Wie wollen Sie den Verlust des Flughafens Tegel als Tourismusmagnet Reinickendorf kompensieren und was ist Ihre Einstellung zur Klimapolitik?

PARTEI-Kandidat West-Berlin
Klaus Böttcher
Die PARTEI
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Frage von Pauline K. •

Wie wollen Sie den Verlust des Flughafens Tegel als Tourismusmagnet Reinickendorf kompensieren und was ist Ihre Einstellung zur Klimapolitik?

Sehr geehrter Herr Böttcher,
ohne TXL wurde es im wahrsten Sinne des Wortes still in Reinickendorf - was gedenken Sie dagegen zu unternehmen? Und welche Rolle wird Reinickendorf künftig beim globalen Klimaschutz spielen?

PARTEI-Kandidat West-Berlin
Antwort von
Die PARTEI

Sehr geehrte Frau K.-K.,

ich bedanke mich für Ihre Frage und für das Interesse an mich als Kandidat und für meine Partei, also die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative – kurz Die PARTEI.

Da Sie mich zum Thema „Umwelt“ befragen, gehe ich mal davon aus, dass Sie noch sehr jung sind.

Deshalb möchte ich Ihnen etwas zum Flughafen Berlin-Tegel – auch unter TXL bekannt – erzählen.

