Frage an Helge Braun bezüglich Wirtschaft

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Helge Braun
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Frage von Dr. Detlev S. •

Frage an Helge Braun von Dr. Detlev S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Braun

Ich bitte höflich um Ihre Mitteilung, wie Sie als Volksvertreter aus meiner Region abstimmen werden:

---Ob Sie bei der kurzfristig anstehenden Abstimmung einer Rettungsfinanzierung für spanische Banken durch ESM u.a. grundsätzlich zustimmen werden.

---Und wenn ja, ob Sie ohne gleichwertige und belastbare Gegenverpflichtungen des Spanischen Staates ( als für seine Banken haftend ) zustimmen werden.

---Und wenn nein, ob Sie ähnlich dem finnischen Modell sehr klare Festlegungen einfordern werden.

Ja oder nein genügen, bitte keine umfangreichen Erklärungen, ich möchte in der Ferienzeit nicht Ihr Büro blockieren.

Mit besten Grüßen

D. Schlebusch

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CDU

Sehr geehrter Herr Schlebusch,

vielen Dank für Ihre Nachricht über Abgeordnetenwatch. Mein Abstimmungsverhalten bei Namentlichen Abstimmungen im Deutschen Bundestag kann auf der Seite www.bundestag.de, aber auch hier auf Abgeordnetenwatch nachvollzogen werden. Dort finden Sie auch die Beschlussgrundlagen.
Ich möchte gerne die Möglichkeit nutzen, um Ihnen die schwierige Abwägung, die ich als Ihr Abgeordneter bei jeder dieser Abstimmungen zu treffen habe, deutlich zu machen. Ohne die befürchteten umfangreichen Erklärungen werde ich leider dabei nicht auskommen.
Die deutsche Bundeskanzlerin und der deutsche Finanzminister sind in meinen Augen die größten Kämpfer gegen eine gemeinschaftliche Haftung für Staats- oder Bankschulden. Gleichzeitig stemmen sie sich in Europa gegen eine Inflationierung zum Abbau der Staatsschulden. Damit unterstützen Sie auch die unabhängige Position der Bundesbank. Dennoch stellen sich Möglichkeiten und Auswirkungen politischer Entscheidungen oft komplexer und vielschichtiger für die Verantwortung tragenden Akteure dar als in der rein ökonomischen Analyse.

Das gilt auch für mich als Ihrem Abgeordneten im Deutschen Bundestag, der im Rahmen der Budgethoheit des Parlamentes Sorge zu tragen hat, nach bestem Wissen und Gewissen für die Bürger meines Wahlkreises und unser Land insgesamt zu handeln.

Die Bundesregierung ist weiterhin bereit, den Griechen zu helfen. Sie tut dies nicht allein aus Besorgnis über die soziale und politische Lage in Griechenland, sondern auch aus eigenen, deutschem Interesse.
Und zwar mit Mitteln des ESM-Fonds, mit deutschem Know-How in der Schaffung eines Katasterwesens und der Finanzverwaltung, mit Wachstumsimpulsen durch die Europäischen Strukturfonds.
Diese Hilfe setzt denn Willen der Kooperation von griechischer Seite voraus. Sie erfolgt nicht bedingungslos, sondern nur, wenn Griechenland Maßnahmen fortführt, die langfristig seine Kreditwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellt.
Selbst wenn sich das griechische Volk entschließen sollte, den Euro-Raum zu verlassen, werden die Auswirkungen auf Europa und Deutschland besser zu kontrollieren sein, als vor zwei Jahren. Ich glaube deshalb, dass die Politik der Bundesregierung in den letzten beiden Jahren richtig war.

Im Vergleich zur Bankenkrise, die ab 2007 ihren Anfang in den USA genommen hatte, ist es den europäischen Regierungen gelungen, die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise stärker zu kontrollieren. Der griechische Schuldenschnitt im März diesen Jahres erfolgte zu einem großen Anteil durch einen freiwilligen Verzicht der Gläubiger. Der erzwungene Verzicht anderer Gläubiger und das damit verbundene Kreditereignis, dass die Auszahlung von Kreditausfallversicherungen zur Folge hatte, verlief ohne Verwerfungen.

Das zeigt sich auch an folgenden Daten: Die Bundesbank rechnet trotz des Wirtschaftsaufschwungs in Deutschland mit einer moderaten Inflation zwischen zwei und drei Prozent, der Innenwert des Euros ist also stabil. Während die Schweizer Wirtschaft massive Probleme durch eine Aufwertung des Franken hat, feiern deutsche Unternehmen Exporterfolge, weil der Euro als Gemeinschaftswährung eines großen Währungsraumes weniger starken Schwankungen unterworfen ist.

