Frage an Fabio De Masi bezüglich Wirtschaft

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Fabio De Masi
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Frage von Hartmut K. •

Frage an Fabio De Masi von Hartmut K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr De Masi,

die EU hat kein Projekt einer gemeinsamen Sprache. Damit wird Verständigung sowohl zwischen den Firmen, aber besonders unter den Bürgern behindert bzw. sogar verhindert.
Stilblüte sind Produktbeschreibungen und Verpackungen mit 14 oder mehr Sprachen.
Die wirtschaftlichen Verluste sind beträchtlich, die kulturellen nicht bezifferbar.

Auf der Internetseite
http://www.die-linke.de/wahlen/europawahlen-2014/europawahlprogramm/download-einschliesslich-fremdsprachen/
wird das Wahlprogramm immerhin in in 9 Sprachen angeboten. Andere Sprachen der EU werden damit aber gleichfalls diskriminiert.

Eine Variante in der internationalen Sprache Esperanto ( http://www.esperanto.de/ ) gibt es nicht.

Was hat die Linkspartei für (praktische) Lösungsansätze?

mfG
Hartmut Koblischke

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Koblischke,

Sprache ist eine wichtige Voraussetzung für eine echte europäische Debatte und Demokratie. Die fehlende europäische Öffentlichkeit verhindert bislang eine starke demokratische Kontrolle der europäischen Politik. Gleichwohl denke ich, dass dies nicht allein an Sprachbarrieren liegt, sondern an der undemokratischen Verfassung der EU. So verfügt das Europäische Parlament bereits heute - trotz enormer Verzögerungen bei der Übersetzung von Unionsdokumenten in die Landessprachen der EU-Mitgliedsstaaten - über die technischen Instrumente (Sprachendienst, Dolmetscher etc.) um den parlamentarischen Alltag zu bewältigen.

Woran es aber krankt ist der Einfluss der Bevölkerung auf die Europapolitik - etwa über Volksentscheide in Deutschland wie sie DIE LINKE fordert. Als etwa in Frankreich, den Niederlanden und Irland über die EU-Verfassung bzw. den Vertrag von Lissabon abgestimmt wurde, hat dies auch eine breite europäische Debatte in diesen Ländern befördert. Das oft bemühte Beispiel waren Pariser Taxifahrer, die aus den EU-Verträgen zitieren konnten. Wer eine hohe Wahlbeteiligung und lebendige Demokratie anstrebt, sollte daher mehr Demokratie in der EU wagen.

Dies muss übrigens nicht immer mit der Verlagerung von Kompetenzen nach Brüssel und Straßburg einher gehen, wenn hierdurch ein Verlust an demokratischer Kontrolle zu befürchten ist: Eine koordinierte Politik ist unbestritten sinnvoll, wenn es etwa um Mindeststeuern für Konzerne u.ä. geht, um Steuerdumping zu bekämpfen. Dazu braucht es aber Änderungen der EU-Verträge, die jeder Mitgliedsstaat mit einem Veto blockieren kann. Aber warum nicht auch mal den umgekehrten Weg gehen: Wenn etwa Abgeordnete anderer nationaler Parlamente auf Einladung der Fraktionen deren Redezeiten im Bundestag nutzen könnten und etwa Vertreter der griechischen Linken der Bundeskanzlerin auf eine Regierungserklärung zu einem EU-Gipfel antworten und der deutschen Bevölkerung erklären könnten, dass mit der Euro-Rettung nicht griechische Rentner sondern internationale Banken gerettet wurden, gäbe es in der deutschen Öffentlichkeit sicher am nächsten Tag eine lebhafte Debatte in Medien und Öffentlichkeit.

Davon unbeschadet unterstütze ich, wenn der frühzeitige Erwerb von EU-Fremdsprachen, Schülerbegegnungen, das Studium im EU-Ausland und auch Sprachkenntnisse im Beruf EU-weit stärker und verbindlich gefördert würden. Auch die Förderung von europäischen, öffentlich-rechtlichen Medien wie etwa der deutsch-französische Kulturkanal Arte sind mir ein wichtiges Anliegen. DIE LINKE bemüht sich darüber hinaus ihr Wahlprogramm und zentrale politische Dokumente in mehreren Sprachen aufzulegen. Da DIE LINKE keine Parteispenden von Unternehmen annimmt - worauf ich stolz bin- sind unsere Ressourcen hierfür gleichwohl begrenzt.

Beste Grüße,
Fabio De Masi