Frage an Maike Schaefer von Birgit V. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Schäfer,
Aufgrund der Häfen und der Präsenz der Logistikwirtschaft in Bremen, sind mir für die Fragen der Ausrichtung der überregionalen Transportnetze von Bedeutung. Daher habe das Grüne Wahlprogramm hinsichtlich dieser Frage durchgelesen. Dabei stellen sich mir drei Verständnisfragen.
1) Im Programm steht "Wir halten es langfristig nicht für vernünftig, sämtliche Schienengüterverkehre der Häfen Bremerhaven und Wilhelmshaven durch den Bremer Hauptbahnhof zu leiten. Deshalb müssen auch Ausweichstrecken und Umfahrungsmöglichkeiten untersucht und entwickelt werden. Solche Investitionen hätten für Bremen einen ungleich höheren Nutzen als die geplante Y-Trasse,".
Diese Aussage klingt so, als ob die Grüne klare Alternative ausgearbeitet oder angedacht hat. Welche sind diese und wurden diese bereits mit den zuständigen Bundesstellen diskutiert?
2) Ich lese auch "Wir müssen aber auch im Güterverkehrsbereich daran arbeiten, Verkehre überflüssig zu machen." Mir ist nicht ganz klar welche politische Aktion sich aus dieser Aussage ableiten lassen. Fordern sie damit ein besseres Management der bestehenden Güterströme? Wie kann die Politik dazu beitragen?
3) Und bezüglich des Flughafens finde ich diesen Satz "Wir setzen uns für eine deutliche Erhöhung der Start- und Landeentgelte in der Nacht ein." Meinen Sie damit die Entgelte für Ausnahmegenehmigungen zum Nachtflugverbot?
Vielen Dank im Voraus
Birgit Viohl
Sehr geehrte Frau Viohl,
herzlichen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworten möchte.
Zur Abwicklung des steigenden Transportvolumens und für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Seehäfen ist neben der seeseitigen Erreichbarkeit die infrastrukturelle und logistische Hinterlandanbindung entscheidend. Der Eisenbahngüterverkehr spielt hierbei eine entscheidende Rolle.
Wir halten es langfristig nicht für vernünftig, sämtliche Schienengüterverkehre aus Bremerhaven und Wilhelmshaven durch den Bremer Hauptbahnhof zu leiten. Auch deshalb müssen Ausweichstrecken und Umfahrungsmöglichkeiten untersucht und entwickelt werden. Solche Investitionen hätten für Bremen einen ungleich höheren Nutzen als die geplante Y-Trasse, die ohnehin nicht vor 2020 realisiert würde und Milliarden verschlingen würde, obwohl deren Finanzierung in Frage steht. Die Y-Trasse ist vor über 20 Jahren noch zu Zeiten der deutschen Teilung als Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den heute stark belasteten Bahnknoten Hamburg, Bremen und Hannover geplant worden, als die enormen Wachstumsraten des Seehafenhinterlandverkehres kaum abzusehen waren. Aus Nutzen-Kosten-Gründen soll sie jetzt mit umfangreichen Anpassungen auch vermehrt Güterzüge über die Y-Trasse in die stark belasteten Knoten geleitet werden.
Wir erwarten für den Schienengüterverkehr in Norddeutschland ein schlüssiges Konzept, das die Modernisierung und Leistungssteigerung der vorhandenen Strecken Norddeutschlands u. a. durch bessere Signalisierung und mehr Ausweichstellen stärker einbezieht. Wir erwarten von der Bundesregierung wie von dem Netzbetreiber Deutsche Bahn, dass zwanzig Jahre nach Vollzug der deutschen Einheit die Schienenstrecken über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze hinweg (wie der Amerikalinie Langwedel - Uelzen- Stendal) als mögliche Güterabfuhrstrecken in die Planung voll einbezogen werden und auch in der Ausweisung von Transeuropäischen Korridore von und zu den Nordseehäfen Berücksichtigung finden. Wir fordern, dass ein Schienengüterverkehrskonzept der Region die Entwicklungspotenziale des Personenverkehrs, vor allem der Halte und Takte der Regio-S-Bahn, nicht mehr beschränken darf. Eine östliche Umfahrung für den Bahnknoten Bremen für die Anbindung Bremerhavens über Rotenburg (Wümme) - Bremervörde ist zur Ergänzung und Entlastung der vorhandenen Strecken auch aus Bremer Sicht denkbar und wünschenswert. Wir stehen hier auch für eine stärkere Abstimmung mit den benachbarten norddeutschen Bundesländern.
