Frage an Elvira Drobinski-Weiß bezüglich Jugend

Portrait von Elvira Drobinski-Weiß
Elvira Drobinski-Weiß
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Elvira Drobinski-Weiß zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Rena G. •

Frage an Elvira Drobinski-Weiß von Rena G. bezüglich Jugend

Werden Sie die unhaltbaren Zustände der Asyl Bewerber in Deutschland, speziell auch der Kinder und Jugendlichen verbessern?
Setzen Sie sich dafür ein das Kinder von Illegalen, die Schule besuchen können?

Portrait von Elvira Drobinski-Weiß
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Görgen,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Uns ist die z.T. sehr schwierige Lebenssituation der Asylbewerber in Deutschland und die prekäre Situation der Flüchtlinge in Europa generell sehr bewusst. Wir treten daher für eine konsequente Umsetzung der EG-Aufnahmerichtlinie ein, die Asylbewerbern ein menschenwürdiges Leben während des laufenden Asylverfahrens europaweit garantieren soll. Die seit 2003 bestehende Richtlinie ist seit 2005 unmittelbar in Deutschland anwendbares Recht. Bislang ist die Richtlinie jedoch nicht vollständig umgesetzt – insbesondere bei der Behandlung von Folteropfern besteht Nachbesserungsbedarf. Auch befürworten wir den Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber und eine Angleichung ihrer Versorgung an den Sozialhilfe-Satz.

Wir wollen, dass soziale Rechte auch Menschen ohne einen Aufenthaltstitel gewährleistet werden. Dazu gehört insbesondere die Beschulung von Kindern ohne einen Aufenthaltstatus und die Gewährleistung der gesundheitlichen Versorgung von Menschen ohne Aufenthaltsstatus. Um dies zu gewährleisten ist eine Änderung des § 87 Aufenthaltsgesetzes notwendig. Diese Vorschrift bestimmt, das öffentliche Stellen ihnen bekannt gewordene Umstände – im Kontext also der fehlende Aufenthaltstitel – an die Ausländerbehörden weiter zu leiten haben. Wir werben für eine Einschränkung dieser Mitteilungspflichten dahingehend, dass z.B. Schulleiter nicht dazu bestimmt werden, den fehlenden Aufenthaltstitel eines Schülers weiterzuleiten.

Um der besonderen Verantwortung gegenüber Kindern gerecht zu werden und ihrer speziellen Schutzbedürftigkeit Rechnung zu tragen, treten wir darüber hinaus dafür ein, bei Kindern auf die Inhaftierung in Abschiebegefängnissen vollkommen zu verzichten.

Schon in den Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetzkompromiss haben wir für ein erweitertes Rückkehrrecht für ehemals zwangsverheiratete AusländerInnen gekämpft. Diese Forderung haben wir gegenüber der Union nur aufgegeben, um die gesetzliche Altfallregelung zu bekommen. Wir greifen sie jetzt wieder auf.

Grundsätzlich wollen wir weiterhin die Abschaffung der Duldung. Dies wollten wir auch schon mit dem rot-grünen Zuwanderungsgesetz erreichen. Damals gelang uns dies jedoch nicht, weil die Unionsmehrheit im Bundesrat strickt dagegen war. Allerdings haben wir für Geduldete erste Schritt für den Übergang in einen gesicherten humanitären Aufenthalt gemacht. Ergänzt wurden die Regelungen zum humanitären Aufenthalt mit der erfolgreichen Bleiberechtsregelung 2007. Für uns gilt: Eine vernünftige Ausländerpolitik vermeidet Kettenduldungen – kann der Aufenthalt aus humanitären Gründen nicht beendet werden, soll ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

Die Altfallregelung von 2007 war ein Erfolg. Dieser Erfolg ist gefährdet. Nach der jüngsten Auswertung des Bundesinnenministeriums sind mit beiden Regelungen zusammen 52.977 ehemals Geduldete erreicht worden. 23.334 von ihnen haben eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis auf Probe nach der gesetzlichen Altfallregelung bekommen. Das heißt: Sie erhalten den Titel, obwohl sie ihren Unterhalt noch nicht überwiegend selbst bestreiten können. Diese Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gilt aber nur bis Ende Dezember 2009. Danach soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn die Betroffenen ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig sichern können.

Die Situation ist aber folgende: Nach Einschätzungen zahlreicher Verbände wird ein erheblicher Anteil der Betroffenen zur eigenständigen Lebensunterhaltssicherung nicht in der Lage sein. Zum einen gestaltet sich die Arbeitssuche angesichts der Wirtschaftskrise schwieriger als erwartet. Zum anderen waren viele der Betroffenen über Jahre vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen und benötigen Zeit, um sich zu integrieren. Hierbei können sie mit dem Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt unterstützt werden. Es wurde aber erst im Juni 2008 aufgelegt. Die einzelnen Projekte haben ihre Arbeit zwischen September 2008 und Januar 2009 aufgenommen. Sie konnten bislang keine Wirkung entfalten.

Konkret heißt das: Ein großer Teil der genannten Personen könnte zurück in die Duldung fallen oder ab dem 1.1.2010 abgeschoben werden. Dann hätte die Altfallregelung als zentrales humanitäres Projekt der Großen Koalition ihr Ziel nicht erreicht. Das wollen wir nicht.

Ich hoffe, Ihre Fragen mit diesen Ausführungen zu der von uns vertretenen Flüchtlingspolitik ausreichend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Elvira Drobinski-Weiß