Frage an Katrin Werner bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katrin Werner
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Frage von Thomas M. •

Frage an Katrin Werner von Thomas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Werner,

danke für Ihre Antwort. Leider haben sie meine Fragen nicht beantwortet, und es ergeben sich neue.

1. Wieso sind diese Menschen "gezwungen" ausgerechnet nach Deutschland zu kommen?

In unserer Nachbarschaft herrscht schließlich zum Glück nirgendwo Krieg. Laut EU Kommission, und das wurde jüngst in verschiedenen Talkshows ( Plaßberg ´hart aber fair´ bestätigt, haben 60% aller in die EU Einreisenden formal keinen Anspruch auf Asyl.

Die anderen europäischen Staaten werden Sie nicht unterstützen, weil die Regierungen dort zumeist keinen Wettbewerb um Parallelgesellschaften haben wollen, oder weil man bereits riesige Probleme mit der Migration hat. ( Pariser Banlieues, Brüssel Molenbeek etc. )

2. Daher nochmal ganz explizit; fordern sie ein "Bleiberecht für alle", auch auf die Gefahr hin, daß ihre eigenen Landsleute irgendwann darunter leiden werden?

Mit freundlichen Gruß,

T.Martini

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Martini,

Gerne werde ich auch auf ihre Folgefragen zu meinem Beitrag eingehen.

1. Entgegen der Unterstellungen, reist die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge, ca. 80-90 Prozent, nicht in die EU ein, sondern bleibt entweder im eigenen Land oder wird von den unmittelbaren Nachbarstaaten der Herkunftsländer aufgenommen. Nach Deutschland kommen nur ca. 0,6 Prozent der Flüchtlinge weltweit. Innerhalb der EU steht die Bundesrepublik zwar in absoluten Zahlen an der Spitze, jedoch liegen, gemessen an der Bevölkerungsgröße, die meisten Anträge in Schweden, Ungarn und Österreich vor. Damit liegt die Bundesrepublik europaweit keineswegs an der Spitze der Aufnahmestaaten in Europa.

Flüchtlinge fliehen vor Krieg und Bürgerkrieg, Völkermord und Vertreibung, drohender Verfolgung und Folter, vor lebensbedrohlichen Notlagen und systematischer Diskriminierung.
Kein Flüchtling verlässt seine Heimat freiwillig. Die Menschen müssen ihre vertraute Umgebung, geliebte Verwandte, häufig auch ihre Arbeit, Haus und Gut zurücklassen. Die Fluchtrouten sind zumeist sehr gefährlich. Zehntausende Menschen haben auf dem Weg in die EU bereits ihr Leben verloren, vor allem im Mittelmeer, weil es keine legalen und sicheren Einreisewege für Flüchtlinge gibt. Niemand tut so etwas, nur um hier Sozialhilfe zu beziehen, wie oftmals behauptet wird.

2. Wir setzen und dafür ein, Fluchtursachen zu bekämpfen und nicht die Flüchtlinge, damit Menschen ihre Heimat erst gar nicht verlassen müssen. Deutschland ist hier mit verantwortlich: Der Export von Waffen in alle Welt, eine fehlende Friedenspolitik und militärische Interventionen, unfaire Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, die Folgen des Klimawandels usw., all dies zwingt Menschen in die Flucht. Deutschland muss als reiche Industrienation entsprechend seiner Möglichkeiten einen gewichtigen Anteil bei der menschenwürdigen Aufnahme von Flüchtlingen übernehmen.

Dass das auf Kosten der eigenen Bevölkerung gehen würde, trifft nicht zu. Denn die einzigen Flüchtlinge, die wirklich teuer sind und sich auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger bereichern, sind Steuerflüchtlinge. So entgehen dem Staat jährlich durch Steuerflucht rund 100 Milliarden Euro. Mit diesem Geld wäre ein Sofortprogramm in Höhe von 25 Milliarden Euro finanzierbar: für bezahlbare Wohnungen für alle, mehr Geld für Kommunen, um Flüchtlinge anständig unterzubringen, und mehr Mittel für Qualifizierung, Integration und Sprachkurse. Und am Allerwichtigsten, um zu verhindern, dass Flüchtlinge und die restliche Bevölkerung gegeneinander ausgespielt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Katrin Werner