Frage an Jan Philipp Albrecht bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Jan Philipp Albrecht
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gerhard K. •

Frage an Jan Philipp Albrecht von Gerhard K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Hallo H. Albrecht
ich habe einen Wohnsitz in Italien, Region Marken, Provinz Ancona. Mein Anwesen befindet sich in einer baeuerlichen Kulturlandschaft mit Olivenhainen, Weinbergen, Wald- und Buschlandschaft. Eigentlich ein Paradies fuer Voegel und Niederwild, im Winter Ausweichquartier unserer in Deutschland heimischen Vogelarten. Das ital. Jagdgesetz erlaubt es den hiesigen Jaegern von Ende September bis Mitte Februar auf alles was fliegt gnadenlos Jagd zu machen. Der bereits geringe Bestand ist am Ende der Jagdzeit fast ausgerottet. In einem Umkreis von ca. 1 km um mein Anwesen fallen in einer Jagdsaison min. 100 Schuss. Als Folge hat zum Beispiel eine Amsel eine Fluchtdistanz von 100 m. Nach dem Wintereinbruch im November in Deutschland trafen hier viele Gaeste wie Buchfinken, Meisen, Kleiber usw. ein die gnadenlos aus reiner Schiesswut beschossen werden. Wir bemuehen uns in Deutschland mit viel Muehe die Vogelvielfalt zu erhalten, erlauben aber dem EU Land Italien eine unkontrollierte Jagd bis zur Ausrottung. Hier singt im Fruehjahr kein Vogel. Meine Frage an sie, kann man nicht ueber die EU die Italiener zwingen sich an der Erhaltung der Natur zu beteiligen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kohlwig,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Vogeljagd in Italien. Ich verstehe Ihre Besorgnis sehr gut, tatsächlich ist es für uns hier in Deutschland nicht nachvollziehbar, warum in Italien, aber auch in anderen Ländern wie Frankreich oder Malta, Singvögel in größerem Umfang gejagt werden. Zumal diese häufig nicht einmal zum Verzehr getötet werden. Besonders ärgerlich ist, dass Zugvögel wie der Kiebitz hier in Deutschland auf der Roten Liste stehen, dort aber gejagt werden dürfen.

Seitens der EU wird die Jagd auf Vögel durch die Vogelschutzrichtlinie geregelt, die Sie hier finden: http://europa.eu/legislation_summaries/environment/nature_and_biodiversity/ev0024_de.htm .

In der Richtlinie ist festgesetzt, welche Vögel in welchen Ländern bejagt werden dürfen, insgesamt 82 Arten. Dort ist auch festgelegt, dass Netze oder Fallen generell verboten sind, ebenso die Jagd während der Brut- und Aufzuchtzeit. Umgesetzt werden diese Vorgaben jedoch durch die jeweiligen nationalen Regelungen. Wie streng die Vorgaben sind, hängt jeweils von den einzelnen Mitgliedsstaaten ab.

Allerdings ist es auch schon zu Vertragsverletzungsverfahren gekommen. 2007 wurde Malta z.B. vom Europäischen Gerichtshof aufgefordert, die Genehmigung für die Frühjahrsjagd auf Turteltauben und Wachteln zurück zu nehmen. Gegen Italien laufen seit Jahren solche Verfahren, da einige Regionen Rechtsvorschriften und Ausnahmeregelungen verabschiedet haben, die die Bejagung von Vögeln entgegen den Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie erlauben. Die EU versucht neben den Vertragsverletzungsverfahren durch EU-Mittel Projekte zu fördern, die den Schutz von Singvögeln voranzutreiben.

Doch natürlich muss vor allem die Einhaltung der Gesetze durch die Behörden vor Ort kontrolliert und bestraft werden. Obwohl sich hier in den letzten Jahren schon einiges getan hat, ist die Zahl der illegal in Netzen oder mit Leimruten gefangenen Vögel viel zu hoch.

Vielfach wird irrtümlich vermutet, dass die Populationen von Zugvögeln sehr groß sind. Aufklärungsarbeit tut hier weiterhin not. Vielleicht haben Sie selbst ja auch die Gelegenheit, mit den Menschen vor Ort über die Problematik zu sprechen und so auch die Italienerinnen und Italiener dafür zu sensibilisieren sowie beispielsweise Kampagnen wie jene des NABU zu unterstützen.

Innerhalb des EU-Parlaments werden wir Grünen uns weiterhin für den Schutz der Umwelt einsetzen und die weitere Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie in den Mitgliedsstaaten kritisch begleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Philipp Albrecht