Ich wohne ja ziemlich nah am Flughafen Tegel. Jahrelang konnte ich darauf vertrauen, dass ich morgens pünktlich um 6.00 Uhr durch harmonisches Turbinen- bzw. Motorengesäusel geweckt werde. Wie der Volksmund so schön sagt, konnte ich meine analoge Zeigeruhr danach stellen. Den großen Zeiger auf die 12, den kleinen auf die 6. Sie als sehr junge Frau werden solche Uhren nicht mehr kennen. Meine Armbanduhr war ziemlich teuer, also so um die 55 DM (Deutsche Mark). Das war damals ganz schön viel Geld. Trotzdem ist das Ding permanent falsch gegangen. Aber weiter zum Flughafen. Das Flughafengelände war ursprünglich ein Teil der Jungfernheide und diente den Preußen-Königen als Jagdrevier. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war dem Deutschen Reich aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags ein Wiederaufbau von Luftstreitkräften verboten. Deshalb wurde die Entwicklung von Luftschiffen in Tegel eingestellt und die Luftschiffhalle abgebrochen. Am 27. September 1930 wurde der Raketenschießplatz Tegel unter der Leitung von Rudolf Nebel eröffnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände als Truppenübungsplatz von Flak-Regimentern der Luftwaffe genutzt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war das Tegeler Gelände von Bombenkratern durch alliierte Luftangriffe übersät und die dort stehenden Gebäude weitgehend zerstört. Während der sowjetischen Blockade West-Berlins richtete die französische Besatzungsmacht zusammen mit US-amerikanischen Spezialisten und deutschen Arbeitskräften zur Unterstützung der Berliner Luftbrücke in 90 Tagen einen neuen Flugplatz  Der Flugbetrieb erfolgte weitgehend mit amerikanischen und britischen Flugzeugen, da die französischen Luftstreitkräfte nicht über eine ausreichende Anzahl an Transportflugzeugen verfügten und zudem im Indochinakrieg gebunden waren. Am 16. Dezember 1948 wurden die beiden Sendetürme des unter der Kontrolle der Sowjetischen Militäradministration stehenden und vom Berliner Rundfunk genutzten Radiosenders Sender Tegel von französischen Truppen gesprengt, da sie den Flugbetrieb beeinträchtigten. Den ersten regelmäßigen Linienflug nach Tegel nahm Air France ab dem 2. Januar 1960 in den Flugplan auf. Dies war der Beginn des zivilen Flugverkehrs in Tegel. Am 14. September 1961 – in einer durch den Mauerbau einen Monat zuvor sehr angespannten Phase des Kalten Krieges – landeten zwei F-84F Thunderstreak des Jagdbombergeschwaders 32 der Bundeswehr nach einem Irrflug über das Gebiet der DDR auf dem Tegeler Flughafen. Von April 1968 an zogen alle Charterfluggesellschaften von Tempelhof nach Tegel um, da Tempelhof überlastet war und das Passagieraufkommen nicht mehr bewältigen konnte. Die Flughafenanlagen Tegel-Süd entstanden zwischen 1965 und 1975. Das bis zuletzt genutzte sechseckige Hauptterminalgebäude, das sich am südlichen Ende des Flughafens befindet, wurde am 23. Oktober 1974 eingeweiht und am 1. November 1974 eröffnet. Zur Eröffnung wurden eigens die damals vier größten Großraumflugzeuge der Welt, eine Lockheed L-1011 der British Airways, eine McDonnell Douglas DC-10 von Laker Airways, eine Boeing 747-100 von PanAm sowie ein Airbus A300–B2 von Air France eingeflogen. Der erste planmäßige Flug – durchgeführt von Dan-Air mit einer BAC 1-11 – erreichte um sechs Uhr morgens von Teneriffa aus kommend, das Terminal. Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 endeten die alliierten Sonderrechte und alle Restriktionen im Berlin-Flugverkehr wurden aufgehoben. Tegel konnte damit auch von deutschen Fluggesellschaften angeflogen werden. Nun mal Klartext: Mit der Wiedervereinigung und mit der Aufnahme des Flugbetriebes durch deutsche Fluggesellschaften fing das Elend an. THF – also der Flughafen Tempelhof hatte seinen Betrieb eingestellt. Die Mauer hatte uns vor dem sozialistischen Umland geschützt. Jetzt war nicht mehr jede Himmelsrichtung Osten und DDR, jetzt umzingelte uns plötzlich Brandenburg und der DDR-Bonzenbezirk Pankow. Was aus Pankow geworden ist, können wir tagtäglich sehen, da das Elend vor unserer Haustür ist. Aus einem strammen DDR-Bonzenbezirk ist ein Bezirk geworden, in dem konzentriert viele kränkliche junge und mitteljunge Menschen wohnen, die unter Laktoseintoleranz und Glutenunverträglichkeit leiden. Besonders hervorheben muss man dabei den Pankower Stadtteil Prenzlauer Berg. Aber kommen wir wieder auf den Flughafen Tegel zurück. In Reinickendorf wurde gegessen, was auf dem Tisch kam. Bei uns fassten die Pankower Krankheiten keinen Fuß. Auch gab es bei uns ausreichend Nass- und Trockenrasierer, so dass man sofort an der guten Rasur sehen konnte, wer aus dem Prenzlauer Berg kam. Der letzte reguläre Linienflug erfolgte am 8. November 2020 mit einem Flug der Air France nach Paris CDG, da der Flughafen Tegel im damaligen Französischen Sektor Berlins mit einem Flug der Air France aus Paris eröffnet wurde: Nachdem er am Vortag um kurz nach 22 Uhr die vorletzte Landung durchgeführt hatte, hob der Airbus A320-200 als Air-France-Flug 1235 als einzige planmäßige Flugbewegung des Tages, nach einer ausgiebigen Taxirunde, um 15:39 Uhr ab. Die allerletzte Landung eines Flugzeuges erfolgte am 7. November 2020 durch den Airbus 319 D-AGWY der Eurowings als Ende des durch den Ratinger Sonderflugveranstalter AirEvents Rundfluges EW5239. Dieser landete um 22:06 Uhr, zwei Minuten nach dem A320 der Air France. Mit einer dicken nassen Träne aus meinem Auge und dem letzten Start einer Air-France-Maschine nach Paris endete der Luftverkehr in Tegel am 8. November 2020 nach mehr als 70 Jahren.

Für Frau Merkel (damalige Bundeskanzlerin) und so wurde noch die Flugbereitschaft der Bundeswehr am Laufen gehalten. Heute landen und starten nur noch Hubschrauber der Flugbereitschaft. Der Flugverkehr mit Regierungsflieger wurde nach Brandenburg zum BER verlegt. Und um es mal richtig zu stellen. Der BER liegt allein auf Brandenburger Territorium. Warum weltweit und in Bayern der Weltstadt Berlin das Dilemma beim Bau des Flughafens in die Schuhe geschoben wird, das erschließt sich mir nicht. Beschwert euch bei den Brandenburgern und bei Dobrindt.

