Frage an Manuel Sarrazin bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

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Manuel Sarrazin
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heinz P. •

Frage an Manuel Sarrazin von Heinz P. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Verkehr – Gigaliner
Gesamtverkehrskonzept für den Süderelberaum

Es ist nicht zu fassen:
Nachdem die Verkehrsministerkonferenz im Oktober 2007 die Zulassung der Riesen-Lkw mehrheitlich abgelehnt hat und festgelegt hatte, dass es auch keine weiteren Modellversuche mit diesen Giganten auf deutschen Straßen geben wird, hat nun Thüringen klamm heimlich der Lkw-Lobby nachgegeben und einen erneuten zwölfmonatigen Test zugelassen. In was für einem Land leben wir eigentlich, wo sinnvolle Mehrheitsbeschlüsse von Einzelinteressenten derart leicht umgestoßen werden können? Es sind bereits genug Untersuchungen und Erfahrungsberichte durchgeführt worden, die überwiegend die Nachteile dieser Kolosse auf bundesdeutschen Straßen nachgewiesen haben.

Außerdem bitte ich um Ihre Darlegung wie Sie und Ihre Partei den drohenden Verkehrskollaps im Süderelberaum ohne den Bau der A 26 verhindern wollen.

Höflich bitte ich Sie mir noch vor dem Wahltermin eine eindeutige Aussage zu diesen beiden Punkten zukommen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Heinz Potyka
www.b73-verkehr.de.tl

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Potyka!

Nun, ich möchte versuchen auf Ihre Fragen zu antworten. Wie Sie ja sicherlich wissen, hatte ich auch erst kürzlich ein längeres Gespräch mit Ihren Kollegen von der Ini und wir haben uns verabredet, dass wir uns nach der Wahl wieder einmal zusammensetzen, auch um mein Verhalten als eventuell wieder gewählter Abgeordneter zu "evaluieren".

Die sogenannten Gigaliner lehnt meine Partei auf allen Ebenen ab. Das trotz des von Ihnen beschriebenen Ministerkonferenzbeschlusses ein Bundesland weitere Erprobungen durchführen lässt, erklärt sich letztlich wie viele andere gute und schlechte Sachen aus unserer föderalen Staatsstruktur :-). Wir werden diese Verkehrsmonster weiterhin mit aller Kraft bekämpfen (siehe auch
http://www.michael-cramer.eu/verkehr/strasse/686901.html ).

Den Bau der A 26 lehnen wir aus 2 Überzeugungen heraus ab. Die Erste ist dabei gerade für mich als Harburger ausgesprochen wichtig. Ich halte den Süderelberaum, seine Natur-, Agrar- und Siedlungstruktur für außerordentlich schützenswert. Hier erleben wir noch heute noch die dörflichen Strukturen, die das Leben an der Elbe in unserem Raum seit langer Zeit bestimmt haben. Die Natur im Moorgürtel, im Alten Land aber bspw. auch in der Fischbeker Heide ist einmalig und bietet für Harburg und Hamburg ein großes Potential nur an Erholung, Landwirtschaft und Tourismus. Vor allem aber müssen wir diesen Teil Hamburgs bewahren um auch einen wichtigen Teil des Erbes dieser Stadt zu bewahren. Aus meiner Sicht würde dieser Raum mit diesen Eigenschaften mit dem Bau einer A 26 unwiederbringlich zerstört werden. Dafür werde ich meine Hand nicht heben können.

Ich bin mir darüber bewusst, dass Ihnen diese moralische Grundhaltung als direkt Betroffenen nicht vielleicht nicht für Sie befriedigend ist und sie sich für Ihre persönliche Lebensqualität ganz notwendige Verbesserungen durch den Bau der A 26 erwarten. Das kann ich gut verstehen, ich möchte deswegen gar nicht unbedingt versuchen Sie zu bequatschen, sondern hoffe darauf, dass meine Beweggründe verstehen.

Zweitens sehen wir die Prognosen, dass auch bei einer gebauten A 26 der Gesamtverkehr auf der B nur um einen Bruchteil des zu erwartenden Zuwachses auch ohne Bau der A 26 sinken wird. Auch mit einer A 26 wird die B 73 voll bleiben. Die A 26 wird im Wesentlichen eine dann wahrscheinlich bereits gebaute Ortsumgehung Finkenwerder entlasten. Es ist doch geradezu absurd den Erfolg der S-Bahn nach Stade im Personenverkehr durch den Bau der A26 wieder zu konterkarieren!

