75 % der Deutschen befürworten eine Integrative Medizin (Umfrage Kantar TNS 2018; https://rb.gy/go51y ). Sollte dann nicht Naturmedizin der Schulmedizin gleichwertig gegenübergestellt werden?

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Kirsten Kappert-Gonther
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Frage von Maja T. •

75 % der Deutschen befürworten eine Integrative Medizin (Umfrage Kantar TNS 2018; https://rb.gy/go51y ). Sollte dann nicht Naturmedizin der Schulmedizin gleichwertig gegenübergestellt werden?

Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,
(Chronisch) Kranke erleben oft, dass die konventionelle Medizin allein nicht hilft, sich ihre Lebensqualität mit zusätzlichen Verfahren der Naturmedizin aber deutlich verbessert. Das Bündnis weil´s hilft! fordert daher eine gleichwertige Erstattung von Methoden aus der Komplementärmedizin (sprich: Klass. Naturheilverfahren, Anthroposophische Medizin, Homöopathie, Neuraltherapie, Osteopathie, Chinesische und Ayurvedische Medizin) durch die gesetzlichen Krankenversicherungen. Zudem fordern wir eine gleichwertige öffentliche Forschungsförderung dieser Verfahren und die Errichtung eines Bundesinstituts für Naturmedizin, sowie drittens die Aufnahme in die Aus- und Weiterbildungen in den verschiedenen Heil- und Pflegeberufen.
In der kommenden Volksabstimmung von Abstimmung21 wird über diese drei Forderungen abgestimmt werden. Wir würden sehr gerne wissen, wie Sie zu einer rechtlichen Gleichstellung stehen?
Mit freundlichen Grüßen vom weil´s hilft! Team

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau T.,

die Problemfelder in unserem Gesundheitswesen liegen aus meiner Sicht derzeit an anderen Stellen. Es gibt erhebliche Versorgungsprobleme für schwer und chronisch Kranke, der Zugang zu guter Geburtshilfe ist nicht flächendeckend gewährleistet. Es gibt Landstriche, wo Haus- oder Kinderärzt*innen nicht mehr unproblematisch erreichbar sind. Erhebliche Summen werden zu Lasten der Versicherten beispielsweise für Über- und Fehlversorgung verschwendet.

Auch wenn die Wirkung homöopathischer Arzneimittel nicht über den Placebo-Effekt hinausgeht, erleben viele Patient*innen diese als sehr hilfreich. Gerade chronisch Kranke, Eltern mit kleinen Kindern und Schwangere greifen zu homöopathischen Mitteln. Gerade in Fällen weniger schwerwiegender und nicht-akuter Erkrankungen ist die Komplementärmedizin eine sinnvolle Ergänzung zur Schulmedizin und kommt etlichen Patient*innen nebenwirkungsfrei zugute. Die Erstattung etwa über freiwillige Leistungen (Satzungsleistungen) der Krankenkassen ist derzeit gut geregelt und spiegelt den Wunsch der Mehrheit der Versicherten wieder. 

Vor diesem Hintergrund halte ich die Frage um die Finanzierung von Naturmedizin und homöopathischer Arzneimittel nicht für ein zentrales Problem der Gesundheitsversorgung – die so hitzig geführte Debatte erweckt leider zuweilen den gegenteiligen Eindruck.

Allerdings ist es erforderlich, einheitliche Standards festzulegen, auch im Bereich des Angebots von Komplementärmedizin. Es muss für Patient*innen klar erkennbar sein, welche Qualifikation die behandelnde Person hat und ob es sich um eine ärztliche Tätigkeit handelt oder nicht. Wir sprechen uns für eine Weiterentwicklung des bestehenden Heilpraktiker*innenrechts mit dem Ziel aus, die Anforderungen an die Tätigkeiten der Heilpraktiker*innen bundesweit zu überprüfen und zu vereinheitlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Kirsten Kappert-Gonther

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