Wäre es angesichts der leeren Kassen (Haushaltsloch von 60 Mrd. €) jetzt nicht an der Zeit zum Erhalt des SOZIALSTAATES das Gebäudeenergiegesetz samt seiner kostspieligen Förderungen zurück zunehmen?

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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Andreas L. •

Wäre es angesichts der leeren Kassen (Haushaltsloch von 60 Mrd. €) jetzt nicht an der Zeit zum Erhalt des SOZIALSTAATES das Gebäudeenergiegesetz samt seiner kostspieligen Förderungen zurück zunehmen?

Sehr geehrte Frau Dröge,
ist den Grünen, dieses GEG, das den Bürgern in ihrem intimsten und privatesten Lebensbereich des eigenen Zuhauses (aus dem sich der Staat eigentlich raushalten sollte) massive VORSCHRIFTEN hinsichtlich der zukünftigen Heizungswahl macht und durch das die Werte diverser älterer (nicht gedämmter) Bestandsimmobilien (oft zur Altersvorsorge bestimmt) massiv gefallen sind, wichtiger als der SOZIALE ZUSAMMENHALT und die Lebensumstände der Bürger (hohe Energiekosten i.V. m. mangelnden Sozialleistungen)?
Der Ruf nach Kürzungen im SOZIALEN BEREICH ist knapp eine Woche nach dem Verfassungsgerichtsurteil, das zu o.g. Haushaltsloch führte, nicht zu überhören.
Wo soll PREISWERTER STROM für die Wärmepumpen und E-Autos herkommen?
Sind Sie bereit Ihre Haltung zu Atomstrom neu zu überdenken und angesichts der schon jetzt hohen Strompreise in Deutschland ggf. sich für den Bau neuer, effektiver ATOMKRAFTWERKE einzusetzen bzw. die alten AKW's wieder ans Netz zu nehmen?
Danke
MfG.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Als Bündnisgrüne Bundestagsfraktion stehen wir für starke soziale Netze. Wir wollen Schritt für Schritt die sozialen Systeme so verändern, dass sie allen Menschen Sicherheit und Halt geben und ihnen Teilhabe ermöglichen, gerade in Zeiten persönlicher und gesellschaftlicher Umbrüche. Das gilt heute genau so wie vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Bundeshaushalt. Aus Grüner Sicht gäbe es nun diverse Möglichkeiten, um die finanziellen Spielräume zu erweitern und so sowohl Zukunftsinvestitionen in unsere Wirtschaft sowie Investitionen in unseren sozialen Zusammenhalt zu ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise der überfällige Abbau klimaschädlicher Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg oder der Kerosin-Subventionierung. Auch Vorschläge für eine gerechtere Steuerpolitik liegen auf dem Tisch. Für diese Vorschläge gibt es bislang in der Koalition keine Mehrheit.

Wir begrüßen aber ausdrücklich, dass die Maßnahmen des Gebäudeenergiegesetzes auch nach dem Urteil durch den Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert werden. Denn wir sind davon überzeugt, dass Klimaschutz nur sozial funktioniert. Dementsprechend haben wir uns auch im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für starke Entlastungen eingesetzt, die Immobilieneigentümer*innen und Mieter*innen abholen – und durch den KTF finanziert werden. Gerade für die häufig angesprochene Generationengerechtigkeit ist die Finanzierung des GEGs ein zentraler Baustein, denn das Programm ist ein Meilenstein für den Klimaschutz.

Klar ist dabei auch, dass wir nach dem Urteil nicht an elementaren Sozialleistungen des Staates kürzen werden. Damit entsprechen wir unserer politischen Überzeugung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dementsprechend muss der Staat ein menschenwürdiges Existenzminimum für alle garantieren. Deshalb kann beispielsweise das Niveau des Bürgergelds und von Grundsicherungsleistungen nicht willkürlich abgesenkt werden. Darüber hinaus ermöglichen wir weiterhin durch den KTF-Entlastungen für alle Bürger*innen, wie beispielsweise die Abschaffung der EEG-Umlage.

Zu Ihrer letzten Frage: Kernenergie ist teuer, unsicher und nicht klimaneutral. Die Argumente für die Atomenergie basieren häufig schlicht auf Verkürzungen oder Unwahrheiten. Hartnäckig hält sich eben jener Mythos, dass die Atomkraft besonders günstig sei. Das Gegenteil ist der Fall. Die Atomkraft verursacht hohe Kosten und das über die gesamte Lebenspanne dieser Technologie – von Bau und Betrieb bis zu Rückbau und Endlagerung des strahlenden Mülls. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Kosten von einer Kilowattstunde Atomstrom bis zu viermal so hoch sind wie die Kosten von einer Kilowattstunde Wind- oder Solarenergie. Während die Kosten für Erneuerbare überall sinken, sind die Kosten für AKW seit dem Bau der ersten Kraftwerke gestiegen.

Grundsätzlich gilt: Je länger eine Technologie existiert, desto günstiger wird sie durch Lerneffekte und Standardisierung. Nicht so aber bei Atomkraftwerken: Im Vergleich zu den 70er Jahren haben sich Baukosten verfünffacht. Bauprojekte der letzten Jahrzehnte haben sich massiv verzögert, ihre prognostizierten Projektbudgets um ein Vielfaches gesprengt und als ökonomisches Milliardengrab die finanziell verantwortlichen Unternehmen ins Wanken gebracht. Entsprechend sind AKW für private Kapitalgeber*innen unrentabel und nicht wettbewerbsfähig. Daher war und ist bis heute jedes AKW auf staatliche Subventionen angewiesen, die Steuerzahler weltweit belasten. Kurzum: Die Atomkraft war, ist und bleibt eine der teuersten Stromerzeugungstechnologien. Sowohl aus politischer als auch aus ökonomischer Perspektive ergibt es keinen Sinn, Milliarden in eine nicht wettbewerbsfähige Hochrisikotechnologie zu investieren anstatt in verfügbare risikoärmere, klimafreundliche erneuerbare Technologien.

Erneuerbare Energien sind nachweislich die günstigste Energieform. Deshalb hat Wirtschaftsminister Habeck mit der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) die Grundlage für einen massiven Ausbau der Erneuerbaren geschaffen. Und das nach Jahren des Stillstands, beziehungsweise zum Teil sogar des Rückbaus durch die CDU. Wir haben gesetzlich verankert, dass bis 2030 mindestens 80 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren stammen muss. Und die Ausbauerfolge allein aus diesem Jahr zeigen, dass das möglich ist.

Mit freundlichen Grüßen

Team Dröge

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