Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Finanzen

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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Erich H. •

Frage an Dietmar Bartsch von Erich H. bezüglich Finanzen

Werter Herr Dr. Bartsch,

heute habe ich Sie in NTV gesehen. Dort betonten Sie, wie wichtig es ist, die Reichensteuer einzuführen. Sie bringt um 40 Milliarden im Jahr.
Zins und Tilgung betrugen 2010 Tilgung 351, 163 Milliarden und Zins 56, 230 Milliarden.
1. Warum unterstützen bzw. fordern Sie nicht die Steuerreform, entwickelt von Prof. Kirchhof, eingeführt wird?
Dann würde jeder 20000€ im Monat steuerfrei verdienen. Und die Besserverdienenden nur 25% Steuern zahlen.
2. Als Wirtschaftswissenschaftler kennen Sie den Gesamthaushalt 2010 exakt.
Unter 4.1 lfd. Nr. 2 sind die Ausgaben für Dienstfahrzeuge,Benzinverbrauch und Versicherungen angegeben mit 282, 171 Milliarden Euro. Hier sind die Länder, Gemeinden, der Bund usw. erfasst.
2.1 Weshalb fordern Sie nicht, dass endlich die Beamten und Politiker hier schnell mal 100 Milliarden sparen?
Früher musste jeder Gutsbesitzer sein Fahrzeug auch aus eigener Tasche bezahlen.Im Prinzip heisst es doch, der Steuerzahler muss die Gier der Beamten erarbeiten und verliert einen Teil seiner FREIHEIT.
3. Für Pensionen der Beamten ungefähr 70 Milliarden ausgegeben, an Beamtenbezüge 71, 270 Milliarden. Dazu kommen noch 9,3 Milliarden an Beihilfezahlungen für die Beamten. Nach der Kanzlerschaft von W. Brandt und H. Schmidt wurden Hunderttausende beim Staat neu eingestellt, um die Arbeitslosenzahlen zu senken.
3.1 Wäre es jetzt nicht sinnvoll, die Beamtenzahl zu halbieren und in Hartz IV zu schicken?
Auch hier könnten Sie 35 Milliarden einsparen, denn diese Leute könnten den Bedarf in der Wirtschaft decken.
4. Sie haben gleichzeitig gelogen, als Sie sagten, dass 26,1 Milliarden neue Kredite
aufgenommen werden.
2010 belief sich die Kreditaufnahme des Staates schon auf 409, 012 Milliarden Euro.
4.1 Wie kommen Sie auf solche Zahlen?

Lit.: 1.Gesamthaushalt der BRD von 2010
2. Statistisches Bundesamt "2 Entwicklung des Personalstandes"
2.2 Beschäftigte des unmittelbaren öffentlichen Dienstes

Mit freundlichen Grüßen

E. Humplik

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Humplik,

ich danke für Ihr Interesse an meinen Positionen als Haushälter.
Als jemand, der aus dem Norden kommt, will ich mit dem kleinen Wortspiel beginnen: Die Steuerpolitik des Staate muss dafür genutzt werden, eine andere Politik und über diese eine andere Entwicklung in unserem Land zu s t e u e r n.

Zentrale Anliegen des Steuerkonzeptes der LINKEN lauten:
• Steuerpolitik muss gegenüber den Steuerzahlern gerecht sein, indem niedrige und mittlere Einkommen entlastet, hohe Einkommen und Vermögen dagegen belastet werden.
• Steuerpolitik muss Entwicklungen vorantreiben, die allen Menschen, die es wünschen, Arbeit schafft, von der Mensch in Würde leben und am Reichtum gesellschaftlichen Lebens teilhaben kann und das ihm ein armutsfreies Leben im Alter garantiert.
• Steuerpolitik muss angesichts der verheerenden Krisenprozesse dazu genutzt werden, auch mittels Steuern Ursachen der Krise beseitigen. Dazu zählt unbedingt, die Verursacher der Krise und Profiteure von maßloser Spekulation und Profitgier für die Kosten der Krise zur Kasse bitten.
Diesen Grundsätzen folgen unsere konkreten Vorschläge zur Entwicklung der Einkommensteuer und des Spitzensteuersatzes, zur Millionärsteuer, zur Reform der Erbschaftssteuer und der Unternehmensbesteuerung, zur Durchsetzung einer Finanztransaktionssteuer.
(siehe auch http://www.linksfraktion.de/folder/steuergerechtigkeit-noetig-moeglich/ )

Was Ihre Anmerkungen zu Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im Öffentlichen Dienst betrifft, möchte ich nur kurz antworten:
Selbstverständlich kann eine Begrenzung und erst recht eine Verringerung der Zahl der Bundestagsmandate zu Einsparungen im Bundeshaushalt führen.
Inwieweit in einem solchen Fall dann ehemalige MdB arbeitslos würden, ist spekulativ.
Die von Ihnen aufgemachte Überlegung, Menschen „in Hartz IV zu schicken“, lehne ich entschieden ab. Grundsätzlich fordere ich, fordert DIE LINKE, Hartz IV zu überwinden und abzuschaffen. Hartz IV ist menschenverachtend.
Weder haben diese Gesetze den erhofften oder versprochenen Durchbruch bei der Überwindung der strukturellen Arbeitslosigkeit gebracht noch verbindet sich mit ihnen irgendeine andere positive Wirkung. Im Gegenteil. Gerade die Hartz-IV-Gesetze sind im Kontext mit dem bislang fehlenden flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 10 Euro maßgeblich verantwortlich für die immer weitere Ausprägung des Niedriglohnsektors und prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Für eine wachsende Zahl von Menschen bedeutet die Erfahrung Hartz IV und Niedriglohn am Lebensende Altersarmut. Das ist in einem Land, in dem es über 924.000 Vermögensmillionäre gibt und in dem die Zahl der Milliardäre wachst, nicht akzeptabel.

Ihre Fragestellung zu den Kosten bzw. Einsparpotenzialen für Dienstfahrzeuge, Benzinverbrauch und Versicherungen kann ich ebenso wie mein Bundestagskollege Dr. Gerhard Schick auf dieser Seite nicht nachvollziehen.

Zum Schluss:
Der Bundeshaushalt 2012 sieht eine Neuverschuldung des Bundes 2012 in Höhe von 26,1 Mrd. Euro vor, das sind 4,1 Mrd. Euro mehr als 2011. Schon jetzt ist also geplant, dass die Einnahmen des Jahres 2012 um mindestens 26,1 Mrd. Euro geringer sein werden als die Ausgaben. Deutschland hat vor diesem Hintergrund überhaupt keinen Grund, sich in Europa als Musterschüler beim Sparen und Haushaltsanieren aufzuspielen.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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