Wieso haben sie bei der gestrigen Abstimmung, ob Russland als staatlicher Unterstützer von Terrorismus bezeichnet werden soll, mit nein abgestimmt?

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Joachim Schuster
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Frage von Matthias S. •

Wieso haben sie bei der gestrigen Abstimmung, ob Russland als staatlicher Unterstützer von Terrorismus bezeichnet werden soll, mit nein abgestimmt?

Sehr geehrter Herr Schuster,
Insbesondere nach den letzten Angriffen Russlands auf zivile Infrastruktur, z.B. das Stromnetzt und die Wärmeversorgung, hat mich ihre Entscheidung sehr verwirrt.
P.S.
Schauen sie sich gerne einmal an, wer noch gegen diesen Vorschlag gestimmt hat.
Hier eine Liste: https://www.youtube.com/post/UgkxMM83YnwONzjcL2sDFEGNIbx8YwEXuMXK

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Sehr geehrter Herr S.,

ich habe aus folgenden Gründen gegen die Resolution gestimmt:

Ich verurteile selbstverständlich den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und stimme der politischen, finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine zu. Das hat das Europäische Parlament in verschiedenen Resolutionen zum Ausdruck gebracht. Und ich bin auch der Überzeugung, dass Russland in diesem Krieg grauenhafte Kriegsverbrechen begeht.

In der jüngsten Resolution soll Russland aber zusätzlich als Terrorismus unterstützenden Staat verurteilt werden. Allerdings ist völkerrechtlich - anders als bei Kriegsverbrechen - nicht definiert, welche Kriterien eigentlich für eine solche Klassifizierung erfüllt sein müssen. Denn die Einführung einer solchen Klassifizierung würde ohne Zweifel eine internationale Debatte auslösen, welche Staaten ebenfalls so bezeichnet werden müssen. Wichtiger ist zudem, dass überhaupt nicht klar ist, welche Konsequenzen eine solche Klassifizierung nach sich ziehen soll.

Die Resolution gibt dazu aber Konsequenzen vor: Sie fordert, die ohnehin schon deutlich eingeschränkten diplomatischen Beziehungen mit Russland auf ein Minimum zurückzufahren und zu versuchen, Russland international zu isolieren. Das halte ich für falsch und deswegen habe ich dann auch gegen die Resolution gestimmt.

Denn eine internationale Isolierung wurde schon versucht, ist aber gescheitert. Das zeigen die UN-Resolutionen zur Verurteilung Russlands. Die Staaten, die die Resolution abgelehnt haben, sich enthalten haben oder nicht an der Abstimmung teilgenommen haben, repräsentieren mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, so dass man nicht gerade von einer Isolierung reden kann. Als Reaktion darauf haben die westlichen Staaten auch eine andere Strategie eingeschlagen, nämlich wichtige Staaten wie China, Indien oder Südafrika dazu zu bringen, die Drohung mit Nuklearwaffen zu verurteilen und Russland zu einer Beendigung des Krieges aufzufordern. Dies ist etwa auf dem G20 Gipfel gelungen. Das ist aus meiner Sicht positiv. Die EP-Resolution hält eine solche Politik aber für falsch.

Zudem halte ich es für wichtig, dass auch über Mittel der Diplomatie weiter nach Wegen gesucht wird, den Krieg zu beenden oder zumindest humanitäre Verbesserungen zu erreichen. Genau das haben übrigens in dieser Woche Präsident Macron und Präsident Biden unterstrichen, dass sie daran arbeiten. Auch dies wird von der EP-Resolution als falsch eingestuft.

Russland verurteilt habe ich schon an mehreren Stellen. Ich halte aber nichts davon, eine Resolution zu unterstützen, die auf eine falsche Politik setzt.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Schuster

 

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