Frage an Klaus Lederer von Marko F. bezüglich Umwelt
Lieber Klaus Lederer,
in Müggelheim an der "Krummen Lanke" kann man derzeit derzeit schon im Minutentakt die Flugzeuge extrem lärmen hören, kaum 250 Meter über dem Kopf. Das ganze nennt sich dort aber Naturschutzgebiet und dürfte auch FFH-Gebiet sein. Wird das Land Berlin die hohen Strafen, die die EU dafür fordern könnte, zahlen oder die Anflugrouten verändern? Die Frage ist natürlich wohin man die Flugrouten verändern will, weil südöstlich erstreckt sich ein Naturschutzgebiet nach dem anderen. In der anderen Richtung stören die landschaftsgeschützten Müggelberge mit ihren über 100 Metern Höhe. Bleibt also der Naturschutz auf der Strecke?
Mit freundlichen Grüßen
Marko Ferst
Sehr geehrter Herr Ferst,
eingangs will ich einräumen, dass mir das von Ihnen geschilderte Problem im Detail nicht vertraut ist. Als Pankower kann ich aber Fluglärmdiskussionen gut nachvollziehen, denn diese führen wir hier bereits seit Jahren - auch über dem Vesaliusviertel, dem Sektor über der Breiten Straße und über dem Bürgerpark kann man die Flugzeuge im Minutentakt lärmen hören.
Ich denke, dass Diskussionen um Flugplatzstandorte, Flugrouten und Lärmschutz immer Diskussionen im Widerspruch unterschiedlicher Interessen sind, die alle jeweils für sich ihre absolute Berechtigung haben. Denn jede und jeder hat ein Problem mit Belästigungen, die sich auf seine Um- und Lebenswelt oder gar auf seine Gesundheit auswirken. Solange es Verkehr und Verkehrsmittel gibt, wird dies zu Belästigungen und Störungen führen und es muss im Interesse Aller liegen, diese Störungen so gering wie möglich zu halten und zwischen den beteiligten Interessen (einschließlich des Naturschutzes) einen vernünftigen Ausgleich zu finden. Vor diesem Hintergrund gilt für mich Folgendes:
1. Die innerstädtischen Flughäfen sind eine Gefahr für die Berlinerinnen und Berliner und eine erhebliche Belastung für Flora und Fauna. Sie sollten so schnell als möglich geschlossen werden.
2. Berlin braucht, unabhängig von konkreten Standortdiskussionen, einen leistungsfähigen Verkehrsflughafen. Berlin ist eine Metropole, die aus verschiedenen Gründen darauf angewiesen ist. Ich sage bewusst: EINEN Verkehrsflughafen, denn der Betrieb von 3 Berliner Flughäfen ist nicht nur kostspielig und unökonomisch, sondern auch eine ökologische Katastrophe (Belastung dreier Standorte mit Fluglärm, Dreck und Gefahren).
3. Die Linkspartei.PDS hat sich immer für den Standort Sperenberg eingesetzt. Als wir aber (erst) 2002 in der Situation waren, über diese Fragen mitentscheiden zu können, war das äußerst komplizierte und sehr kostspielige Planfeststellungsverfahren für den Standort Schönefeld derart weit fortgeschritten, dass es fiskalisch und zeitlich unmöglich gewesen wäre, es vollkommen neu aufzurollen. Hinzu kommt, dass wir hier nicht die einzigen Akteure sind, da die Gesellschaft von Bund, Brandenburg und Berlin gehalten und betrieben wird und die Absprachen zum Bau des Flughafens auf einem Konsensbeschluss genau dieser Beteiligten beruhen. Will sagen: die damalige PDS war in einer Situation, in der sie sich als ein Akteur zwischen unterschiedlichen, jeweils sehr schwierigen Wegen mit Konsequenzen von großer Tragweite zu entscheiden hatte.
4. Wir haben uns entschieden, das Planfeststellungsverfahren zu akzeptieren und die rechtliche Würdigung durch das Bundesverwaltungsgericht abzuwarten. Diese Entscheidung liegt jetzt vor. Nun muss es für den Fortgang des Flughafenausbaus in Schönefeld darauf ankommen, die Belange der Anwohnerinnen und Anwohner so weit als möglich zu sichern. Auch hier wird es natürlich eine Abwägung geben müssen. Naturgemäß sind die Betroffenen daran interessiert, keinerlei Belastungen ertragen zu müssen. Dann aber kann man keinen Flughafen mehr betreiben.
Fazit: Naturschutz ist ein hohes Gut, gesellschaftliche Bedürfnisse und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen in Ausgleich zu bringen, ein äußerst schwieriges Unterfangen. Gleiches gilt für den Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner. Dies steht nun in Bezug auf Schönefeld an. Wir werden unseres dafür tun, damit es am Ende zu einer vernünftigen Lösung kommt, bei der Anwohnerinteressen und Naturschutz nicht plattgewalzt werden.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Klaus Lederer