Frage an Detlef Müller bezüglich Soziale Sicherung

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Detlef Müller
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Frage von Steffen B. •

Frage an Detlef Müller von Steffen B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Müller,

wenn Hartz IV Empfänger von der GEZ befreit sind, warum wird das nicht gleich beim Antragabgeben bearbeitet?Es kann doch eine Abfrage geben, wo man angeben kann, ob ein Radio oder Fernseher angemeldet ist. Seit neuem auch Computer?
Und muss ich für das Öffentlich Rechtliche 2x bezahlen? 1 mal an die GEZ und dann an den Kabelanbieter?
Wenn das Öffentlich Rechtliche die Grundversorgung ist, warum wird das mit abgestellt, wenn man die Privaten kündigt?Laut Gesetz muss ich bei vorhandensein eines TV trotzdem Gebühren bezahlen, obwohl ich die Sender gar nicht mehr sehen kann?

Gruss Steffen Brosche

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Sehr geehrter Herr Brosche,

gern möchte ich hiermit Ihre Fragen vom 18. Januar 2007 zu den Rundfunkgebühren beantworten. Lassen Sie mich bitte noch kurz vorwegschicken, dass die Beantwortung von Fragen der Bürger manchmal einige Zeit in Anspruch nehmen kann, ich versuche aber, möglichst zeitnah alle Fragen zu beantworten.

Der Klarheit zuliebe möchte ich vorwegschicken, dass in Deutschland Fragen der Medienordnung und auch Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Angelegenheiten der Länder sind und dem Bund hier keine Gestaltungs- oder gar Entscheidungskompetenz zukommt. Dies gilt selbstverständlich auch für die Regelungen zu den Rundfunkgebühren. Auskünfte diesbezüglich erhalten Sie von Ihrer Landesregierung bzw. von der oder dem Landtagsabgeordneten Ihres Wahlkreises, da letztlich die Landesparlamente und Bürgerschaften den Änderungen der betreffenden Staatsverträge zustimmen müssen.

1. Zu Ihrer ersten Frage, warum der Befreiungsantrag nicht von den ARGEn bearbeitet werden kann:

Die ARGE (die u. a. ALG II bewilligt und Bescheide über diese Bewilligung ausstellt) und die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (GEZ), welche die im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag festgesetzten Rundfunkgebühren für Empfangsgeräte von den Rundfunkteilnehmern einzieht, sind zwei verschiedene, voneinander unabhängige Einrichtungen.

Obwohl es in der Praxis zumeist der Fall ist, dass ein Bescheid über den Bezug von ALG II zu einer Befreiung von den Rundfunkgebühren berechtigt, liegt es nicht bei den ARGEn, darüber zu entscheiden, sondern allein bei der GEZ. Nach einer Neuregelung im Rundfunkstaatsvertrag ist seit 2005 direkt die Gebühreneinzugszentrale zuständig. Befreiungen von der Rundfunkgebührenpflicht werden ausschließlich auf Antrag von der GEZ gewährt.

Nach § 6 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages können Sie sich auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien lassen, wenn Sie beispielsweise Empfänger von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II einschließlich Leistungen nach § 22 ohne Zuschläge nach § 24 des Zweiten Sozialgesetzbuches sind. Falls die Betreffenden also einen befristeten Zuschlag (nach dem Bezug von ALG I) erhalten, kann keine Befreiung erfolgen. Dem Antrag muss der Bewilligungsbescheid (ALG II/ Sozialgeld) im Original oder in beglaubigter Kopie beigefügt werden. Alternativ dazu kann die behördliche Bestätigung der Vorlage des Originalbescheids auf dem Antragsformular für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht erfolgen.

2. Zu Ihrer zweiten Frage, ob Computer mittlerweile auch rundfunkgebührenpflichtig sind:

Ja, am 1. Januar 2007 erfolgte eine Erweiterung der Gebührenpflicht über Rundfunkgeräte – Fernseher und Radios – hinaus auf internetfähige PCs (sogenannte „neuartige Empfangsgeräte“, zu diesen werden auch internetfähige Mobiltelefone gerechnet).
Der Sächsische Landtag hat dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Januar 2007 zugestimmt. PCs von Privathaushalten gelten nun als Empfangsgeräte (da Radio und TV über das Internet empfangen werden könnten), unabhängig davon, ob tatsächlich ein Internetanschluss besteht. Falls jedoch bereits Radio und/oder Fernsehgerät angemeldet sind, sind keine zusätzlichen Gebühren zu entrichten. Diese Neuregelung betrifft also alle Privathaushalte und Gewerbetreibende ohne Rundfunkgerät. Die monatliche Gebühr für einen internetfähigen PC beträgt 5,52 Euro. Für PCs, die mit einer TV- oder Radio-Karte ausgestattet sind, galt bisher schon die Rundfunkgebührenpflicht.

