Frage an Markus Kurth bezüglich Energie

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Markus Kurth
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Frage von Kerstin S. •

Frage an Markus Kurth von Kerstin S. bezüglich Energie

Der Entwurf für das EEG 2021 des Bundeskabinetts wurde in der Beteiligung im Sommer 2020 scharf kritisiert. Manche behaupten, dies sei das schlechteste EEG aller Zeiten. Wurden in dem nun dem Bundestag vorgelegten Entwurf die eingegangenen Stellungnahmen gewürdigt? Wo kann ich die politische Beratung nachverfolgen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Sindram,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist aus der Sicht meiner Fraktion ein zentrales Instrument für die Energiewende. Für den erfolgreichen Umbau unserer Energieversorgung kommt es entscheidend darauf an, wie dieses Gesetz weiterentwickelt wird. Vor diesem Hintergrund möchte ich Ihnen unsere Sicht auf die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Reform des EEG schildern.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird den Anforderungen von Energiewende und Klimaschutz nicht annähernd gerecht. Er hält die Erneuerbaren künstlich klein und verursacht damit eine Ökostromlücke mit schwerwiegenden Folgen. Da auch beim Thema Energieeffizienz viel zu wenig von der Bundesregierung kommt, gefährdet sie so den ohnehin zu langsamen Kohleausstieg, anstatt ihn durch einen zügigen EE-Ausbau zu beschleunigen.

Der jährliche Ausbau der Windenergie müsste sich im Vergleich zum Ausbau des letzten Jahres versechsfachen und gerade neue Solaranlagen könnten und müssten in den nächsten Jahren mindestens viermal schneller gebaut werden als im bisherigen EEG vorgesehen. Dafür bräuchte es ein grundüberholtes und vereinfachtes Mieterstrommodell, flankiert durch eine Solarpflicht für alle neuen Dächer. Doch die Bundesregierung will an komplizierten Regeln und viel zu geringen Ausbaumengen festhalten. Der Referentenentwurf muss daher dringend überarbeitet werden, um den Ausbau der Erneuerbaren zu entfesseln!

Eine fatale Leerstelle lässt die Bundesregierung auch bei der Bürgerenergie. Anstatt endlich grundlegend die Abgaben auf selbstverbrauchten Solarstrom zu reformieren. Energiegenossenschaften durch einen Bürgerenergiefonds und Bürgerstromhandel zu stärken und intelligent in das Stromsystem einzubinden, bleibt sie auf halbem Weg stehen und befreit nur Anlagen bis zu einer Leistung von 20 Kilowatt (kW) von der Sonnensteuer. Die dürfen dann aber höchstens so viel Strom produzieren wie bisher mit 10kW Leistung. Ohne weiteres möglich wäre dagegen eine vollständige Befreiung für Anlagen bis 30kW, die nicht nur wir Grüne fordern, sondern auch die EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien vorsieht.

Stattdessen plant die Regierung neue Hürden. Sie will selbst kleinste Anlagen mit übertriebener Messtechnik ausstatten, deren Nutzen gerade für die Betreiber*innen dieser Anlagen fragwürdig ist. Diese sogenannten Smart-Meter sind zwar wichtig für die zukünftige intelligente Steuerung und Einbindung von Erneuerbaren Energien, ihr Einbau muss jedoch mit Augenmaß erfolgen und darf nicht zum KO-Kriterium für den Betrieb einer Solaranlage werden. Bürgerenergie muss gestärkt und nicht beschränkt werden! Das wäre die beste Maßnahme, um Unterstützung für die Energiewende zu sichern und Ausbauziele zu erreichen.

Ein wichtiges Thema für die anstehende Gesetzesnovelle sind die Pionieranlagen aus den ersten Tagen des EEG. Bisher gehen diese Anlagen einer ungewissen Zukunft entgegen. Ihnen fehlen rechtliche Sicherheit und eine wirtschaftliche Perspektive, um nach 20 Jahren weiter einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Als Grüne haben wir dazu bereits im Sommer einen eigenen Vorschlag mit einer unkomplizierten Lösung für die besonders bedrohten kleinen Solaranlagen vorgelegt. Sie finden ihn hier: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/191/1919140.pdf

In diese Richtung folgt uns nun auch die Bundesregierung. Doch es wird knapp, denn vor dem 1. Januar 2021 muss eine Lösung rechtlich sicher stehen. Die Nutzung des eigenen Stroms wird den alten Anlagen mit den neuen Regelungen allerdings wirtschaftlich so erschwert, dass es faktisch einem Verbot gleichkommt. Und um die prekäre wirtschaftliche Situation der Pionier-Windräder kümmert sie sich erst gar nicht. Ohne verlässliche Perspektive für den Weiterbetrieb droht so bei den aktuell niedrigen Ausbauzahlen sogar ein Netto-Rückbau von Erneuerbarer Energie in den nächsten Jahren.

Die Klimakrise drängt, deshalb sollte in dieser EEG-Novelle auch eine bundesweite Solarpflicht für neu gebaute Dächer eingeführt werden. Umweltministerin Schulze ist bereits dafür, Energieminister Altmaier sperrt sich jedoch dagegen. Aus unserer Sicht ist es völlig unverständlich, dass überhaupt noch Häuser ohne Solaranlagen gebaut werden. Aus diesem Grund muss auch endlich wieder die reine Volleinspeisung auskömmlich und attraktiv werden für Gebäude, wie z.B. Lagerhallen von Logistikunternehmen, in denen keine großen Stromverbräuche stattfinden, damit endlich wieder jeder Quadratmeter Dachfläche genutzt wird. Grün mitregierte Bundesländer gehen bei der Einführung einer Solarpflicht bereits voran, in Hamburg und Baden-Württemberg sind sie in unterschiedlichen Varianten bereits beschlossen, in Berlin und Bremen laufen die Planungen.

Als Grüne Fraktion bringen wir kontinuierlich Vorschläge für den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien, nicht nur anlässlich der EEG-Novelle – obwohl wir natürlich auch diese intensiv begleiten werden. Unsere letzten Anträge aus dem Bereich Erneuerbare Energien finden Sie hier

- zum Thema Solar https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/096/1909698.pdf

- zu Wind an Land https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/151/1915123.pdf

- zu über 20 Jahre alten Anlagen https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/191/1919140.pdf

- zu Offshore Windanlagen: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/205/1920588.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Markus Kurth

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