Frage an Hubertus Heil bezüglich Soziale Sicherung

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Hubertus Heil
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Frage von Alina H. •

Frage an Hubertus Heil von Alina H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Minister Heil,

ich wende mich an Sie, da Sie einen großen Beitrag zur Umsetzung des Angehörigenentlastungsgesetz, geleistet haben. Dafür bin ich Ihnen persönlich sehr sehr dankbar!
In meinem Fall ist es ja so, dass ich immer noch rückständigen Unterhalt dem Sozialamt gegenüber schuldig bin. Nach Erhalt der RWA und Auskunftserteilung meiner finanziellen Situation, hat die Berechnung acht Monate gedauert. Da ich viele Fehler entdeckt habe, habe ich mit anwaltlicher Hilfe quasi Widerspruch eingelegt. Alles fristgerecht. Jetzt sind neun Monate vergangenen, bis ich endlich eine Rückmeldung erhielt. Die Sachbearbeiterin schrieb dazu nur, dass sie erkrankt war. Das neue Schreiben verlangt weitere Nachweise und fordert die selbe Summe, die inzwischen auf 8500 Euro angewachsen ist.
Jetzt haben wir doch die Pandemie. Ich bin durch meinen systemrelevanten Beruf (Apotheke) wirtschaftlich NOCH nicht sehr betroffen. Aber Rücklagen kann ich mir nicht bilden, wenn ich diese horrende Summe zurückbezahlen muss. Wir wissen doch alle nicht, was und wie lange und wie einschneidend diese Krise auf jeden einzelnen Menschen wirken wird. Da die Bearbeitungszeit vom Sozialamt so langwierig ist, habe ich schon gar nicht mehr damit gerechnet, überhaupt noch was zu hören. Und gerade jetzt, wo jeden die finanzielle Not treffen kann, bin ich von einem Schuldnerschutz ausgegangen.
Diese Lage lässt mich wirklich verzweifeln.
Gibt es hierzu keine Regelung? Da es für meine Mutter laufende Unterhaltskosten sind, verstehe ich nicht, warum bei Forderungen nicht schneller reagiert? Mittlerweile ist es ja quasi zu einer „Kapitalanlage“ für den SHT herangewachsen.

Mit freundlichen Grüßen

A. H.

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Sehr geehrte Frau Hentschel,

vielen Dank für Ihre Frage zu dem Angehörigenentlasungsgesetz. In den vergangenen Monaten haben mich sehr viele Zuschriften erreicht, so dass ich leider erst jetzt auf Ihre Frage antworten kann.

Vielen Dank, dass Sie Ihre persönlichen Erlebnisse mit mir teilen. Ich kann gut verstehen, dass die Situation eine Herausforderung und Belastung für Sie darstellt. Folgende Informationen kann ich Ihnen zu Ihrer Lage mitgeben:

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz werden Kinder und Eltern, die gegenüber Leistungsbeziehern nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) unterhaltsverpflichtet sind, entlastet. Hierzu wurde die Unterhaltsheranziehung von Eltern und Kindern mit einem jeweiligen Jahresbruttoeinkommen von bis zu 100.000 Euro in der Sozialhilfe ausgeschlossen. Die Möglichkeit eines Unterhaltsrückgriffs durch den Sozialhilfeträger ist entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des Angehörigen-Entlastungsgesetzes ab dem 1. Januar 2020 beschränkt, eine rückwirkende Anwendung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes ist nicht möglich. Die Unterhaltsverpflichteten müssen nun keine weiteren Schritte einleiten. Es wird grundsätzlich vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro nicht überschreitet.

Die feste Grenze von 100.000 Euro hat sich in der Praxis als praktikabel erwiesen. Die 100.000 Euro-Grenze ist auf die Entlastung der gesamten Mittelschicht ausgerichtet. Dies gilt für Familien und gleichermaßen für auch für Einpersonenhaushalte. Ein Einkommen über dieser Grenze stellt insgesamt sowohl für Familien als auch für Einpersonenhaushalte die Ausnahme und nicht die Regel dar. Zudem scheint es nach heutigen Maßstäben sachgerecht, die Angehörigen mit einem Einkommen über 100.000 Euro heranzuziehen.

Darüber hinaus besteht die 100.000 Euro-Grenze in dieser Form bereits seit ihrer Schaffung am 1. Januar 2005 im Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), § 43 Abs. 5 SGB XII. Zuvor gab es diese Grenze bereits im damaligen Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG). Sie hat sich über diesen langen Zeitraum nachweislich bewährt und sollte daher jetzt vom Gesetzgeber nicht in ihrem Regelungskern verändert, sondern lediglich zugunsten der anderen Unterhaltsverpflichteten von leistungsberechtigten Personen im SGB XII ausgeweitet werden.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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