Frage an Joachim Schuster bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

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Joachim Schuster
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Frage von Claus S. •

Frage an Joachim Schuster von Claus S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Schuster,

in der Coronakrise braucht die EU mindestens eine Billion Euro - und ein gemeinsames Finanzierungsinstrument. Die Lösung wäre eine "ewige Anleihe", die nie zurückgezahlt werden muss. Das erklärt der US-Milliardär George Soros in einem Gastbeitrag für den Spiegel.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/george-soros-fordert-ewige-anleihen-die-eu-muss-sich-zusammenraufen-a-6df11c82-a27f-42e6-b2db-14125c124efe

Was halten Sie von dem Vorschlag?

Mit freundlichen Grüßen

C. S.

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Sehr geehrter Herr S.

eine „ewige“ Anleihe wäre sicherlich eine Möglichkeit, um die Finanzmittel zur Linderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise aufzubringen. Gleichwohl bin ich skeptisch, ob dies der beste Weg wäre.

Aus meiner Sicht ist es zwar absolut notwendig, europäische Schulden aufzunehmen. Allerdings gibt es wenig Gründe, weswegen diese nicht in einem angemessenen Zeitraum getilgt werden sollen. Denn alles deutet darauf hin, dass, sollte die Krise nicht zu lange dauern, die Wirtschaft wieder relativ rasch in Gang kommen wird, zumal der Kapitalstock der Wirtschaft zur Zeit noch nicht nachhaltig beeinträchtigt ist. Dementsprechend würden sich auch die öffentlichen Einnahmen wieder stabilisieren. Zudem würde es sich anbieten, die Tilgung von Anleihen durch eine stärkere europäische Harmonisierung der Unternehmenssteuern, der Einführung einer Digitalsteuer und einer Finanztransaktionssteuer zu gewährleisten.

Verschuldung ist für mich ein wichtiges Element antizyklischer Wirtschaftspolitik. D.h. aber auch, in guten wirtschaftlichen Phasen sollten die Schulden in angemessener Zeit und in angemessenem Umfang getilgt werden, um die Handlungsfähigkeit in zukünftigen Krisen aufrechtzuerhalten. Um nicht missverstanden zu werden: Ich halte die Bestimmungen des Wachstums- und Stabilitätspaktes, der die Grundlage der Austeritätspolitik der EU in den letzten Jahren war, für falsch. Aber zwischen diesem Regelwerk und einer vernünftigen antizyklischen Wirtschaftspolitik gibt es erhebliche Unterschiede.

Ob die Verschuldung der EU mindestens eine Billion € umfassen muss, halte ich übrigens auch für eine willkürliche Setzung. Sicherlich brauchen wir im Gesamtumfang etwa solche Summen. Ob diese alle von der EU aufgenommen werden sollen, welche Rolle die Europäische Investitionsbank spielen sollte und was gegebenenfalls insbesondere die nicht so gravierend betroffenen Staaten selbst beisteuern sollten, wäre noch zu diskutieren.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Schuster

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