Natürlich kann der Gütertransport ins Hinterland auch mit ökologisch angepassten Binnenschiffen erfolgen. Dafür sind in Bremen z.T. mit finanzieller Förderung diverse Umschlaganlagen geschaffen worden. Die Binnenschiffsflotte kann unter ökologischen Kriterien unter dem Motto „Schiffe für die Flüsse“ modernisiert werden. Als Stadt am Fluss setzen wir uns dafür ein, dass das Binnenschiff in der Hafenanbindung eine größere Rolle spielt und die dafür geschaffenen Umschlaganlagen stärker genutzt werden.
Wir werden weiterhin auch im Güterverkehrsbereich daran arbeiten, Verkehre überflüssig zu machen, zum Beispiel durch eine stärkere Koordination der norddeutschen Häfen, der Regionalisierung der Produktion und durch für alle Verkehrsträger gleich realistische Transportpreise, die die tatsächlichen Umweltkosten spiegeln.
Zu dem Flughafen: Nachtflugverbote bzw. Flugbeschränkungen sind an solchen Flughäfen zwingend, an denen viele Anwohnerinnen und Anwohner durch Fluglärm Tag und Nacht gesundheitlich geschädigt und belästigt werden- dies gilt also besonders auch für den citynahmen Bremer Flughafen, da es vor allem startende und landende Flugzeuge sind, die eine erholsame Nachtruhe häufig erschweren. Wir betrachten mit großer Sorge, dass die Anzahl der Nachtflugbewegungen in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen hatten. Hier sind wir mit der Genehmigungspraxis des Senators für Wirtschaft & Häfen nicht einverstanden. Denn eigentlich sollten Flugbewegungen, die nach 22 und vor 6 Uhr stattfinden, die Ausnahme (etwa bei Notfällen) bleiben. Bei durchschnittlich mehr als 5 Flugbewegungen nach 22 Uhr ist es fraglich, ob ein differenzierter Umgang mit den Ausnahmegenehmigungen gewährleistet ist. Diesen Punkt werden wir in möglichen Koalitionsverhandlungen zur Sprache bringen. Jeder Flughafen erhebt für die Bereitstellung von Infrastruktur bei Start, Landung und Abfertigung Gebühren. Diese sind in der Entgeltordnung festgelegt. Wir möchten, dass in der Gebührenstruktur auch die Lärmimmission der Flugzeuge berücksichtigt wird. Zudem setzen wir uns ein, dass ähnlich wie beim Flughafen Tegel, die Gebühren nach Tageszeit gestaffelt werden. In Tegel gilt von 23:00 bis 06:00 Uhr ein Nachtflugverbot, wobei für unvermeidbare verspätete Landungen eine Toleranz von einer Stunde berücksichtigt wird. Ausgenommen von dieser Regelung sind Nachtpostflüge, Rettungsflüge und genehmigungspflichtige Sonderflüge. Für die Nachtzeit von 22:00 bis 06:00 Uhr werden auf die lärmbezogenen Entgelte noch verschiedene Zuschläge erhoben. So beträgt beispielsweise der Zuschlag für eine Landung in Tegel in der Zeit zwischen 00:00 bis 05:59 Uhr 250 % auf das lärmabhängige Entgelt.
Die Priorität von Bündnis90/Die Grünen in Bremen liegt in der konsequenten Einhaltung des Nachtflugverbotes. Eine Erhöhung der Entgelte bei Ausnahmen wie in Tegel sollte aus unserer Sicht geprüft werden, denn es ist ein Anreizsystem für Flugunternehmen auf teure Nachtflüge zu verzichten.
Mit freundlichen Grüßen,
Maike Schaefer