Frage an Markus Ferber

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Markus Ferber
CSU
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Frage von Jahn F. •

Frage an Markus Ferber von Jahn F.

Sehr geehrter Herr Ferber,

Man hört immer wieder, dass sich die Niedrigsteuerländer (wie zum Beispiel Irland) sich mit immer niedrigeren Steuersätzen oder Steuerdeals für große Konzerne unterbieten. In einer vor kurzem veröffentlichten Studie Ihrer Grünen-Kollegen wurde ja ermittelt, dass Konzerne in fast allen EU-Staaten weniger zahlen als sie sollten. In dieser Frage möchte ich nun wissen:

1. Wie sehen Sie und Ihre Fraktion den vorherrschenden Steuerwettbewerb (insbesondere für die Unternehmen) in der EU?
2. Würden Sie am jetzigen System etwas verbessern wollen? Und wenn Ja, was?
3. Was würde aus Ihrer Sicht für oder gegen eine Steuerharmonisierung sprechen?

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
J. F.

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CSU

Sehr geehrter Herr F.,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail Ihre Fragen zum Steuerwettbewerb in der Europäischen Union.

Da Sie die Steuerstudie der Grünen erwähnen, möchte ich kurz vorausschicken, dass ich deren Ergebnisse für wenig aussagekräftig halte. Dass effektive Steuersätze niedriger sind als nominale, sollte nämlich niemanden überraschen. Wenn man beispielsweise steuerliche Anreize für Forschungsförderung setzt, drückt das die effektive Steuerlast. Das ist bei Privatpersonen auch nicht anders. Der Grenzsteuersatz ist immer höher als der Durchschnittssteuersatz. Wenn man darüber hinaus von der Pendlerpauschale Gebrauch macht und Werbungskosten absetzt, mindert das die effektive Steuerbelastung. Das ist genau die Idee hinter diesen Abzugsposten.

Darüber hinaus basiert die Studie auf einer äußerst fragwürdigen Datengrundlage. In den vergangenen vier Jahren wurden auf europäischer Ebene gleich fünf Richtlinien verabschiedet, die Steuerschlupflöcher schließen und für Steuerbehörden vollständige Transparenz schaffen. Die Daten, die die Grünen verwendet haben, hören aber genau an dem Zeitpunkt auf, an dem diese Richtlinien in Kraft treten. Die Ergebnisse der Studie sind daher überhaupt nicht aussagekräftig, sondern stehen einer informierten Debatte im Wege. Wenn Sie sich selbst weiter informieren möchten, finden Sie untenstehend die Namen der fünf Richtlinien:

- Richtlinie 2016/1164 des Rates mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts
- Richtlinie 2017/952 des Rates zur Änderung der Richtlinie 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern.
- Richtlinie 2015/2376 des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung
- Richtlinie 2016/881 des Rates 2016 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung.
- Richtlinie 2015/121 des Rates vom 27. Januar 2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten

Steuerwettbewerb ist vor allem dann ein Problem, wenn er nicht fair abläuft. Wir haben leider zu oft gesehen, dass einige wenige Mitgliedstaaten wie Luxemburg, Irland oder die Niederlande es sich zum Geschäftsmodell gemacht haben, ihren Nachbarn die steuerliche Bemessungsgrundlage abzugraben, indem sie einigen multinationale Unternehmen eine steuerliche Spezialbehandlung gewährt haben. Gegen solche Praktiken, die klar gegen das europäische Wettbewerbsrecht verstoßen, muss die Europäische Kommission mit aller Härte vorgehen.

Darüber hinaus sehen wir, dass sich insbesondere dann Steuergestaltungsmöglichkeiten für multinationale Unternehmen ergeben, wenn die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten Informationen nur unzureichend miteinander austauschen. Deswegen halte ich es für wichtig, den automatischen Informationsaustausch, den wir durch die oben genannten Richtlinien für die Unternehmensbesteuerung eingeführt haben, auch auf andere Steuerarten auszudehnen. Leider ist der für Steuerfragen zuständige Kommissar Pierre Moscovici bisher nicht bereit, hier mehr zu tun.

Abschließend würde ich es sehr begrüßen, wenn wir innerhalb der Europäischen Union zu einer einheitlichen Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage kommen, sodass die gleichen Steuertatbestände in allen Mitgliedstaaten gleich bewertet werden. Als Berichterstatter meiner Fraktion habe ich an einer ambitionierten Position des Europäischen Parlaments in dieser Frage mitgearbeitet - nun ist es an den Finanzministern der Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die einheitliche Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage Gesetz wird. Ich glaube jedoch nicht, dass wir Steuersätze in der Europäischen Union harmonisieren sollten, denn dies würde gegen das Budgetrecht der Mitgliedstaaten verstoßen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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