Frage an Gesine Lötzsch bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Gesine Lötzsch
DIE LINKE
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Frage von Herbert H. •

Frage an Gesine Lötzsch von Herbert H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

1. Werden Sie die Einrichtung einer sogenannten »Europäischen Friedensfazilität« zur Finanzierung von Militäreinsätzen sowie der Ausbildung und Aufrüstung von Streitkräften in Drittstaaten ablehnen?

Werden Sie in dem Fall, dass Deutschland der »Europäischen Friedensfazilität« zustimmt ...

2 ... sich dafür einsetzen, dass die Finanzierung und Lieferung von Waffen, Munition und anderer Kampfausrüstung durch die »Friedensfazilität« explizit ausgeschlossen werden?

3 ... sich dafür einsetzen, dass die Finanzierung und Lieferung von Kleinen und Leichten Waffen sowie der zugehörigen Munition durch die »Friedensfazilität« explizit ausgeschlossen werden?

4 ... darauf bestehen, dass die Nutzung der »Friedensfazilität« nicht den Prinzipien des Gemeinsamen Standpunktes der EU zur Kontrolle von Rüstungsexporten widersprechen darf?

5 ... sich für eine effektive parlamentarische Überwachung der Maßnahmen im Rahmen der »Friedensfazilität« einsetzen?

6 ... sich für eine effektive Vor-Ort-Kontrolle des Endverbleibs aller im Rahmen der »Friedensfazilität« gelieferten Rüstungsgüter und eine konsequente Ahndung von Verstößen einsetzen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Helle,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Lötzsch, in deren Auftrag ich gerne antworten möchte.
1. Anders als es der Name nahelegt, handelt es sich hier nicht um ein Instrument, das den Frieden befördert, sondern um die Aufrüstung und Ertüchtigung von Armeen in Drittstaaten durch die EU. Dafür will die EU in den Jahren 2021 bis 2027 10,5 Mrd. Euro locker machen. DIE LNIKE als Friedenspartei lehnt dieses Vorhaben ab. Wir sehen für die EU andere Aufgaben: am vordinglichsten die Aufgabe, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen, zum Beispiel durch faire Wirtschaftsbeziehungen, großzügige Entwicklungszusammenarbeit und diplomatische Initiativen in Krisensituationen. Es gibt viele gute zivile Instrumente zur Konfliktprävention und -bewältigung. Diese Instrumente sind völlig unterfinanziert, während nun über 10 Mrd. Euro in die Aufrüstung von Armeen fließen sollen.

2./3. Selbstverständlich wird sich DIE LINKE immer gegen die Belieferung anderer Armeen mit Waffen und Munition wenden. Wir fordern das generelle Verbot von Rüstungsexporten. Das gilt nicht nur für den Bereich des kommerziellen Waffenhandels, sondern genauso für die Lieferung von Rüstungsgütern durch den Staat bzw. in diesem Fall durch die EU. Das betrifft alle Typen von Waffen. Ich bin mir sicher, dass die Länder, die da beliefert werden sollen, andere Unterstützung wesentlich dringender gebrauchen könnten. Dazu kommt, dass wir die Finanzierung von Rüstungslieferungen an Drittstaaten gar nicht für vereinbar mit den EU-Verträgen halten.

4./6. Rüstungsausfuhren aus der EU sollten sowieso nicht dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zur Kontrolle von Rüstungsexporten widersprechen. Das ist der Mindestanspruch. Dasselbe gilt für die Endverbleibskontrolle. Das sollte Standard sein. Wir wissen aber aus der Erfahrung mit bilateralen Rüstungsexporten aus Deutschland, dass es damit oft nicht weit her ist. Ständig werden Waffen aus Deutschland in Konflikten tödlich eingesetzt. Alle 14 Minuten stirbt ein Mensch durch eine Waffe aus Deutschland, sagt z.B. Terre des Hommes. Deshalb wären effektive Endverbleibskontrollen an sich absolut notwendig, aber wir machen uns keine Illusionen über die Durchführbarkeit. Deshalb, wie oben ausgeführt, gehen unsere Forderungen viel weiter.

5. Wir sind auch deswegen gegen ein EU-instrument zur Bewaffnung und Ausbildung von Drittstaaten-Armeen, weil wir die deutliche Gefahr sehen, dass darüber Standards, die wir in Mitgliedsstaaten haben, z.B. zur Begrenzung von Rüstungsexporten in Krisenregionen, weiter ausgehöhlt werden und parlamentarische Kontrolle noch schwieriger wird. Ich weiß wohl, dass auch Deutschland in Krisenregionen exportiert, aber wir erleben über die gemeinschaftlichen Rüstungsprojekte, etwa mit Frankreich, ja jetzt schon, wie selbst die niedrigen deutschen Standards weiter unterlaufen werden. Deshalb bin ich strikt dagegen, über die EU einen neuen Kanal zu schaffen, durch den Waffen an Drittländer geliefert werden können.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Norman Wolf

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