Das Ausland spricht schon vom neuen Deutschen Wirtschaftswunder. Deutschland befindet sich im Moment in einem historischen Moment wirtschaftlicher Stärke und ist damit in Europa und der westlichen Welt einzigartig. Lohnzurückhaltung, Strukturreformen, sowie Investitionen in Bildung, Forschung und gefragte Technologien haben es geschafft, dass Schwellenländer ihren Strukturwandel mit deutschen Produkten meistern und damit die einbrechende Nachfrage unserer etablierten Handelspartner ausgleichen können.
Die positive Entwicklung kommt bei den Menschen an: Die Jugendarbeitslosigkeit, die unsere südeuropäischen Nachbarn vor große Herausforderungen stellt, ist in Deutschland inzwischen die niedrigste in ganz Europa. Die Zahl der Arbeitslosen ist unter die Drei-Millionen-Grenze gesunken und die niedrigste seit 18 Jahren.
Die Tarifabschlüsse zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie, im öffentlichen Dienst, die jüngste Erhöhung der Renten und die weiter stetige Erhöhung der Investitionen in Bildung und Forschung stehen im krassen Gegensatz zu den Möglichkeiten unserer europäischen Nachbarn. Das kann uns stolz machen, verpflichtet uns aber auch, diese kluge Politik fortzusetzen.

Aus dieser Position der Stärke erwächst eine Verantwortung. Wir erleben in Europa die längste Periode von Frieden, die es in der Geschichte je gab. Das ist ein Verdienst der europäischen Integration. Wir müssen diese Krise nutzen, um Europa und unsere Währungsgemeinschaft weniger anfällig zu machen.
Der Ausbruch der Staatsschuldenkrise war, dass Gläubiger hoch verschuldeten und wirtschaftsschwachen Staaten, das Vertrauen verloren hatten, dass diese Länder ihre Schulden zurückzahlen können. Die Lösung dieses Problems ist nicht, wie es SPD, Grüne und Linke glauben, die internationalen Märkte zu mehr blinder Gutgläubigkeit zu erziehen. Vertrauen können diese Länder nur wiedererlangen, wenn sie Perspektiven entwickeln, zuverlässige Schuldner zu sein.
Diese Perspektiven verlangt auch die Bundesregierung, wenn sie den europäischen Partnern hilft.
Dabei hat sie immer die verbundenen Gefahren für deutsche Sparer und Banken, Arbeitnehmer und Unternehmer, sowie für Frieden und Sicherheit in Europa im Auge.

Eine Einführung von Euro-Bonds, wie sie Jürgen Trittin, dem der Ehrgeiz Finanzminister einer rot-grünen Bundesregierung werden zu wollen, nachgesagt wird, gleich zum Beginn der Krise gefordert hatte, hätte nicht nur die Krise nicht gelöst, sondern sie auch nach Deutschland gebracht. SPD, Grüne und Linke lassen sich von einem Urteil des Verfassungsgerichtes dennoch nicht entmutigen und fordern jetzt einen gemeinsamen Fonds, in den die Staaten ihre Schulden einbringen. Das sind Euro-Bonds durch die Hintertür und das Gegenteil von seriöser Politik.

Die Bundesregierung strebt ein Schlussmachen mit neuen Schulden bereits ab 2014 und danach eine Rückführung der bestehenden Schulden an. Geregelte Finanzen sind der einzige Weg, nicht vom Wohlwollen der internationalen Gläubiger ausgesetzt zu sein. Alle europäischen Länder führen mit dem Fiskalpakt ähnliche Regelungen ein. Jeder muss seine Haushalte selbst in den Griff bekommen, alle müssen gemeinsam darüber wachen. Deutschland muss hier Vorbild sein.
Deshalb ist das was Hannelore Kraft als präventive Sozialpolitik verklärt, nämlich Geschenke auf Pump zu machen, das Gegenteil von Prävention. Deshalb sind Euro-Bonds und bedingungslose Hilfe für Länder wie Griechenland, wie mein Wahlkreismitbewerber Rüdiger Veit fordert, um soziale Härten für die Griechen abzufedern nicht nur eine Gefahr für den Wohlstand der Deutschen, sondern der Weg in die nächste Krise. Wir brauchen aber eine seriöse und verlässliche Politik. Für weniger Schulden, für ein stärkeres Europa. Ich bin guter Hoffnung, dass die Mehrheit der Deutschen diese zutiefst bürgerlichen Überzeugungen teilt.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Helge Braun

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