Der sehr gute Ortsverband Berlin-Reinickendorf der Partei Die PARTEI hatte in Berlin das Alleinstellungsmerkmal, dass wir der einzige Berliner Ortsverband waren, der einen funktionierenden Flughafen hatte. Überheblich und abwertend wurde auf uns in Reinickendorf geschaut. Aber wenn die Loser aus den anderen Berliner Bezirken für ein paar Märkerchen/Euros ihren Last-Minute-Urlaub im Ausland verbringen wollten, waren sie auf unseren technischen Fortschritt angewiesen. Und dann kamen noch die Brandenburger dazu und die Sachsen und die Polen. Das Gestinke nach Kerosin und das Dröhnen der Flugzeuge wurde unerträglicher. Schon damals – also nach 1990 – hatte ich die Idee, mich an der Stadtautobahnzufahrt zum TXL festzukleben. Man kann mich also schon als Vorläufer der „Letzten Generation“ ansehen.

Da das Berliner Gemecker über die anstehende Schließung des Flughafens Tegel über die berühmte Berliner Freundlichkeit hinausging, beschloss unser sehr guter Ortsverband der PARTEI Reinickendorf, dass wir Start- und Landebahnen von Tegel nach Ost-Berlin in die Stalinallee verlegen und TXL in TXXL umbenennen. Auch wurde durch unseren Ortsverband ein unterirdischer Betrieb nach dem Vorbild von Stuttgart 21 angedacht. Diese Allee – also die Statlinallee - wurde schon zu Ulbrichts-Zeiten als Jubelallee genutzt und war breit genug. Aber wie es nun mal außerhalb von Reinickendorf ist, klappt nichts.

Sehr geehrte Frau K.-K., Sie fragen weiterhin, wie ich ohne TXL mit der Ruhe in Reinickendorf umgehe? Ich hatte eigentlich vor, Tauben zu füttern und Katzen zu jagen. Aber auch das Enten füttern am Tegeler See kam mir in den Sinn. Ich habe all das probiert. Aber das ist nicht mein Ding. Ich spare momentan auf eine Heimanlage mit ca. 1.000 Watt Ausgangsleistung, um meine Wohnanlage mit den Ärzten, Heavy Metal und Helene Fischer zu beschallen, so dass man sich hier wieder wohlfühlt. Das mit der Helene war nur Spaß.

Frau K.-K., Sie fragen nach meinen Vorstellungen für den globalen Klimaschutz? Dafür gibt es eine einfache Lösung. Seit einem Jahr gibt es eine sogenannte Fortschrittskoalition, auch liebevoll Ampel genannt. Eins haben sie drauf. Sie können sich geile Namen für alles ausdenken. Aber sonst so? Fragen Sie mich bitte nicht. Bekannt ist, dass die schießende Truppe den meisten Dreck in der Welt verursacht. Es gibt schießende Truppen, die machen weltweit Dreck und auch solche, die regional die Umwelt mit Panzer, Kanonen, Flugzeugträgern und anderen Zeug stressen. Aber es geht noch schlimmer. Neuerdings haben wir eine Außenministerin, die fleißig Flugmeilen sammelt. Sie hat mit ihrer Fliegerei rund um die Welt schon fast alle Urlaubs- und Kriegsgebiete bereist. Aber nur die, die gerade medial populär und geostrategisch wichtig sind. Das Restelend der Welt ist unwichtig. Wer will schon in den Jemen? Aber mal barfuß auf einer Insel im Pazifik laufen, das bringt Schlagzeilen. Ja, was will ich für den Klimaschutz machen? Wenn ich gewählt werde, dann sorge ich dafür, dass Flugzeuge, mit denen Annalena Baerbock reisen will, weltweit mit einem Start- und Landeverbot sanktioniert werden. Da kommt eine Menge an eingesparten CO2-Emissionen zusammen.

Liebe Frau K.-K., ich hoffe, dass ich Ihre Fragen ausreichend beantworten konnte, auch wenn meine Antwort sehr kurz ausgefallen ist.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe auf Ihre Stimme, auch wenn Sie nicht in Reinickendorf wohnen sollten.

Falls Sie noch weitere Fragen haben, ich bin ab und an beim Aldi oder Lidl oder im Kaufland. Im Kaufland können Sie mich daran erkennen, dass ich immer Jever im Einkaufswagen habe. Sprechen Sie mich also einfach an.

Freundliche Grüße

Die PARTEI, Martin Sonneborn (zukünftiger Regierender Bürgermeister von Berlin) und ich sind sehr gut!

Ihr Klaus Böttcher

PS: Ich gestehe, ein paar geschichtliche Dinge über TXL habe ich bei Wikipedia geklaut. Aber nicht alles. Beispiel: … dass ich früh um 6 von TXL geweckt wurde.