian S. •

Sehr geehrte Frau Schmidt, finden sie es nicht erschreckend,wie sehr sich die Leute im Netz auf die Cannabisdroge fixieren?

Ich verstehe auch nicht wie die Bundesregierung,in Zukunft so ein Gesetz verantworten möchte?Wo ist der Kinder und Jugendschutz,wenn jeder 3 Pflanzen anbauen darf?Wie wird die Gesellschaft geschützt,vor Leuten die in der Öffentlichkeit mit Joints rumlaufen?Es ist immerhin ein Rauschmittel,muss die Gesellschaft nun zum Passiv Raucher werden?Wieso legt man nicht mehr Wert auf Prävention, Eigenanbau nur für medizinische Zwecke, entkriminalisierung für eine gewisse Besitzmenge? Und warum lässt man den Konsum nicht aus der Öffentlichkeit? Sollte man nicht wieder,von diesem Gesetzentwurf Abstand nehmen,um eventuell nicht weiter die AFD zu stärken?Ist das nicht, eine weitere Angriffsfläche, ihrer Partei gegenüber die für noch mehr Unmut und Misstrauen in der Gesellschaft sorgt?Was sich die AFD sehr wahrscheinlich wieder zu nutze machen würde?

Mit freundlichen Grüßen
Herr S.

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht und Fragen zur Legalisierung von Cannabis. In der Tat erhalte ich derzeit eine hohe Anzahl an Schreiben zur Legalisierung von Cannabis, der überwältigende Teil spricht sich für eine Entkriminalisierung und Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken aus.

Die vielen Nachrichten und auch die Kommentare und Beiträge in den sozialen Medien zeigen aber auch eines ganz deutlich: Cannabis ist als Genussmittel schon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und die derzeit noch bestehende Gesetzgebung wird der Realität nicht mehr gerecht.

Als Regierungskoalition haben wir uns darauf geeinigt, einerseits Polizei und Gerichte durch die Entkriminalisierung zu entlasten, neue Perspektiven für das Medizinal-Cannabis zu eröffnen und gleichzeitig den legalen Konsum zu Genusszwecken regulieren. Dabei soll auch der Schwarzmarkt eingedämmt werden und die Qualität des Anbaus kontrolliert werden, damit Cannabis frei von verunreinigenden Substanzen ist. Für uns als SPD-Bundestagsfraktion und auch für mich war dabei immer klar, dass das nur mit besonderem Blick auf den Kinder- und Jugendschutz geht. Die Anbauvereine, müssen eine strenge Alterskontrolle bei ihren Mitgliedern durchführen und Konsumverbotszonen werden in der unmittelbaren Nähe von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Spielplätzen eingeführt. Zudem werden Anbauvereine mit einem Werbe- und Sponsoringverbot belegt.

Daneben werden Prävention und Aufklärung gestärkt. Das war einer der wesentlichen Eckpfeiler, die wir in den Gesetzentwurf verhandelt haben und bauen auf direkte Prävention, indem wir etwa die Teilnahme von durch den Umgang mit Cannabis auffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen an Frühinterventionsprogrammen fördern. Zusätzlich bauen wir gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die bereits bestehenden Präventionsangebote weiter aus.

Sie fragten außerdem nach dem Schutz vor dem Passivrauchen. Die Legalisierung von Cannabis setzt in keinem Fall die bestehenden Regelungen und rechtlichen Standards zum Kinder- und Jugendschutz außer Kraft oder setzt sie herab und gleiches gilt für das Nichtraucherschutzgesetz. Überall dort, wo es durch das Gesetz oder feuerpolizeilich untersagt ist, zu rauchen, wird auch weiterhin ein Rauchverbot gelten. Aber genau wie wir es schon jetzt erleben, wird sich der Konsum in der Öffentlichkeit nicht unterbinden lassen – außer in der Nähe von oben erwähnten Kinder- und Jugendeinrichtungen.

Auch die Frage, weshalb man sich nicht nur auf die Entkriminalisierung beschränke, möchte ich eingehen. Eine reine Entkriminalisierung würde zu kurz greifen. Der einzige Beschaffungsweg ist bei alleiniger Entkriminalisierung, ohne weitere begleitende Maßnahmen, der Schwarzmarkt. Hier wird man sich einerseits an Abgabeverbote nach Alter kaum halten, andererseits wird hier sehr häufig Cannabis mit schlechter Qualität oder hochgefährlicher synthetischer Cannabis abgegeben. Eine Gefahrenaufklärung oder Prävention vor Suchtrisiken erfolgt durch den „Dealer“ nicht. Daher ist umfänglicher Schutz nur durch legale Beschaffung zu erreichen. Der Gesetzentwurf sieht außerdem eine Evaluation der ergriffenen Maßnahmen vor, die auch Handlungsfelder und Handlungsoptionen vorschlagen soll, um das Gesetz, insbesondere im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes, zu verbessern. Diese Evaluation soll nun nach der Anfang Februar erzielten Einigung deutlich eher stattfinden, damit nach- und gegengesteuert werden kann, sollten wir mit dem Gesetzt die von uns gesteckten Ziele beim Kinder- und Jugendschutz sowie der Schwarzmarkt-Bekämpfung nicht erreichen oder zu verfehlen drohen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir einer modernen Cannabispolitik Rechnung tragen und den verantwortungsvollen Konsum ermöglichen, für den viele Bürgerinnen und Bürger seit Jahren eintreten.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre

Dagmar Schmidt, MdB

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