Für die Verkehrsproblematik im Süderelberaum schlagen wir folgende Strasseninfrastukturprojekte vor

1. Wollen wir durch eine Verkleinerung der Zollzone die Köhlbrandbrücke von Staus entlasten. Sollten sich die Verkehrsströme von Westen nach Osten durch diese Maßnahme nicht ausreichend entlasten lassen und muss sich jede Lösung den städtebaulichen Zielen des "Sprung über die Elbe" und den Anwohnerinteressen in Harburg und Wilhelmsburg unterordnen. Prüfen könnte man in diesem Fall bspw., ob durch eine Ertüchtigung der Haupthafenroute und einen Tunnel unter dem Spreehafen an die BAB Auffahrt Georgswerder eine städtebaulich verträgliche und verkehrlich vernunftige Verbindung geschaffen werden könnte.
Die A 26 sollte aus unserer Sicht nicht durch den Süderelberaum geführt werden, sondern an der Landesgrenze enden und an über die B3 neu an die A1 in Rade angebunden werden. So könnte dem Fernverkehr ein attraktives Angebot gemacht werden, um ohne den Weg durch den Elbtunnel oder die Stadt nehmen zu müssen, Ziele nördlich und östlich Hamburgs zu erreichen.

Betreffend der Verkehre aus dem Hafen nach Westen erwarten wir zunächst, dass alle relevanten Zahlen und Prognosen zur Verkehrsentwicklung öffentlich gemacht werden, um feststellen zu können, mit welchem Ziel die LKW-Verkehre den Hamburger Hafen über die B 73 Richtung Westen verlassen. Im Gespräch mit mir hatten Ihre Kollegen auf für mich äußerst bedenkenswerte Zahlen hingewiesen. Ca. 2000 LKW fahren täglich aus dem Hafen über die B73 nach Westen, mehr noch als Richtung Osten in das klassische Hinterland des Hamburger Hafens. Für diese Verkehre brauchen wir natürlich eine Entlastung der B73 im Sinne von Anwohnerinnen und Anwohnern. Wie eine Lösung hierfür ökologisch vernünftig aussehen kann, darüber möchte ich gerne nach Wahl mit Ihren Kollegen und Ihnen weiter im kritisch konstruktiven Gespräch bleiben.

Darüber hinaus setzen wir uns natürlich dafür ein, dass die Güterverkehre aus dem Hafen nach Möglichkeit sogar verstärkt auf der Schiene abgewickelt werden. Auch hier müssen aber erstens neue Infrastrukturmaßnahmen in ganz Deutschland die Leistungsfähigkeit der Güterbahn stärken (Y-Trasse, 3. Gleis, Anbindungen Berlin-Polen etc.) und vor allem in Bostelbek und Harburg angemessene Lärmschutzmaßnahmen zum Schutz der AnwohnerInnen hergestellt werden. Hierfür setze ich mich ein.

Die GAL-Fraktion hat bereits 2006 zudem einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht mit dem wir die Perspektive auf die kommenden Herausforderungen in der Verkehrspolitik nach und aus dem Hafen neu betrachten wollten. In einem Expertenforum sollte so unter anderem der Umgang andernorts in der Welt mit dem massiven Anstieg der Umschläge, gute Konzepte und ihre Anwendbarkeit auf Hamburg diskutieren. Leider ist dieser Antrag lediglich im zuständigen Ausschuss verschwunden, aber nie zum Ziel geführt worden (vgl.
http://www.buergerschaft-hh.de/Parldok/Cache/2810149DEB74CC2122F28A0C.pdf ).

Lieber Herr Potyka,

ich verstehe, dass Ihnen meine Ausführungen wahrscheinlich nicht weiterzuhelfen scheinen, sondern letztlich nur befürchten, dass sich ihre Situation auch durch einen Bau der A 26 nicht verbessern, aber großer Schaden für den Süderelberaum angerichtet werden würde. Ich hoffe durch meine Antwort dennoch deutlich gemacht zu haben, dass ich mir über die Frage des Vekehrs in Ihrer Region Gedanken mache und den Austausch mit Initiativen wie der Ihren sehr schätze, auch wenn wir sicherlich nicht in allen Fragen sehr schnell zusammenkommen werden.

Ich danke Ihnen für Ihr Engagement und Ihren Kampfgeist! Lassen Sie uns im Gespräch bleiben.

Ihr Manuel Sarrazin