Ob diese Änderung der Grundlage zur Gebührenpflicht – jetzt ist es so, dass nicht mehr, wie bisher, eigens zum Rundfunkempfang erworbene Geräte die Gebührenpflicht bedingen, sondern einfache, für die alltägliche Büroarbeit und Kommunikation unentbehrliche Geräte wie Rechner und Mobiltelefone, deren Hauptzweck und -verwendung offensichtlich nicht der Rundfunkempfang ist – einsichtig und sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Beim Bundesverfassungsgericht ist eine Verfassungsbeschwerde dazu anhängig.

Meiner Meinung nach bedarf die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt einer Neuordnung. Gerade auch aufgrund der Tatsache, dass viele Endgeräte nicht primär für Rundfunk- und Fernsehempfang genutzt werden, ist das bisherige Finanzierungskonzept nicht mehr zeitgemäß. Die bisherige gerätegebundene Finanzierung könnte durch eine pauschale Grundabgabe je Haushalt oder Betriebseinheit ersetzt werden, da praktisch jeder Haushalt über Empfangsgeräte verfügt. Dadurch würden wir viel Bürokratie sparen.

3. Zu Ihren Fragen, ob zweimal für das öffentlich-rechtliche Programm gezahlt werden muss, einmal an die GEZ und einmal an den Kabelanbieter bzw. Warum muss ich Rundfunkgebühren zahlen, obwohl ich schon Kabelgebühren zahle?

Kabelentgelt und Rundfunkgebühr sind zwei verschiedene Dinge. Die „Kabelgebühr“ wird für das Bereitstellen eines Kabelanschlusses von einem Kabelnetzbetreiber erhoben. Die Rundfunkgebühren hingegen sind an die GEZ für das Bereithalten eines Rundfunkgerätes zum Empfang zu entrichten. Nur der Betrag, den Sie an die GEZ überweisen, kommt den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugute. Um ARD, ZDF und die dritten Programme zu empfangen, brauchen Sie ja nicht unbedingt einen Kabelanschluss, sie können auch über eine Antenne oder eine Satellitenschüssel empfangen werden. Beides hat also nichts miteinander zu tun: Das Entgelt für den Kabelnetzbetreiber bezieht sich auf das Vorhandensein eines Anschlusses (Sie bezahlen also hierbei als Endverbraucher nicht für die einzelnen Privatsender, sondern für den Kabelanschluss) und ist unabhängig von den GEZ-Gebühren, die für die Bereitstellung von Rundfunkgeräten anfallen.

4. Zu Ihrer Frage: Warum wird das öffentlich-rechtliche Programm mit abgestellt, wenn man die Privatsender kündigt?

Sie können die kostenlosen, frei empfangbaren privaten Fernsehsender nicht „kündigen“, und zwar deswegen nicht, weil Sie diese ja auch nie „bestellt“ haben (im Gegensatz zu sogenannten „Pay-TV“-Sendern wie etwa Premiere, für deren Empfang Sie einen Vertrag mit dem entsprechenden Anbieter abschließen). Sie können Ihrem Kabelanbieter kündigen, nicht aber den privaten Fernsehsendern. Für die unverschlüsselten privaten Rundfunksender zahlen Sie nichts, das ist auch daran ersichtlich, dass Sie z.B. einmal eine Anschaffung einer individuellen Parabolantenne tätigen können und danach keine Kosten mehr für den Empfang entstehen. Nochmals zur Klarheit: Die von den Kabelnetzbetreibern erhobenen Anschlussgebühren gehen nicht an die Privatsender, die sich ja hauptsächlich über Werbung finanzieren.

5. Zu Ihrer Frage: Warum fallen bereits bei Bereitstellung eines Rundfunkempfangsgerätes GEZ-Gebühren an (auch wenn z.B. der Kabelanschluss gekündigt ist)?

Laut §1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages genügt allein das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes. Wer also ein Rundfunkgerät (Radio/Fernseher) in seiner Wohnung hat, ist für dieses immer anmelde- und gebührenpflichtig. Dies gilt selbst dann, wenn das Gerät nicht benutzt wird oder ausschließlich Privatfernsehen genutzt wird.

In § 1 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages von 2005 heißt es: „Rundfunkteilnehmer ist, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält. Ein Rundfunkempfangsgerät wird zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können.“

Wie schon eingangs angemerkt: Rundfunk ist Ländersache. Falls Sie also noch weitere Fragen zu diesem Thema haben sollten, wenden Sie sich bitte an Ihre/n Landtagsabgeordnete/n.

Ich hoffe, Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Detlef Müller
Mitglied des Deutschen Bundestages

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